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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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halten, um sich zu vergewissern, dass der Anruf oben entgegengenommen und nicht getrennt wurde.
    Ich sah, wie seine Hände den Hörer immer fester umklammerten, während er wartete und lauschte. Sein ganzer Körper spannte sich an, und sein Atem schien schneller zu gehen.
    Schließlich legte er leise auf und strich seine Jacke glatt. Langsam kehrte er an seinen Platz am Kopfende des Tischs zurück, blieb jedoch stehen, die Hände auf die Stuhllehne gestützt. Er ließ seinen Blick um den Tisch wandern, schaute jeden von uns kurz an. Schließlich sagte er ernst:
    »Unsere schlimmsten Befürchtungen haben sich bestätigt. Großbritannien befindet sich im Krieg. Möge Gott uns allen beistehen.«
     
    Ich weine. Nach all den Jahren weine ich endlich um sie. Warme Tränen fließen aus meinen Augen, folgen den Linien
in meinem Gesicht, bis sie an der Luft trocknen und kühl und klebrig an meiner Haut haften.
    Sylvia ist wieder bei mir. Mit einem Papiertaschentuch betupft sie vergnügt mein Gesicht. Für sie sind die Tränen nichts weiter als ein Problem mit fehlerhaften Rohrleitungen. Ein weiteres unausweichliches, harmloses Anzeichen für mein hohes Alter.
    Sie weiß nicht, dass ich um die sich ändernden Zeiten weine. Dass ich, genauso, wie wenn ich ein Lieblingsbuch zum hundertsten Mal lese, gegen besseres Wissen hoffe, dass die Geschichte diesmal anders ausgeht. Dass ich bei der Erinnerung an die Zeit auf Riverton gegen alle Vernunft hoffe, dass der Krieg nicht ausbrechen möge. Dass er uns alle diesmal auf wundersame Weise verschonen wird.

Aus dem Mystery Maker Trade Magazine
    Winterausgabe 1998
     
     
    Nachrichten in Kürze
     
    Ehefrau von Erfolgsautor tot: Inspektor-Adams-Reihe auf Eis gelegt.
     
    LONDON: Die Fans, die ungeduldig auf die sechste Folge der beliebten Inspektor-Adams-Reihe warten, werden sich gedulden müssen. Wie verlautet, hat der Schriftsteller Marcus McCourt die Arbeit an dem Roman Tod im Kessel eingestellt, nachdem seine Frau Rebecca McCourt im vergangenen Oktober ganz unerwartet an einem Aneurysma gestorben ist.
    McCourt stand zu einem Kommentar nicht zur Verfügung, aber ein Freund des Ehepaars hat MM gegenüber erklärt, der normalerweise durchaus nicht öffentlichkeitsscheue Autor sei nicht bereit, über den Tod seiner Frau zu sprechen und leide seit dem tragischen Verlust an einer Schreibhemmung. Mc-Courts britischer Verlag, Raymes & Stockwell, verweigerte jeglichen Kommentar.
    Die ersten fünf Inspektor-Adams-Romane wurden kürzlich für eine angeblich siebenstellige Summe an den amerikanischen Verlag Foreman Lewis verkauft. Das Böse entlarvt sich selbst wird bei Hocador verlegt. Der Roman soll im Frühjahr 1999 in den USA erscheinen und kann im Internet vorbestellt werden.
    Rebecca McCourt hat ebenfalls als Schriftstellerin gearbeitet. Ihr Erstlingsroman Purgatorio behandelt die fiktive Entstehungsgeschichte von Mahlers unvollendeter zehnter Sinfonie und wurde 1996 für den »Orange Prize for Literature« vorgeschlagen.
    Marcus und Rebecca McCourt hatten sich erst vor Kurzem getrennt.

Saffron High Street
    E s wird bald Regen geben. Mein Rücken ist wesentlich sensibler als jedes meteorologische Messgerät, und letzte Nacht habe ich wach gelegen, während meine Knochen sich gegenseitig etwas vorstöhnten und sich Geschichten von längst vergangener Geschmeidigkeit zuflüsterten. Ich wälzte meinen steifen, alten Körper hin und her: aus Unwohlsein wurde Frustration, aus Frustration Langeweile, und die Langeweile verwandelte sich in Angst. Angst, dass die Nacht nie enden und ich auf ewig in ihrem langen, einsamen Tunnel gefangen bleiben würde.
    Aber genug davon. Ich weigere mich, meine Schwächen endlos wiederzukäuen. Damit langweile ich sogar mich selbst. Und irgendwann muss ich eingeschlafen sein, denn heute Morgen bin ich aufgewacht, und soweit ich weiß, geht das eine nicht ohne das andere. Ich lag immer noch im Bett, mein Nachthemd um meinen Bauch verknäuelt, als eine junge Frau mit hochgekrempelten Ärmeln und einem langen, dünnen Zopf – nicht so lang wie meiner – in mein Zimmer kam und die Vorhänge aufriss, um das Morgenlicht hereinzulassen. Es war nicht Sylvia, und daran erkannte ich, dass heute Sonntag ist.
    Die junge Frau – Helen, wie ihr Namensschild besagte – half mir unter die Dusche, ihre maulbeerfarbenen
Fingernägel gruben sich in die schlaffe, weiße Haut an meinem Oberarm. Sie warf ihren Zopf über die Schulter und summte, während sie mir erst den Rumpf

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