Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
3500 Afghanen Asyl in der Bundesrepublik. Jeder Einzelne eine menschliche Quelle.
Teil IV Die National Security Agency in Deutschland
14. Kapitel Männer, die auf Männer starren
Ein Sicherheitsmann fotografiert uns vor dem Dagger Complex in Darmstadt
Wir fahren an Spargelfeldern vorbei, unter großen Plastikplanen wachsen die Stängel in Hochbeeten. Nur wenige Bäume bieten Schutz. Die Sonne steht schon hoch in der Mittagszeit an diesem Tag. Viel lieber würden wir jetzt Schnitzel mit Spargel essen, als hier herumzufahren. Es ist eine komische Situation.
Mit einem NDR -Team sind wir irgendwo im hessischen Nirgendwo gelandet, weil wir auf der Suche nach der National Security Agency ( NSA ) in Deutschland sind. Das NSA -Unterkommando bei der US -Armee, der Militärnachrichtendienst INSCOM , soll hier in der Nähe der Spargelfelder eine Station betreiben, haben wir erfahren. Darum sind wir auf dieser Straße westlich von Darmstadt unterwegs; wir hoffen, dass uns ein Besuch in Griesheim etwas über den US -Nachrichtendienst NSA auf deutschem Boden verraten könnte.
Drei Mal sind wir heute bereits falsch gefahren, obwohl uns ein Navigationssystem den Weg weist. Vielleicht sind wir einfach zu aufgeregt. Doch jetzt scheinen wir auf dem richtigen Weg zu sein. Nachdem wir durch ein kleines Waldgebiet gekommen sind, liegt vor uns auf einer freien Ebene ein Kasernenkomplex am Eberstädter Weg. Als Erstes sehen wir den sehr hohen Stacheldrahtzaun. Wir fahren langsamer, um lesen zu können, was auf dem weißen Schild steht, das an dem Zaun hängt:
«Vorsicht Schusswaffengebrauch!»
Ein vernünftiger Mensch würde anhalten oder umdrehen. Und das tun wir auch. Wir halten am Straßenrand und rufen den Justiziar des NDR an. Er beruhigt uns und sagt, es sei in Ordnung, wenn wir auf der öffentlichen Straße blieben. Dann seien wir sicher. Wir starten den Motor. Als wir weiterfahren, stoßen wir bald auf das nächste Schild:
«Militärischer Bereich der amerikanischen Streitkräfte.
Innerhalb dieses militärischen Bereichs ist es verboten,
zu fotografieren und zu filmen, sowie schriftliche Notizen,
Zeichnungen, Karten oder graphische Darstellungen anzufertigen.»
Weil wir mit einer Kamera unterwegs sind, trauen wir uns nicht, auszusteigen. Wir gehen auf Nummer sicher und fahren weiter außerhalb des Geländes auf der öffentlichen deutschen Landstraße. Wir bleiben außerhalb des militärischen Bereichs und schauen weiterhin nur auf die Anlage. Dann entdecken wir noch ein Schild:
«Militärischer Sicherheitsbereich!
Unbefugtes Betreten verboten!
Vorsicht Schusswaffengebrauch!»
Von einer lokalen Aktivistin hatten wir im Vorhinein erfahren, dass ihr einmal der Fotoapparat von einem amerikanischen Militärpolizisten entrissen wurde, weil sie die Anlagen in Griesheim fotografieren wollte – obwohl sie auf einer normalen Straße stand. Ein 28 -jähriger Griesheimer bekam im Juli 2013 Besuch von der deutschen Polizei und dem Staatsschutz, nachdem er seine Freunde auf Facebook zu einem Spaziergang an den Eberstädter Weg eingeladen hatte. US -Behörden hatten die deutschen Ermittler informiert.
*
Den Hinweis auf den Komplex haben wir von einem deutschen Bauunternehmer bekommen. Der Mann hat uns von einem ungewöhnlichen Auftrag berichtet, wie er ihn in seiner Karriere noch nie zuvor erhalten hatte. Die Worte «seltsam» und «einmalig» fielen immer wieder bei unserem Treffen.
Eigentlich dürfte er niemals darüber sprechen. Weder mit Mitarbeitern noch mit seiner Frau und schon gar nicht mit uns Journalisten. Denn dieser Auftrag unterlag der «strengsten Geheimhaltung, die ich in meinem Berufsleben jemals erlebt habe». Aber er hatte ein echtes Bedürfnis, uns von seiner Erfahrung zu berichten. Um ihn nicht zu gefährden, nennen wir weder seinen Namen noch den Ort, an dem seine Firma angesiedelt ist.
Der Auftrag an den Bauunternehmer klang anfangs gar nicht so dramatisch. Die US Army wollte, dass er in einem Haus in Hessen Klimaanlagen installiert. Als er das erste Mal zur Baustelle fuhr, kam ihm bereits komisch vor, dass das Bürogebäude in der Nähe einer Autobahn versteckt in einem Waldstück lag. Er fuhr einen staubigen Weg entlang und wunderte sich, dass nirgends ein Schild zu sehen war. Nirgendwo war ersichtlich, wer hier baute und wer später das Haus nutzen würde.
Die Auftraggeber baten ihn, die Materialien doch bitte selbst zur Baustelle zu fahren, seine Lieferanten sollten nicht
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