Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
Vom Netzwerk:
nachgelaufen«, sagte ich, als wir den Rosengarten durchquerten.
    »Wirklich?« Er schaute mich verblüfft an.
    Ich nickte. »Ich bin zum Theater gegangen und hab bis zum allerletzten Moment auf dich gewartet. Ich dachte, ich könnte dich dort abfangen.«
    »Ach, Gracie«, sagte Alfred und blieb am Fuß der Treppe stehen. »Es tut mir so leid.«
    Ich blieb ebenfalls stehen.
    »Ich hätte nie auf diese Mrs Tibbit hören sollen«, sagte er.
    »Das konntest du ja nicht wissen.«
    »Aber ich hätte darauf vertrauen sollen, dass du rechtzeitig zurückkommen würdest. Es ist nur …« Er warf einen Blick auf die verschlossene Eingangstür, atmete hörbar aus. »Mir ist die ganze Zeit was durch den Kopf gegangen, Grace. Etwas Wichtiges, über das ich mit dir sprechen wollte, wonach ich dich fragen wollte. Ich war total aufgeregt an dem Tag. Schrecklich nervös.« Er schüttelte den Kopf. »Als ich dachte, du hättest mich versetzt, war ich so enttäuscht, dass ich es nicht länger aushalten konnte und gemacht hab, dass ich da weg kam, so schnell ich konnte. Ich bin einfach in die erste Straße eingebogen und immer weiter gelaufen.«
    »Aber Lucy …«, sagte ich leise, den Blick auf meine behandschuhten Finger geheftet, auf denen die Schneeflocken schmolzen. »Lucy Starling …«
    Er seufzte und blickte über meine Schulter hinweg. »Ich hab Lucy eingeladen, um dich eifersüchtig zu machen, Gracie. Das gebe ich zu.« Er schüttelte den Kopf. »Das war unfair, ich weiß, dir gegenüber und auch Lucy gegenüber.« Vorsichtig hob er mein Kinn mit einem Finger an, bis unsere Blicke sich trafen. »Ich hab es getan, weil ich so enttäuscht war, Grace. Auf dem ganzen
Weg von Saffron nach London hab ich mich gefreut, dich zu sehen, hab die ganze Zeit geübt, was ich dir sagen wollte.«
    Seine braunen Augen wurden ernst. An seinem Kinn zuckte ein Nerv.
    »Was wolltest du mir denn sagen?«, fragte ich.
    Er lächelte verlegen.
    Eiserne Scharniere quietschten, als die Tür zum Dienstboteneingang aufgerissen wurde. Mrs Townsend, ihre kräftige Gestalt umrahmt vom Licht im Hintergrund, die Wangen gerötet vom Sitzen am Feuer.
    »Lieber Himmel!«, rief sie aus. »Was macht ihr zwei denn hier draußen in der Kälte?« Sie drehte sich um zu denen, die drinnen saßen. »Die stehen hier draußen in der Kälte rum! Hab ich’s euch nicht gesagt?« Sie schaute uns wieder an. »Ich hab zu Mr Hamilton gesagt: ›Mr Hamilton, ich will verdammt sein, wenn ich nicht draußen Stimmen gehört hab!‹ ›Das bilden Sie sich ein, Mrs Townsend‹, sagt er. ›Wieso sollten sie draußen in der Kälte stehen, wenn sie es hier drinnen warm und gemütlich haben könnten?‹ ›Das weiß ich nicht, Mr Hamilton‹, sage ich, ›aber wenn meine Ohren mich nicht täuschen, dann sind sie da draußen.‹ Und ich hatte recht.« Sie rief ins Haus. »Ich hatte recht, Mr Hamilton.« Dann holte sie mit dem Arm aus und bedeutete uns einzutreten. »Nun kommt schon rein, ihr holt euch noch den Tod, ihr beiden.«

Die Entscheidung
    I ch hatte ganz vergessen, wie düster es im Dienstbotentrakt von Riverton war, die Deckenbalken so niedrig, der Steinboden so kalt. Und ich hatte vergessen, wie eisig der Winterwind vom Hügel her wehte und durch die morschen Wände pfiff. Ganz anders als in Teddy und Hannahs Stadtvilla, die nach allerneuesten Standards isoliert und beheizt war.
    »Du Ärmste«, sagte Mrs Townsend, zog mich an sich und drückte meinen Kopf an ihre vom Feuer gewärmten Brüste. (Ich musste an all die ungeborenen Kinder denken, die nie in den Genuss einer solchen Wohltat kommen würden. Aber so war das damals, das hatte meine Mutter am eigenen Leib erfahren: Eine Frau, die es als Dienstmädchen zu etwas bringen wollte, musste auf eine eigene Familie verzichten.) »Komm, setz dich«, sagte sie. »Nancy? Eine Tasse Tee für Grace.«
    Ich wunderte mich. »Wo ist Katie?«
    Die anderen schauten einander an.
    »Was ist denn los?«, fragte ich. Wahrscheinlich nichts Schlimmes, dachte ich. Alfred hätte es mir bestimmt …
    »Sie hat geheiratet«, sagte Nancy naserümpfend, ehe sie in der Küche verschwand.
    Mir blieb der Mund offen stehen.
    Mrs Townsend sagte leise: »Einen Kerl aus dem Norden,
der im Bergwerk arbeitet. Hat ihn im Dorf kennengelernt, als sie was für mich erledigen sollte, die dumme Gans. Es ging ganz schnell. Es wundert dich bestimmt nicht zu hören, dass was Kleines unterwegs ist.« Sie strich ihre Schürze glatt, zufrieden über die Wirkung, die die

Weitere Kostenlose Bücher