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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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Sie häufig mit ihm zu tun?«
    Er will wissen, ob ich viel gehört habe, ob ich ihm sagen kann, was sich hinter verschlossenen Türen abgespielt hat. Ich fürchte, ich werde ihn enttäuschen müssen. »Nein. Ich war damals die Zofe seiner Frau.«
    »Dann müssen Sie aber doch eine Menge mit Theodore zu tun gehabt haben.«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Aber ich habe gelesen, dass der Dienstbotentrakt die Zentrale für den ganzen Klatsch des Haushalts gewesen ist. Sie müssen doch etwas von seinen Aktivitäten mitbekommen haben?«
    »Nein.« Vieles ist natürlich später herausgekommen. Ich habe es genau wie alle anderen in der Zeitung gelesen. Reisen nach Deutschland. Treffen mit Hitler. Die schlimmsten Anwürfe habe ich nie geglaubt. Sie haben sich eigentlich nur der Bewunderung für Hitler schuldig gemacht, der Begeisterung für seine Fähigkeit, die Arbeiterklasse zu mobilisieren, eine funktionsfähige Industrie aufzubauen. Dass das nur mithilfe von Sklavenarbeit möglich war, war für sie nicht von Belang. Das wusste damals kaum jemand. Die Geschichte musste Hitler erst noch als Wahnsinnigen entlarven.
    »Das Treffen mit dem deutschen Botschafter im Jahr 1936?«
    »Damals arbeitete ich längst nicht mehr auf Riverton. Seit zehn Jahren nicht mehr.«
    Er schweigt. Er ist enttäuscht, wie ich es vorausgesehen habe. Seine Fragestrategie wurde auf unfaire Weise torpediert. Dann hellt sich seine Miene wieder auf. »Seit 1926?«
    »1925.«
    »Dann müssen Sie dort gewesen sein, als dieser Dichter, wie hieß er gleich, sich umgebracht hat?«

    Das Licht bringt mich noch mehr zum Schwitzen. Mein Herz flattert ein bisschen. Oder etwas in meinem Herzen flattert, vielleicht eine Arterie, die so verschlissen ist, dass sich eine Klappe gelöst hat und jetzt hilflos in meinem Blut umhertreibt.
    »Ja«, höre ich mich sagen.
    Das tröstet ihn ein wenig. »Also gut. Dann können wir uns ja darüber unterhalten, nicht wahr?«
    Jetzt höre ich mein Herz. Es pumpt zögernd.
    »Grace?«
    »Sie ist ganz blass.«
    Mir ist schwindlig. Ich bin sehr müde.
    »Dr. Bradley?«
    »Grace? Grace!«
    Es rauscht wie Wind durch einen Tunnel, ein wütender Wind, der ein Sommergewitter mit sich bringt. Es rast auf mich zu, schneller und immer schneller. Es ist meine Vergangenheit, sie holt mich ein. Sie ist überall, in meinen Ohren, hinter meinen Augen, drückt mir von innen gegen die Rippen …
    »Rufen Sie einen Arzt. Jemand soll einen Krankenwagen rufen!«
    Erleichterung. Auflösung. Eine Million winzige Partikel rieseln durch den Zeittunnel.
    »Grace? Geht es Ihnen wieder besser? Es ist alles in Ordnung, Grace. Hören Sie mich?«
    Pferdehufe auf Pflastersteinen, Automobile mit fremden Namen, Botenjungen auf Fahrrädern, Kindermädchen mit altmodischen Kinderwagen, Seilspringen, Hüpfspiele, Greta Garbo, die Original Dixieland Jazz Band, Bee Jackson, der Charleston, Chanel No. 5, Das fehlende Glied in der Kette , F. Scott Fitzgerald …
    »Grace!«
    Mein Name?

    »Grace?«
    Sylvia? Hannah?
    »Sie ist einfach zusammengeklappt. Sie hat da gesessen und …«
    »Gehen Sie zur Seite, Ma’am. Lassen Sie uns durch, damit wir sie in den Wagen schieben können.« Eine neue Stimme. Eine Autotür wird zugeschlagen.
    Eine Sirene.
    Bewegung.
    »Grace … ich bin es, Sylvia. Halten Sie durch, hören Sie? Ich bin bei Ihnen … ich bringe Sie nach Hause … Halten Sie durch …«
    Durchhalten? Wieso? Ah … der Brief natürlich. Ich halte ihn in der Hand. Hannah wartet auf den Brief. Die Straße ist vereist, und es hat angefangen zu schneien.

In den Tiefen
    E s ist kalter Winter, und ich laufe. Ich spüre das warme Blut in meinen Adern, spüre, wie es unter der kalten Haut in meinem Gesicht pulsiert. In der eisigen Luft spannt sich meine Haut über meinen Wangenknochen, als wäre sie zu stramm über ihren Rahmen gespannt. Wie auf der Streckbank, würde Nancy sagen.
    Den Brief halte ich fest in der Hand. Er ist klein, und an einer Stelle auf dem Umschlag hat der Absender die noch nasse Tinte mit dem Daumen ein wenig verschmiert. Er ist eben erst geschrieben worden.
    Er ist von einem Ermittler. Von einem richtigen Privatdetektiv mit einem Büro in der Surrey Street, einer Sekretärin im Vorzimmer und einer Schreibmaschine vor sich auf dem Schreibtisch. Ich wurde losgeschickt, um den Brief persönlich abzuholen, denn er enthält – wenn wir Glück haben – Informationen, die viel zu brisant sind, um sie mit der Royal Mail zu schicken oder gar per Telefon zu

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