Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
sei einigen mündlich eine schnellere Anerkennung ihres Asylantrags zugesichert wurden. Ahmed Wazir, der Übersetzer aus den neuen Bundesländern, sagt: «In allen Fällen, die mir bekannt sind, klappte die Anerkennung nach dem Gespräch.»
Auch Amina Mohamed erhielt wenige Tage nach dem Interview über das Liebesleben des Präsidenten ihre Anerkennung als Flüchtling – einen blauen Pass mit zwei Streifen drauf. Eigentlich hätte sie nach deutschem Recht wieder abgeschoben werden müssen, weil sie über zwei andere sichere Drittländer in Europa nach Deutschland gekommen war.
Eine Anwältin für Asylrecht aus Berlin bestätigt uns, dass die Gespräche mit der Hauptstelle «ganz klar» Einfluss auf das weitere Asylverfahren haben. Die Frau vertritt oft Mandanten, die gegen einen Abschiebebescheid klagen. Durch die Gespräche mit den Ausländern und den Entscheidern vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weiß sie, dass die BND -Agenten nach den Gesprächen eine Art «Glaubwürdigkeitsurteil» über die Flüchtlinge abgeben. Besonders «wertvolle» Asylbewerber bekämen Empfehlungen für einen Aufenthaltstitel.
Auch die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort auf eine Anfrage indirekt, dass eine hilfreiche Aussage bei der Hauptstelle für Befragungswesen positive Auswirkungen auf den Verlauf eines Asylverfahrens hat: Das Bundesamt für Migration sei gesetzlich verpflichtet, auch «Nachfluchtgründe» bei der Entscheidung über den Asylantrag zu berücksichtigen. «Soweit solche Nachfluchtgründe aus der Befragung durch die Hauptstelle für Befragungswesen entstehen, werden sie dementsprechend berücksichtigt.»
Im Klartext: Sollten die Flüchtlinge relevant für die Bundesrepublik sein, dürfen sie bleiben.
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Als die Hauptstelle für Befragungswesen im April 2008 ihren 50 . Geburtstag feierte, bekam jeder Mitarbeiter eine Kaffeetasse geschenkt. Darauf fanden sich die Aufdrucke « 50 », « 1958 » sowie die Flaggen von Deutschland, Großbritannien und den USA . Zu den Feierlichkeiten waren neben BND -Vertretern auch führende Mitarbeiter des «Intelligence Staff», des Nachrichtendienstes des britischen Verteidigungsministeriums, und der Defense Intelligence Agency ( DIA ), des amerikanischen Militärgeheimdienstes, angereist.
Diese gemeinsamen Feierlichkeiten waren eine seltene Möglichkeit, Einblick in die internationale Einbindung der Hauptstelle in das sogenannte Tripartite Debriefing Programme ( TDP ) zu erhalten. Nicht nur, dass die Partner aus dem Vereinigten Königreich und aus den Vereinigten Staaten von den Informationen profitierten, die auf deutschem Boden gesammelt werden – getarnt mit Decknamen und gefälschten Ausweisen, sollen amerikanische und britische Agenten auch selbst an den Befragungen teilnehmen, sagt uns Jack Dawson, ein ehemaliger Nachrichtenoffizier aus England.
Von Asylbewerbern wissen wir, dass bei den Interviews der Hauptstelle immer mal wieder auch Personen im Raum saßen, die stumm blieben. Einige vermuten, dass die Männer in den schwarzen Anzügen Amerikaner gewesen sein könnten. Auch ein ehemaliger DIA -Mitarbeiter bestätigt uns, in den 2000 er Jahren an einer Befragung eines Asylbewerbers teilgenommen zu haben. Drei Tage interviewten die BND -Befrager und der Amerikaner damals einen ehemaligen irakischen Geheimdienstmitarbeiter in einem Leipziger Neubauhotel in der Innenstadt.
Damit die Zusammenarbeit reibungslos funktioniert, sollen sogar Mitarbeiter vom «Intelligence Staff» und dem DIA in der Zentrale der Hauptstelle am Hohenzollerndamm in Berlin stationiert sein. Offiziell sind die Geheimdienstler bei den Botschaften ihrer Länder angestellt. Erfahren sie bei einer Befragung in Deutschland interessante Neuigkeiten, senden sie die Zusammenfassung in einem sogenannten « MX Report» nach Großbritannien und in die Vereinigten Staaten. Analysten werten dort die Befragungsergebnisse aus. «Wenn die ausländischen Geheimdienste, darunter auch die CIA , an bestimmten Informationen stärker interessiert sind, bitten sie ihre Mitarbeiter in Deutschland, noch mehr Informationen zu senden oder den Personen weitere Fragen zu stellen», sagt Dawson.
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«Es sind natürlich nicht nur die Informationen aus den Befragungen allein, die zur Bombardierung von bestimmten Zielen führen», sagt Marc Garlasco. Der ehemalige Pentagon-Mitarbeiter war jahrelang Leiter der «High-Value-Target-Abteilung», also zuständig für das Finden und Aufklären von wichtigen Zielen.
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