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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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Polizisten Honig um den Bart zu schmieren, wenn sie nach der Sperrstunde in eine Razzia gerieten. Emmeline und ihre Freunde tranken Cocktails aus Martinigläsern, ein junger Mann beugte sich gerade über eine Linie weißen Pulvers auf dem Tisch. Normalerweise hätte Hannah sich Sorgen um Emmeline gemacht, aber an jenem Abend war sie in die ganze Welt verliebt.
    Hannah drückte sich dichter an die Säule, aber das wäre gar nicht nötig gewesen. Die Leute um Emmelines Tisch waren so mit sich selbst beschäftigt, dass sie kaum Augen und Ohren für das hatten, was um sie herum geschah. Der junge Mann mit dem weißen Pulver flüsterte Emmeline etwas ins Ohr, woraufhin sie den Kopf in den Nacken warf und laut und unbefangen lachte.
    Robbies Hände zitterten. Hannah sah es an seinem Notizbuch. Er legte seine Zigarette in einem Aschenbecher auf der Bar ab und begann ohne Einleitung vorzulesen. Ein Gedicht über Vergangenheit und Geheimnisse und Erinnerungen: »Nebelschwaden«. Es war eins ihrer Lieblingsgedichte.
    Hannah beobachtete ihn; es war das erste Mal, dass sie Gelegenheit hatte, ihren Blick auf seinem Gesicht ruhen
und langsam über seinen Körper wandern zu lassen, ohne dass er es bemerkte. Und sie hörte zu. Die Worte hatten sie schon beim Lesen berührt, aber sie aus seinem Mund zu hören, war, als würde sie in sein Herz blicken.
    Das Gedicht war zu Ende, das Publikum applaudierte, jemand rief etwas, es wurde gelacht, und er blickte auf. Sah sie. Er ließ sich nichts anmerken, aber sie wusste, dass er sie trotz ihrer Verkleidung erkannt hatte.
    Einen Augenblick lang existierten nur sie beide.
    Dann schaute er wieder in sein Notizbuch, schlug einige Seiten um, rutschte auf dem Stuhl hin und her und begann, das nächste Gedicht vorzutragen.
    Er sprach zu ihr. Gedicht für Gedicht. Über Wissen und Unwissen, Wahrheit und Leid, Liebe und Begierde. Sie schloss die Augen, und jedes seiner Worte brachte mehr Licht ins Dunkel.
    Schließlich kam er zum Ende, und das Publikum klatschte. Die Barkeeper traten in Aktion, mixten amerikanische Cocktails und füllten Schnapsgläser, die Musiker nahmen ihre Plätze ein und spielten wilden Jazz. Einige der betrunkenen, lachenden Gäste schoben ein paar Tische zur Seite, um eine improvisierte Tanzfläche zu schaffen. Hannah sah, wie Emmeline Robbie zuwinkte und ihm bedeutete, sich zu ihnen zu gesellen. Robbie winkte zurück und zeigte auf seine Armbanduhr. Emmeline schob in gespielter Enttäuschung ihre Unterlippe vor, dann stieß sie einen spitzen Schrei aus und winkte, als einer ihrer Freunde sie vom Stuhl riss, um mit ihr zu tanzen.
    Robbie zündete sich eine Zigarette an, schlüpfte in sein Jackett und steckte das Notizbuch in seine Brusttasche. Er sprach kurz mit einem der Barkeeper, dann durchquerte er den Raum und kam auf Hannah zu.

    In dem Augenblick, als die Zeit stillzustehen schien und sie sah, wie er näher kam, wurde ihr schwindlig. Als stünde sie auf einer hohen Klippe, würde vom Wind erfasst und könnte nichts anderes tun als sich fallen lassen.
    Ohne ein Wort nahm er sie an der Hand und führte sie nach draußen.
     
    Um drei Uhr früh schlich Hannah durch den Dienstboteneingang zurück ins Haus Nummer siebzehn. Wie versprochen, hatte ich auf sie gewartet, wenn auch mit einem Stein im Magen. Sie kam später, als ich angenommen hatte, und die Dunkelheit und die Stille hatten meine Fantasie inzwischen mit düsteren Szenen belebt.
    »Gott sei Dank«, flüsterte Hannah, als ich ihr die Tür aufhielt. »Ich hatte schon befürchtet, du hättest es vergessen. «
    »Selbstverständlich nicht«, erwiderte ich gekränkt.
    Hannah durchquerte den Dienstbotentrakt und eilte, die Schuhe in der Hand, auf Zehenspitzen die Treppe hinauf. Auf den Stufen zur zweiten Etage bemerkte sie, dass ich ihr folgte. »Du brauchst mir nicht beim Auskleiden zu helfen, Grace. Ich würde gern ein bisschen allein sein.«
    Ich nickte und blieb in meinem weißen Nachthemd auf der untersten Treppenstufe stehen wie ein vergessenes Kind.
    »Ma’am«, sagte ich hastig.
    Hannah drehte sich um. »Ja?«
    »Haben Sie sich amüsiert, Ma’am?«
    Hannah lächelte. »Ach, Grace«, sagte sie. »Heute Nacht habe ich angefangen zu leben.«

    3
    Sie trafen sich immer bei ihm. Sie hatte sich schon so oft gefragt, wo er wohnen mochte, aber was auch immer sie sich vorgestellt hatte, kam der Wirklichkeit nicht im Geringsten nahe. Er besaß ein kleines Boot namens Sweet Dulcie , das normalerweise in der Nähe der

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