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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Morton
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Bemühungen, wenn nötig, auf Flüchtlinge aus Frankreich und Portugal ausdehnen wollte.

    Mrs Townsend war der Meinung, dass man die Partygäste am besten mit original griechischem Gebäck von Mr Georgias beeindrucken konnte. Die waren nicht für Hinz und Kunz zu haben, fügte sie großspurig hinzu, vor allem nicht in diesen schwierigen Zeiten. O nein. Sie trug mir auf, in den Laden zu gehen und die Bestellung für Mrs Townsend auf Riverton abzuholen.
    Trotz der Eiseskälte freute ich mich, ins Dorf gehen zu dürfen. Nach den wochenlangen Festlichkeiten – erst Weihnachten und dann Neujahr – empfand ich es als willkommene Abwechslung, in der frischen Luft und für mich allein zu sein und einen Vormittag weit entfernt von Nancys kritischen Blicken zu verbringen. Denn nachdem sie mich monatelang einigermaßen in Frieden gelassen hatte, war sie neuerdings dauernd hinter mir her, beobachtete mich und wies mich zurecht. Ich wurde das ungute Gefühl nicht los, auf eine Veränderung vorbereitet zu werden, von deren Natur ich noch nichts ahnte.
    Außerdem hatte ich noch einen heimlichen Grund, mich auf den Ausflug ins Dorf zu freuen. Der vierte von Arthur Conan Doyles Sherlock-Holmes-Romanen war erschienen, und ich hatte mit dem Hausierer vereinbart, dass ich das Buch kaufen würde. Ich hatte ein halbes Jahr gebraucht, um mir das Geld dafür zusammenzusparen, und es würde das erste nagelneue Buch sein, das ich mir kaufte. Das Tal der Angst . Allein der Titel löste einen Schauer der Erregung in mir aus.
    Der Hausierer wohnte mit seiner Frau und seinen sechs Kindern in einem von mehreren grauen Feldsteinhäusern, die wie eine Reihe von Zinnsoldaten nebeneinanderstanden. Die Straße gehörte zu einer trostlosen, hinter dem Bahnhof gelegenen Siedlung, wo der Geruch nach brennender Kohle schwer in der Luft lag. Das
Kopfsteinpflaster war schwarz, und die Straßenlaternen waren von einer dicken Rußschicht überzogen. Vorsichtig klopfte ich an die schmuddelige Tür, dann trat ich einen Schritt zurück und wartete. Ein etwa dreijähriges Kind in schmutzigen Schuhen und einem abgetragenen Pullover saß auf der Stufe vor der Tür und klopfte mit einem Stock gegen das Regenrohr. Seine nackten, mit Schorf bedeckten Knie waren blau gefroren.
    Ich klopfte noch einmal, diesmal etwas lauter. Schließlich ging die Tür auf, und vor mir stand eine spindeldürre Frau mit einem hochschwangeren Bauch unter der Kittelschürze und einem rotäugigen Baby auf der Hüfte. Wortlos starrte sie mit leeren Augen durch mich hindurch, bis ich meine Sprache wiedergefunden hatte.
    »Guten Tag«, sagte ich in einem Tonfall, den ich von Nancy gelernt hatte. »Ich bin Grace Reeves. Ich suche Mr Jones.«
    Sie sagte immer noch nichts.
    »Ich bin eine Kundin.« Meine Stimme zitterte ein bisschen, und ohne es zu wollen, sprach ich den nächsten Satz wie eine Frage aus: »Ich möchte ein Buch kaufen?«
    Ein beinahe unmerkliches Flackern in ihren Augen sagte mir, dass sie mich verstanden hatte. Sie wuchtete das Baby etwas höher auf ihrer knochigen Hüfte und legte den Kopf schief. »Er ist auf dem Hof.«
    Als sie ein wenig zur Seite trat, schob ich mich an ihr vorbei und ging in die einzige Richtung, die das winzige Haus gestattete. Durch eine Tür schaute ich in die Küche, aus der es nach saurer Milch stank. Zwei kleine, schmuddelige Jungen saßen am Tisch und rollten zwei Steine über die zerkratzte hölzerne Tischplatte.
    Der Größere rollte seinen Stein gegen den seines Bruders, dann sah er mich mit großen Augen an. »Suchst du meinen Papi?«

    Ich nickte.
    »Er ist draußen und ölt seinen Wagen.«
    Ich schaute ihn verwirrt an, denn er zeigte auf eine kleine Holztür neben dem Herd.
    Ich nickte noch einmal und versuchte zu lächeln.
    »Ich fange bald an, ihm bei der Arbeit zu helfen«, sagte der Junge, nahm seinen Stein wieder in die Hand, um einen erneuten Versuch zu machen. »Wenn ich acht bin.«
    »Du hast es gut«, sagte der andere Junge neidisch.
    Der größere Junge zuckte die Achseln. »Irgendeiner muss sich ja hier um alles kümmern, wenn er weg ist, und du bist noch zu klein.«
    Ich ging zur Hintertür und drückte sie auf.
    Unter einer Wäscheleine, an der vergilbte Laken und Hemden hingen, stand der Hausierer über die Räder seines Wagens gebeugt. »Verdammter Scheißkarren«, fluchte er vor sich hin.
    Als ich mich räusperte, fuhr er so hastig herum, dass er sich den Kopf an der Deichsel stieß.
    »Verflucht.« Eine Pfeife im Mundwinkel,

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