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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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ein und warteten.
    Mr Hamilton räusperte sich. »Sie dürfen alle stolz sein. Das Abendessen war ein voller Erfolg, und Lord und Lady Ashbury sind äußerst zufrieden mit uns allen.«
Er lächelte schmallippig. »Lord Ashbury hat großzügigerweise seine Erlaubnis gegeben, dass wir eine Flasche Champagner öffnen und unter uns trinken. Als Zeichen seiner Dankbarkeit, sagte er.«
    Alle klatschten in die Hände und riefen aufgeregt durcheinander, während Mr Hamilton eine Flasche aus dem Keller holte und Nancy Gläser auf den Tisch stellte. Ich blieb ganz still sitzen und hoffte inbrünstig, ein Glas abzubekommen. All das war ganz neu für mich: Meine Mutter und ich hatten nie Grund zum Feiern.
    Als er bei der letzten Champagnerflöte angekommen war, schaute Mr Hamilton mich über seine Brille und seine lange Nase hinweg an. »Ja«, sagte er schließlich, »ich glaube, selbst du darfst heute Abend ein Gläschen trinken, kleine Grace. Es kommt schließlich nicht allzu oft vor, dass Lord Ashbury so großzügig ist.«
    Dankbar nahm ich das Glas entgegen. »Ich möchte einen Toast ausbringen«, sagte Mr Hamilton. »Auf alle, die in diesem Hause leben und arbeiten. Möge uns ein langes und angenehmes Leben vergönnt sein.«
    Wir stießen an. Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück, nippte an dem Champagner und spürte das Prickeln der Luftbläschen an meinen Lippen. Seitdem fühle ich mich jedes Mal, wenn ich die Gelegenheit habe, ein Glas Champagner zu trinken, an jenen lange zurückliegenden Abend im Dienstbotenzimmer auf Riverton erinnert. Es ist eine ganz besondere Energie, die bei einem gemeinsamen Erfolg freigesetzt wird, und Lord Ashburys großes Lob ließ unsere Wangen glühen und unsere Herzen höher schlagen. Über sein Glas hinweg schenkte Alfred mir ein Lächeln, das ich schüchtern erwiderte. Ich lauschte gebannt, während die anderen sich eifrig über die Einzelheiten des Abends austauschten: Lady Denys’ Diamanten, Lord Harcourts moderne Ansichten
über die Ehe, Lord Ponsonbys Vorliebe für Kartoffeln à la crème .
    Ein schrilles Klingeln riss mich aus meiner Versunkenheit. Alle am Tisch schwiegen abrupt. Verdutzt sahen wir einander an, bis Mr Hamilton aufsprang. »Ach, das ist das Telefon«, sagte er und eilte aus dem Zimmer.
    Lord Ashbury besaß eine der ersten Haustelefonanlagen Englands, was alle Bediensteten mit großem Stolz erfüllte. Der Hauptapparat war in Mr Hamiltons Anrichtezimmer installiert, damit er, wenn es klingelte, den Anruf schnell entgegennehmen und nach oben durchstellen konnte. Trotz dieses gut durchdachten Systems kam das äußerst selten vor, da leider nur sehr wenige von Lord und Lady Ashburys Freunden ein Telefon besaßen. Dennoch wurde das Telefon mit beinahe religiöser Ehrfurcht betrachtet, und die Dienstboten von Besuchern wurden jedes Mal unter irgendeinem Vorwand in das Anrichtezimmer geführt, damit sie das Furcht einflößende Gerät mit eigenen Augen bestaunen und sich davon überzeugen konnten, dass Riverton ein ganz besonders vornehmer Haushalt war.
    Es war also kein Wunder, dass das Läuten des Telefons uns alle verstummen ließ. Dass das Telefon zu so später Stunde läutete, ließ die Verwunderung in böse Vorahnung umschlagen. Wie gebannt saßen wir da, lauschten angestrengt und hielten den Atem an.
    »Hallo?«, rief Mr Hamilton in den Hörer. »Hallo?«
    Katie kam hereingelaufen. »Ich habe gerade ein merkwürdiges Geräusch gehört. Oooh, hier gibt’s ja Champagner …«
    »Schsch«, zischten wir wie aus einem Mund. Katie setzte sich und begann, ihre Nägel zu kauen.
    Aus dem Anrichtezimmer hörten wir Mr Hamilton sagen: »Ja, Sie sind mit dem Anschluss von Lord Ashbury
verbunden … Major Hartford? Ja, Major Hartford ist hier zu Besuch bei seinen Eltern … Ja, Sir, sofort. Wen darf ich als Anrufer melden? … Einen Augenblick, bitte, Captain Brown, ich verbinde Sie.«
    Mrs Townsend flüsterte wichtigtuerisch: »Jemand für den Major.« Dann spitzten wir wieder die Ohren. Von meinem Platz aus konnte ich durch die offene Tür gerade eben Mr Hamiltons Profil ausmachen, seinen steifen Hals und die nach unten gezogenen Mundwinkel.
    »Guten Abend, Sir«, sagte Mr Hamilton in den Hörer. »Es tut mir außerordentlich leid, Sie stören zu müssen, Sir, aber der Major wird am Telefon verlangt. Es ist Captain Brown, der aus London anruft, Sir.«
    Mr Hamilton schwieg eine Weile, blieb jedoch am Telefon. Er hatte die Angewohnheit, den Hörer noch eine Weile ans Ohr zu

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