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Geheime Tochter

Geheime Tochter

Titel: Geheime Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shilpi Somaya Gowda
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beide lieben dich, und daran wird sich nie etwas ändern.« Er greift über den Resopaltisch und legt seine Hand auf die seiner Tochter. »Du kannst deine Vergangenheit nicht einfach aufgeben, Asha. Sie ist ein Teil von dir. Glaub mir.« Sie nickt, und er drückt ihre Hand, während sie sich beide bewusst machen, was diese Entscheidung bedeuten kann.
    Krishnan ist in dem Wissen nach Indien gekommen, dass er Asha vor den Entscheidungen ihrer Mutter würde beschützen müssen. Jetzt wird er in dem Wissen zurückkehren, dass er Somer auch vor denen ihrer Tochter beschützen muss.

Teil 4

46
Ein Vater vergisst nie
    Mumbai, Indien – 2005
Kavita

    Kavita steht ungeduldig in der Schlange am Telegrafenamt und wartet, dass sie an die Reihe kommt. Als sie den Schalter erreicht, lächelt der Mitarbeiter sie an. »Hallo, Mrs Merchant. Wieder eine Geldüberweisung nach Dahanu?« Sie kommt seit drei Monaten einmal die Woche her, kennt aber noch immer nicht den Namen dieses Mannes – der sie bittet, das Formular auszufüllen, dem sie den Umschlag mit Bargeld reicht. Er kennt natürlich ihren Namen von der Quittung, die er ihr jede Woche gibt und die sie dann zu Hause sorgfältig zu den anderen in den Küchenschrank legt. Sobald sie hört, dass ihre Schwester das Geld erhalten hat, malt sie einen kleinen Haken auf die Quittung.
    Mit den siebenhundert Rupien, die sie jede Woche schickt, werden die Pflegerin und die Medikamente bezahlt, die ihre Mutter seit ihrem Schlaganfall im letzten Herbst benötigt. Kavita hofft, sie bald besuchen zu können, aber sie kann sich nur einmal im Jahr im Spätsommer freinehmen, damit sich ihre Urlaubstage nicht mit denen der anderen Bediensteten überschneiden. Ausnahmen werden nur erlaubt, wenn ein naher Verwandter stirbt. Jasu hat gesagt, sie soll Sahib und Memsahib doch einfach bitten, ihr freizugeben, doch das möchte sie nicht. Sie sind immer fair zu ihr gewesen und behandeln sie gut, und siewill den Job unbedingt behalten. Nicht wegen des kümmerlichen Gehalts, sondern weil es ihr ein sicheres Gefühl gibt, ein eigenes Einkommen zu haben, unabhängig von Jasus unzuverlässigem Verdienst und Vijays illegalem Vermögen.
    »Ich habe das Geld heute Nachmittag überwiesen«, sagt Kavita ins Telefon.
    »Danke, Kavi. Ich rufe an, wenn es da ist«, sagt Rupa.
    Zu Hause fragt niemand Kavita, woher das Geld kommt, eine Summe, die keiner von ihnen so ohne Weiteres aufbringen könnte. In Wahrheit könnten auch Kavita und Jasu sich das nicht leisten, wenn Vijay nicht wäre. Sie weiß, ihre Familie nimmt an, wie schon immer, seit sie Dahanu verlassen haben, dass sie es in Mumbai zu Wohlstand gebracht haben, wie Jasu vollmundig prophezeit hatte. In den ersten zehn Jahren hat sie aus Loyalität Jasu gegenüber niemandem zu Hause erzählt, wie sie sich finanziell abstrampeln mussten. Jetzt, wo es ihnen endlich gut geht, schweigt sie, weil sie sich für Vijay schämt.
    »Rupa, wie geht es Ba?«
    Ein tiefes Seufzen am anderen Ende der Leitung. »Einigermaßen. Der Arzt war gestern bei ihr und meinte, es geht ihr den Umständen entsprechend gut. Er rechnet nicht mit einer vollständigen Genesung, bena . Sie wird nie wieder richtig sprechen können und auf dem rechten Auge blind bleiben. Aber sie hat keine Schmerzen, und die Pflegerin kümmert sich sehr gut um sie, was wir dir zu verdanken haben, bena .«
    Jedes Mal, wenn Rupa sich bei ihr für das Geld bedankt, hat Kavita das Gefühl, als würde ihr eine Schlange im Bauch herumkriechen, nicht nur aufgrund der Geldquelle, sondern auch, weil Geld alles ist, was sie gebenkann. Sie weiß, sie müsste eigentlich selbst in Dahanu sein. Es beschämt sie, dass sie tagsüber im Haushalt von Sahib und Memsahib das Geschirr spült und Saris faltet, statt sich um ihre Mutter zu kümmern. Dieser Gedanke macht ihr die tägliche Arbeit noch beschwerlicher. »Und wie geht’s Bapu?« Kavita spricht bewusst mit kräftiger Stimme, damit ihre Schwäche und ihre Angst nicht durch die Leitung ans Ohr ihrer Schwester dringen.
    »Nicht besonders. Er erkennt seine Enkelkinder nicht mehr und manchmal erkennt er nicht mal mich. Sei froh, dass du nicht hier bist, beta , es ist nicht leicht, mit anzusehen, wie er langsam verlöscht.«
    Genau das erzählt Rupa ihr bei jedem Telefonat. Der Zustand ihres Vaters verschlechtert sich seit Jahren. Aber er ist wie der uralte chickoo-fruit – Baum hinter ihrem Elternhaus. Seine Äste werden zwar jedes Jahr dünner und die Blätter weniger, doch

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