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Geheime Melodie

Geheime Melodie

Titel: Geheime Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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abhängig. Ruanda befördert unsere Waren in den Rest der Welt. Für alle außer uns Kongolesen wäre das die Basis einer profitablen, friedlichen Geschäftspartnerschaft, nicht ein Grund, einander die Frauen und Kinder abzuschlachten oder einen unerprobten tatterigen Anführer ins Amt zu hieven, der, eure Freundschaft in allen Ehren, den Kongo von allem zu säubern gedenkt, was auch nur nach Ruanda riecht. Erzähle ich ihm was von meinen bösen Freunden in Kinshasa? Den Teufel tu ich. Aber ich erzähle ihm von meinem guten und vor allen Dingen dicken Freund Marius, der Holländer ist und in Paris mit mir studiert hat.
    Der Empfang rei ßt für eine Weile ganz ab. Sams Team meldet, daß das Paar sehr langsam über den Rasen hinterm Pavillon geht. Empfang extrem schlecht.
    Haj: … vierzig Jahre alt … (zwei Sekunden unverständlich) … haufenweise Gelder von institutionellen Anlegern … in Afrika[?], Vizepräsident von … (sieben Sekunden unverständlich) … Also sage ich zu meinem Vater … (vier Sekunden unverständlich) … mir zugehört … daß ich die größte Enttäuschung seines ganzen Lebens bin … eine Schande für unsere Vorfahren … wollte von mir wissen, wo er diesen Marius finden kann, damit er ihm … daß die Schließung der Grenzen nach Ruanda die einzig sinnvolle Lösung für die Probleme in der Welt ist … was er eben so sagt, wenn man nicht merken soll, daß er umschwenkt.
    Kreischen von Metall, Seufzen von Schaumstoffkissen, dann ist der Ton pl ötzlich glasklar. Sam gibt durch, daß die beiden jetzt in einem Windfang mit Blick aufs Meer sitzen. Hajs Stimme klingt drängend, ungestüm fast.
    Haj: Also setzt sich mein Vater in sein Flugzeug und fliegt zu Marius r über nach Nairobi. Luc mag Nairobi. Kennt eine spitzenmäßige Nutte da. Und er mag Marius. Pafft ein paar Zigarren mit ihm. Und Marius mag Luc auch. Und Marius sagt ihm, was für ein Arschloch er ist. »Genauso hat Ihr Schlitzohr von Sohn Sie mir beschrieben«, sagt er, »als einen klugen, aufrechten Mann. Und Sie und Ihr Mwangaza wollen die Ruander aus Kivu vertreiben und Schluß machen mit der Ausbeutung, was an und für sich ein guter Plan ist, bis auf einen kleinen Schönheitsfehler. Meinen Sie ernsthaft, die Ruander würden euch nicht die Hucke vollhauen und sich mit Zins und Zinseszins alles zurückholen, was ihr ihnen wegnehmt? Haben sie das nicht noch jedesmal so gemacht? Warum handelt ihr also nicht richtig clever und springt über euren Schatten? Statt die Ruander zum Teufel jagen zu wollen, schaut euch im Spiegel an, setzt euer breitestes L ächeln auf und seid nett zu ihnen! Ihr seid Geschäftspartner, ob es euch paßt oder nicht, also macht doch einfach gute Miene dazu. Dann investiert meine Firma womöglich in Ihren Laden oder übernimmt ihn, und wir holen ein paar aufgeweckte junge Männer wie Ihr Schlitzohr von Sohn ins Boot, stellen uns gut mit Kinshasa, und statt drei Millionen Toten gibt es vielleicht so was wie eine friedliche Koexistenz.«
    Dieudonn é: (Nach langem Nachdenken) Ist dein Vater mit diesem Mann ein Bündnis eingegangen?
    Haj: Er ist Luc, verdammt noch mal. Der beste Pokerspieler von ganz Goma. Aber ich sag dir was. Dieser Sack von Holl änder hatte völlig recht. Denn wenn die Ruander tatsächlich zurückkommen, was bringen sie dann mit? Die ganze gottverfluchte Katastrophe. Wie beim letzten Mal, nur schlimmer. Die Angolaner, die Simbabwer und alle die anderen, die uns hassen wie die Pest und hinter unseren Rohstoffen her sind. Und wenn das passiert, vergiß den Friedensprozeß, vergiß den internationalen Druck, vergiß die Wahlen, weil die Banyamulenge dann nämlich zu Tausenden abkratzen, was ihr armen Schweine ja eh am besten könnt. Aber ohne mich. Denn ich hab mich dann nach Paris abgesetzt und lache mir ins Fäustchen.
    Bleiben Sie ganz ruhig, Brian, mein Lieber. Die Rettung naht schon.
    * * *
    »Ist das Pitman, alter Junge? Sieht für mich eher nach ’ner Rolle Stacheldraht aus.«
    Maxie steht in bester Bogey-Manier über mich gebeugt, beide Hände auf meine Armlehnen gestützt, und späht hinunter auf meine babylonische Keilschrift, wie Mr. Anderson sie nennt. Spider ist verschwunden, von Maxie seiner Wege geschickt. Philip im roséfarbenen Hemd mit roten Hosenträgern lehnt im Türrahmen. Ich fühle mich beschmutzt und weiß nicht, warum. Als hätte ich mit Penelope geschlafen, wenn sie eins ihrer Wochenendseminare hinter sich hat.
    »Meine Spezialmischung, Skipper«, erwidere ich.

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