Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
dafür betreibt die NSA auch noch ein «Europäisches Kryptologie-Zentrum» in Darmstadt.
Ein arabischsprechender Dolmetscher und Analyst gibt beim Karriereportal LinkedIn an, seit 2011 für das «European Cryptology Center» ( ECC ) in Darmstadt «Nachrichten zu interpretieren» und «Reports zu verfassen». Er besitzt die «Top Secret»-Sicherheitseinstufung und darf im Geheimdienstbereich arbeiten. Aber auch Übersetzer für Serbokroatisch und Russisch sollen in dem Entschlüsselungszentrum eingesetzt sein. Zu den Aufgaben des ECC gehören die Verarbeitung, Analyse und das Reporting aller elektronischen Kommunikation, die das Europakommando der USA und AFRICOM interessieren.
In einem Jobportal suchte die NSA auch einen «Sicherheitsspezialisten», der im ECC im Bereich «Terrorbekämpfung» eingesetzt werden soll. Sein Arbeitsort solle eine Sensitive Compartmented Information Facility ( SCIF ) sein.
Ein SCIF ist ein abhörsicherer Raum, den US -Geheimdienste nutzen, um Daten sicher zu übertragen und geheim kommunizieren zu können. Eine deutsche Ingenieursfirma wirbt auf ihrer Internetseite damit, zwei SCIF s für die NSA auf dem Komplex in Darmstadt gebaut zu haben. «Ich habe tausende von Quadratmetern neuen SCIF -Platz am Standort geschaffen», brüstet sich auch der NSA -Stabschef in Darmstadt-Griesheim in einem Karrierenetzwerk.
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Bis vor einigen Jahren konnten Spaziergänger noch etwas von der Arbeit von INSCOM und NSA in Hessen erahnen. Nur 200 Meter entfernt von den Kasernengebäuden in Darmstadt standen fünf schwarze Kuppelhüllen von Satellitenstationen, die wie riesige Golfbälle aussahen. Unter den Kugeln waren Parabolantennen versteckt. Bis 2008 waren die 16 Meter hohen sogenannten Radome und eine Operationszentrale auf dem Gelände des zivilen August-Euler-Flugplatzes installiert.
Vier dieser Radaranlagen konnten Signale von Nachrichtensatelliten aus dem All empfangen, eine funkte Informationen zu einem US -Satelliten. Die Station war Teil eines weltweiten Überwachungsprogramms, das Telefonate, Faxe und Internetkommunikation ablauschte. Geheimdienst-Experten vermuten, dass mit den Antennen in Darmstadt auch Signale abgehört wurden, die für den Kriegseinsatz im Irak relevant waren. Die Anlage sei außerdem Teil eines multinationalen Lauschverbunds gewesen, mit dem die USA Industriespionage betreiben. Die abgefangenen Daten wurden später von Rechenzentren vollautomatisch gefiltert und von Kryptologen ausgewertet.
Zuvor operierte die NSA im bayerischen Bad Aibling mit einer ähnlichen Abhörbasis. Im Jahr 2004 wurde die «Bad Aibling Station» offiziell geschlossen und die Army-Einheit ins hessische Griesheim verlegt.
Angeblich sollen die weißen Abhörantennen in Bad Aibling weiter aktiv sein, schreibt der
Spiegel
. Sie lauschen jetzt für den Bundesnachrichtendienst ( BND ). Er nutzt das Areal und die Lauschtechnik an der Texasstraße weiter. Über ein Verbindungskabel sollen die abgefangenen Signale in die nahe gelegene Mangfall-Kaserne geleitet werden. Auf dem Kasernengelände hat die «Fernmeldeweitverkehrsstelle der Bundeswehr» ihren Sitz, eine Tarneinrichtung des BND . Gemeinsam mit einem Team von NSA -Spezialisten sollen die deutschen Spione hier per Satellit übertragene Daten, Telefonate und Faxe analysieren. Alles diene der Auslandsaufklärung, Deutsche würden nicht überwacht.
Diese geheime Kooperation soll der BND -Chef 2013 in einer vertraulichen Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag zugegeben haben. «In der Bundesrepublik stehen einige unserer wichtigen Abhörstationen, unsere ‹Sammelstellen›», sagte der ehemalige Technische Direktor der NSA , William Binney, wenige Tage später.
Aber auch der deutsche Inlandsgeheimdienst übermittelt Informationen an die Amerikaner, an die er durch Überwachung von Menschen in Deutschland gelangt ist. Laut eines geheimen Dokuments aus dem Innenministerium hat das Bundesamt für Verfassungsschutz im Jahr 2012 allein 864 Datensätze an die Amerikaner weitergegeben. Zudem würden «regelmäßig bewertete Sachverhaltsdarstellungen» an die NSA übermittelt, heißt es in dem Papier. Deutsche Verfassungsschützer trafen sich bereits mehrfach mit amerikanischen Geheimdienst-Analysten in der NSA -Kaserne «Dagger Complex» in Darmstadt und in den USA .
Unter den Besuchern der NSA -Zentrale befand sich bereits mehrfach der Präsident des Verfassungsschutzes. Auch um über Computerprogramme zu sprechen, die man
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