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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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einem strahlenden Lächeln kam er um die Ecke. »Guten Abend, meine Damen!«
    Mrs Townsend nahm ihre Brille ab. »Nun? Alfred?«
    »Nun? Mrs Townsend?«, erwiderte er, die braunen Augen weit aufgerissen.
    »Nun?« Sie wackelte ungeduldig mit den Fingern. »Mach es nicht so spannend!«
    Ich setzte mich auf meinen Platz, streifte die Schuhe ab und streckte die Zehen. Alfred war zwanzig – groß, mit schönen Händen und einer warmen Stimme –, und er stand schon im Dienst von Lord und Lady Ashbury, seit er ins Arbeitsleben eingetreten war. Ich glaube, Mrs Townsend hatte ihn ganz besonders ins Herz geschlossen, auch wenn sie nie ein Wort darüber verlor, und damals hätte ich auch niemals gewagt, sie nach so etwas zu fragen.
    »Spannend?«, fragte Alfred scheinheilig. »Ich weiß gar nicht, was Sie meinen, Mrs Townsend.«
    »Von wegen.« Sie schüttelte den Kopf. »Wie ist es gelaufen? Haben sie irgendwas gesagt, das mich interessieren könnte?«
    »Aber, Mrs Townsend«, antwortete Alfred, »das erzähle ich doch erst, wenn Mr Hamilton runterkommt. Ich kann doch nicht alles ausplaudern, bevor er da ist.«
    »Jetzt hör mir mal gut zu, mein Junge«, sagte Mrs Townsend. »Ich möchte nur wissen, ob Lady Ashburys Gästen das Essen geschmeckt hat. Mr Hamilton wird
wohl kaum etwas dagegen haben, dass du mir diese Frage beantwortest, oder?«
    »Also, das kann ich Ihnen nun wirklich nicht sagen, Mrs Townsend.« Alfred zwinkerte mir schelmisch zu, und ich errötete. »Allerdings ist mir aufgefallen, dass Lord Ponsonby von Ihren Kartoffeln noch eine Portion nachgenommen hat.«
    Mrs Townsend lächelte in ihre verschränkten Hände und nickte vor sich hin. »Mrs Davis, die für Lord und Lady Bassingstoke kocht, hat mit erzählt, dass Lord Ponsonby eine besondere Vorliebe für Kartoffeln à la crème hat.«
    »Vorliebe? Die anderen konnten froh sein, dass er ihnen überhaupt was davon übrig gelassen hat.«
    Mrs Townsend tat so, als wäre sie entsetzt, aber ihre Augen strahlten. »Alfred, wie kannst du nur solche Reden führen. Wenn Mr Hamilton das gehört hätte …«
    »Wenn Mr Hamilton was gehört hätte?« Nancy erschien in der Tür, nahm ihren Platz ein und begann, sich die Haube von den Haaren zu lösen.
    »Ich habe Mrs Townsend gerade erzählt, wie vorzüglich den Damen und Herren das Abendessen geschmeckt hat«, sagte Alfred.
    Nancy verdrehte die Augen. »Ich hab noch nie erlebt, dass die Teller so leer gegessen wurden. Grace kann das bestätigen.« Ich nickte, als sie fortfuhr. »Das letzte Wort hat natürlich Mr Hamilton, aber ich würde sagen, Sie haben sich selbst übertroffen, Mrs Townsend.«
    Mrs Townsend strich ihre Bluse über dem Busen glatt. »Tja«, sagte sie selbstgefällig. »Wir tun halt alle unser Bestes.« An der Tür war das Klappern von Porzellan zu hören, und im nächsten Augenblick kam Katie vorsichtig um die Ecke, ein Tablett mit Tassen in den Händen. Bei jedem Schritt, den sie machte, schwappte der Kakao über die Tassenränder in die Untertassen.

    »Ach, Gott, Katie«, stöhnte Nancy, als das Tablett unsanft auf dem Tisch abgestellt wurde. »Was für ein Schlamassel. Sehen Sie bloß, was sie wieder angestellt hat, Mrs Townsend.«
    Mrs Townsend rollte die Augen. »Manchmal glaube ich, ich vergeude meine Zeit an diesem Mädchen.«
    »Oh, Mrs Townsend«, jammerte Katie. »Ich gebe mir große Mühe, wirklich. Ich wollte nicht …«
    »Was wolltest du nicht, Katie?«, fragte Mr Hamilton, der mit schnellen Schritten die Treppe herunterkam. »Was hast du denn jetzt schon wieder angestellt?«
    »Nichts, Mr Hamilton. Ich wollte nur den Kakao servieren. «
    »Und du hast ihn serviert, du dummes Gör«, sagte Mrs Townsend. »Jetzt geh zurück an die Arbeit und spül die Teller ab. Bestimmt hast du das Wasser kalt werden lassen, du wirst schon sehen.«
    Sie schüttelte den Kopf, als Katie im Korridor verschwand, dann strahlte sie Mr Hamilton an. »Sind sie alle abgereist, Mr Hamilton?«
    »Ja, Mrs Townsend. Ich habe gerade die letzten Gäste, Lord und Lady Denys, zu ihrem Wagen begleitet.«
    »Und die Verwandten?«, fragte ich.
    »Die Damen haben sich zum Schlafen zurückgezogen. Seine Lordschaft, der Major und Mr Frederick nehmen im Salon noch einen Sherry ein und werden ebenfalls bald zu Bett gehen.« Mr Hamilton stützte sich mit den Händen auf seiner Stuhllehne ab und schaute einen Moment lang ins Leere, wie immer, wenn er sich anschickte, etwas Wichtiges zu berichten. Wir anderen nahmen unsere Plätze

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