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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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Hartford für die Rückenprobleme meiner Mutter verantwortlich machte, aber der Vorwurf war ungerecht. Es stimmte zwar, dass die jahrelange Arbeit auf Riverton ihrem Rücken geschadet hatte, aber ihre Arbeit hatte sie wegen der Schwangerschaft verloren, und das Flicken hatte sie am Ende wegen ihrer Arthritis aufgeben müssen.
    Plötzlich waren alle Gedanken an meine Tante verflogen. Neben dem Pfarrer stand, einen schwarzen Hut in der Hand, Alfred.
    Unsere Blicke begegneten sich über das Grab hinweg, und er hob eine Hand zum Gruß.
    Ich zögerte, dann nickte ich und zitterte gleichzeitig so sehr, dass meine Zähne klapperten.
    Er setzte sich in Bewegung. Kam auf mich zu. Ich heftete meinen Blick auf ihn, als würde er verschwinden, sobald ich mich abwandte. Dann stand er neben mir. »Wie geht es dir?«
    Ich nickte wieder. Mehr brachte ich nicht zustande. In meinem Kopf wirbelten die Worte so wild durcheinander, dass ich keins zu fassen bekam. Wochenlang hatte
ich auf einen Brief gewartet, wochenlang war ich verletzt, verwirrt und traurig gewesen, wochenlang hatte ich nachts wachgelegen und mir vorgestellt, wie ich ihm alles erklären könnte und wir uns versöhnen würden. Und jetzt …
    »Geht es dir gut?«, fragte er steif, streckte zögernd eine Hand nach meiner aus, zog sie wieder zurück. Legte sie an seine Hutkrempe.
    »Ja«, stieß ich hervor, meine Hand schwer, wo er sie nicht berührt hatte. »Danke, dass du gekommen bist.«
    »Das war doch selbstverständlich.«
    »Du hättest dir die Mühe nicht zu machen brauchen.«
    »Es war keine Mühe, Grace«, sagte er, während er den Hutrand durch seine Finger gleiten ließ.
    Die letzten Worte schwebten verloren zwischen uns. Mein Name, vertraut und doch so spröde aus seinem Mund. Ich schaute zum Grab hinüber, sah den Totengräbern beim Schaufeln zu. Alfred folgte meinem Blick.
    »Das mit deiner Mutter tut mir leid«, sagte er.
    »Ich weiß«, antwortete ich hastig. »Das weiß ich doch.«
    »Sie hat ihr Leben lang hart gearbeitet.«
    »Ja«, sagte ich.
    »Ich war noch letzte Woche bei ihr …«
    Ich schaute ihn an. »Wirklich?«
    »Hab ihr ein paar Kohlen gebracht, die Mr Hamilton übrig hatte.«
    »Das hast du wirklich getan, Alfred?«, fragte ich gerührt.
    »In letzter Zeit wird es nachts ziemlich kalt. Ich wollte nicht, dass deine Ma friert.«
    Ich war ihm sehr dankbar, denn ich hatte insgeheim gefürchtet, dass meine Mutter gestorben war, weil sie es nicht warm genug gehabt hatte.

    Eine Hand legte sich fest um mein Handgelenk. Meine Tante stand neben mir. »So, es ist vorbei«, sagte sie. »Der Pfarrer hat seine Sache gut gemacht. Da hätte sie keinen Grund, sich zu beschweren.« Rechtfertigend, obwohl ich ihr nicht widersprochen hatte. »Mehr hätte ich nicht tun können.«
    Alfred beobachtete uns.
    »Alfred«, sagte ich. »Das ist meine Tante Dee, die Schwester meiner Mutter.«
    Mit zusammengekniffenen Augen sah sie Alfred an; ein grundloser Argwohn, der ihr angeboren war. »Der ist bestimmt entzückt, mich kennenzulernen.« Sie wandte sich wieder mir zu. »Gehen wir, Miss«, sagte sie, rückte ihren Hut zurecht und zog ihren Schal fester um sich. »Der Vermieter kommt morgen früh, und das Haus muss tadellos sauber sein.«
    Ich schaute Alfred an, verfluchte innerlich die Wand aus Unsicherheit, die immer noch zwischen uns stand. »Tja«, sagte ich. »Dann werde ich wohl …«
    »Eigentlich«, sagte Alfred hastig, »hatte ich gehofft … das heißt, Mrs Townsend dachte, du hättest vielleicht Lust, zum Tee zu kommen?«
    Er warf meiner Tante einen Blick zu, die ihn ihrerseits böse anfunkelte. »Was soll sie denn da oben im Haus?«
    Alfred zuckte die Achseln, trat von einem Fuß auf den anderen. Sein Blick ruhte auf mir. »Die ehemaligen Kollegen besuchen. Ein bisschen plaudern. Über alte Zeiten.«
    »Das glaube ich kaum«, erwiderte meine Tante schnippisch.
    »Doch«, sagte ich bestimmt, als ich endlich meine Sprache wiederfand. »Ich würde gern mitkommen.«
    »Das ist gut«, antwortete Alfred erleichtert.

    »Tja«, sagte meine Tante. »Tu, was du willst. Mir soll’s recht sein.« Sie schniefte. »Aber halt dich nicht lange auf. Glaub ja nicht, dass ich die ganze Plackerei allein mache.«
     
    Alfred und ich gingen Seite an Seite durchs Dorf. Duftige Schneeflocken, zu leicht, um zu fallen, tanzten im Wind. Eine Zeit lang gingen wir schweigend. Unsere Schritte kaum hörbar auf dem feuchten Weg. Glöckchen klingelten, wenn Leute Läden betraten oder

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