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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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verließen. Ab und zu ein Automobil, das an uns vorbeisauste.
    Als wir uns der Bridge Road näherten, begannen wir, über meine Mutter zu sprechen. Ich erzählte Alfred von dem Tag, als mein Mantelknopf in einem Einkaufsnetz hängen geblieben war, von der Kasperltheater-Vorstellung vor langer Zeit, davon, wie ich um ein Haar in einem Waisenhaus gelandet wäre.
    Alfred nickte. »Deine Mutter war eine tapfere Frau, wenn du mich fragst. Kann nicht leicht für sie gewesen sein, sich allein durchzuschlagen.«
    »Das hat sie mir auch immer wieder vorgehalten«, antwortete ich verbitterter als beabsichtigt.
    »Eine Schande, das mit deinem Dad«, sagte er, als wir am Haus meiner Mutter vorbeigingen und hinter dem Dorf das flache Land erreichten. »Dass er sie so sitzen lassen musste.«
    Zuerst dachte ich, ich hätte mich verhört. »Mein was?«
    »Dein Dad. Eine Schande, dass die beiden so ein Pech hatten.«
    Meine Stimme zitterte, so sehr ich mich auch bemühte, ruhig zu sprechen. »Was weißt du denn über meinen Vater?«
    Alfred zuckte die Achseln. »Nur, was deine Mutter mir über ihn erzählt hat. Sie meinte, sie sei jung gewesen
und hätte ihn geliebt, aber letztlich hätte er sie unmöglich heiraten können. Es hatte wohl was mit seiner Familie und seinen Verpflichtungen zu tun. So ganz genau hat sie es mir nicht erzählt.«
    Meine Stimme war so zart und dünn wie die tanzenden Schneeflocken. »Wann hat sie dir das erzählt?«
    »Was?«
    »Das über ihn. Meinen Vater.« Ich zog meinen Schal fester um mich.
    »Ich hab sie in letzter Zeit öfter besucht«, sagte er. »Sie war so allein, jetzt, wo du in London bist. Hat mich ja nicht viel gekostet, ihr ab und zu ein bisschen Gesellschaft zu leisten. Und da haben wir halt über dies und das geplaudert.«
    »Hat sie dir sonst noch was erzählt?« Konnte es sein, dass meine Mutter sich, nachdem sie mir mein Leben lang ihre Geheimnisse vorenthalten hatte, am Ende jemandem anvertraut hatte?
    »Nein«, sagte Alfred. »Nicht viel. Jedenfalls nichts über deinen Dad. Ehrlich gesagt hab ich wohl die meiste Zeit geredet. Sie hörte lieber zu, meinst du nicht?«
    Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Der Tag hatte mich völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Erst die Beerdigung, dann war Alfreds unerwartetes Auftauchen, und jetzt erfuhr ich, dass er meine Mutter regelmäßig besucht und mit ihr über meinen Vater gesprochen hatte. Als wir das Tor nach Riverton erreichten, beschleunigte ich meine Schritte, wie um dem Tag zu entkommen, genoss die feuchte Kälte in der langen, dunklen Einfahrt. Folgte einem inneren Drang, der mich unaufhaltsam weitertrieb.
    Ich hörte, wie Alfred sich hinter mir beeilte, um mich einzuholen. Kleine Zweige knackten unter unseren Füßen, und die Bäume schienen uns zu belauschen.

    »Ich wollte dir schreiben, Gracie«, sagte er hastig. »Deine Briefe beantworten.« Er ging neben mir her. »Ich hab es immer wieder versucht.«
    »Und warum hast du nicht geschrieben?«, fragte ich, ohne stehen zu bleiben.
    »Ich hab einfach nicht die richtigen Worte gefunden. Du weißt doch, wie durcheinander ich manchmal bin. Seit dem Krieg …« Er tippte sich an die Stirn. »Irgendwie funktioniert da oben nicht mehr alles richtig. Nicht wie früher. Das Briefeschreiben fällt mir schwer.« Er musste sich sputen, um mit mir mithalten zu können. »Außerdem«, fügte er atemlos hinzu, »gibt es Dinge, die ich dir nur persönlich sagen kann.«
    Die eisige Luft biss in meine Wangen. Ich verlangsamte meine Schritte. »Warum hast du nicht auf mich gewartet? «, fragte ich leise. »An dem Tag, als wir ins Theater gehen wollten.«
    »Ich hab gewartet, Gracie.«
    »Aber als ich zurückkam, war es gerade erst fünf.«
    Er seufzte. »Ich hab bis zehn vor gewartet. Wir haben uns wohl nur knapp verpasst.« Er schüttelte den Kopf. »Ich hätte auch noch länger gewartet, Gracie, aber Mrs Tibbit meinte, du hättest es bestimmt vergessen. Du müsstest was für die Mistress erledigen und würdest erst Stunden später zurückkommen.«
    »Aber das stimmte gar nicht!«
    »Warum hätte sie sich so was ausdenken sollen?«, fragte Alfred verwirrt.
    Ich zuckte hilflos mit den Schultern. »So ist sie halt.«
    Wir hatten das Ende der Einfahrt erreicht. Dort, auf dem Hügel, erhob sich Riverton Manor, groß und dunkel zeichnete es sich vor dem Abendhimmel ab. Unbewusst hielten wir einen Augenblick lang inne, dann gingen wir am Brunnen vorbei zum Dienstboteneingang.

    »Ich bin dir

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