Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
sprechen am Ende auch mit AOC -Mitarbeitern, die wir über Karriereportale finden.
Wir wollen mehr über das «gezielte Töten» per Joystick herausfinden. Unser Rechercheziel lautet: Wie läuft eine Exekution durch eine Drohne genau ab? Und welche Rolle spielt das Air and Space Operations Center in Ramstein dabei?
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Der Krieg mit Drohnen ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit. Um ihn besser zu verstehen, kann man eine Hinrichtung aus der Luft in sieben Schritte gliedern.
Schritt 1 :
Analysten legen «Ziel-Listen» an, im Militärjargon «Capture-Kill-Lists» genannt. Auf ihr landen Personen oder auch Infrastruktureinrichtungen wie Strommasten und Gebäude, die Geheimdienste und Militärs «nominiert» haben. Es gibt dafür verschiedene Listen.
Auf «High Value Targets»-Listen werden Personen verzeichnet, die als wichtige Feinde gelten. Auf anderen Listen ist nur Militär-Infrastruktur vermerkt, beispielsweise Kasernen des Gegners oder Waffenfabriken.
Bei unseren Recherchen finden wir bei einem amerikanischen Arbeitsvermittler in Deutschland eine ausgeschriebene Stelle für einen «Intelligence Analyst» in Ramstein. Die gesuchte Person soll genau das tun, was der ehemalige Oberstleutnant Ulrich Scholz bei unserem Treffen in Hamburg als «planen, denken und zuschlagen» beschrieben hat. Der Bewerber benötige für die Aufgabe eine amerikanische geheimdienstliche «Top Secret»-Einstufung. Er solle «Aufklärungsinformationen, Einsatzhöhepunkte und Einsatzstatus» für die Truppe und den «geographisch zuständigen Frontkommandeur aufarbeiten». Die erstellten Informationspakete sollen «für die optimale Nutzung der Aufnahmesensoren» verwendet werden. Mit Sensoren umschreiben Militärs das Kameraauge einer Drohne.
AFRICOM sucht das ganze Jahr nach Zielen in Afrika. Das Kommando muss vorbereitet sein, wenn eine Krise ausbricht. Die gefundenen Ziele werden dann von einem Team von Rechtsanwälten daraufhin überprüft, ob eine Bombardierung mit amerikanischem Recht vereinbar ist. Dafür werden Personen meist auch über eine längere Zeit beobachtet. Auf der «High Value Target»-Liste werden die Menschen noch einmal nach Wichtigkeit sortiert. Neben dem Namen des Ziels werden Detailinformationen über den Aufenthaltsort notiert. Nur so können sie später bombardiert werden.
Solch eine Todesliste darf man sich nicht wie einen Einkaufszettel vorstellen, vielmehr steht dahinter eine ausgeklügelte Software – eine Liste 2 . 0 . Immer mehr setzt sich darum der Begriff «Disposition Matrix» durch: In der Datenbank mit Terrorverdächtigen werden neben den persönlichen Informationen auch vorbereitete Anklagen gegen die Person gespeichert und Strategie-Überlegungen, wie man dem Terroristen beikommen könnte. Reist er irgendwann einmal in die USA und kann dort festgenommen werden? Nein. Können wir ihn im Heimatland festnehmen? Nein. Stellt er eine unmittelbare Bedrohung für die Vereinigten Staaten dar? Ja.
Schritt 2 :
Die Liste mit den wichtigen menschlichen Zielen in Afrika wird den zuständigen Offizieren und Kommandanten bei AFRICOM vorgelegt. Im Lagezentrum sitzen sie mit Geheimdienstagenten und Sicherheitsberatern zusammen und lassen sich über die mutmaßlichen Terroristen informieren: Was ist ihre genaue Stellung in der Terrorgruppe? Wie alt sind sie? Und vor allem, welche Gefahr geht von ihnen aus? Den Generälen werden Bilder gezeigt, und ihre Fragen zu den Personen werden von den Beratern beantwortet. Dann entscheiden sie.
Wenn diese Arbeit getan ist, landet die Kill-List auf dem Schreibtisch von Präsident Barack Obama im Weißen Haus. Jeden Dienstag entscheidet der Verfassungsrechtler und Friedensnobelpreisträger dann über Leben und Tod. Jede Woche ist «Terror Tuesday». Laut einer Studie der Columbia Law School zeichnet Obama jeden Einsatz «gezielter Tötungen» in Somalia persönlich ab. Hat er sein « OK » gegeben, kommt das einem Todesurteil gleich.
Schritt 3 :
Sobald jemand auf der Liste als Ziel bestätigt ist, beginnt die Zeit der «Aufklärer». Im Militärjargon heißt die Aufgabe « ISR »: Intelligence, Surveillance and Reconnaissance – Geheimdienstinformationen, Überwachung und Aufklärung.
An verschiedenen Orten auf der Welt werten «All Source-Analysten» Satellitenbilder und Fotos aus, befragen Geheimdienstler und Soldaten in den Einsatzländern oder orten die Telefonnummern der potenziellen Opfer auf der «Capture-Kill-List». Überwachungsdrohnen suchen dann
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