Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
den USA möglich macht. Zwei Meter unter der Erde strömt jede Sekunde eine gewaltige Menge von Daten durch die Glasfaser-Arterie «Trans Atlantic Telephone Cable No 14 . ( TAT - 14 )». In Lichtgeschwindigkeit. Würde man die Daten einer Sekunde speichern wollen, bräuchte man allein dafür 250 CD s. Durch eine von acht haardünnen Glasfasern werden die Internetdaten von Kontinent zu Kontinent hin- und hergeschickt.
Nichts ist an der Oberfläche von der Datenleitung zu sehen. Das Meer klatscht in großen Wellen an den Deich, Schafe staksen über die Wiese, ein paar Touristen haben ihre Fahrräder abgestellt und schauen an der Naturbadestelle auf das Wasser. Es riecht salzig. Ein wenig weiter westlich steht ein weißes Schild mit schwarzem Rahmen: «Vorsicht Düker!» steht darauf, ein norddeutscher Hinweis auf unterirdische Leitungen.
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Diese Landschaft an der Nordsee ist ein entscheidender Platz für die National Security Agency, und er zeigt auch, dass ein Geheimdienst für einige Spionageaufgaben heutzutage noch nicht einmal mehr Personal vor Ort braucht. Unterlagen von NSA -Whistleblower Edward Snowden belegen, wie der derzeit wohl einflussreichste Nachrichtendienst der Welt auch Internetknotenpunkte auf deutschem Boden und deutsche Glasfaserkabel anzapft.
Der Kabelknoten am Hilgenrieder Siel und das Gebäude der Seekabelendstelle der Deutschen Telekom in der Innenstadt von Norden stehen auf der Liste deutscher Einrichtungen, die die US -Regierung als potenzielle Terrorziele einstuft. Die
ZEIT
schrieb einmal, dass eine Kettensäge aus dem Baumarkt reichen würde, um dieses Kabel schnell durchzutrennen. Durch einen Anschlag auf das Kabel wäre die nationale Sicherheit der USA gefährdet – die Kommunikation mit Deutschland könnte zusammenbrechen.
Über den britischen Geheimdienst und wohl auch über das U-Boot « USS Jimmy Carter» schöpfen die Amerikaner die Informationen ab, die von den USA oder in die USA über das TAT - 14 -Kabel in Norden laufen. Das Geheimdienst-U-Boot kann beispielsweise unbemerkt Glasfaserleitungen im Meer anzapfen und Daten für die NSA abgreifen, schreibt die
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
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Über eine Kooperation mit dem Abhördienst GCHQ (Government Communications Headquarters) aus Großbritannien gelangt die NSA seit 2011 an Daten und Nachrichten von deutschen Staatsbürgern. Die Amerikaner zahlten den Briten für diese Zusammenarbeit zwischen 2009 und 2012 über 120 Millionen Euro.
Schickt jemand in Berlin eine Mail irgendwo in die Welt hinaus, geht diese über das Unterseekabel in Norden nach Bude in Südengland. Hier, direkt an der Steilküste, stehen Satellitenschüsseln und flache weiße Baracken. Das Gelände ist stark gesichert, denn es ist eine GCHQ -Station, in der das Seekabel TAT - 14 in Großbritannien ankommt. Über die britischen Telekom-Konzerne Vodafone und British Telecommunications ( BT ) sowie die US -Firmen Verizon und Level 3 Communications und zwei weitere Anbieter zapfen die GCHQ die Mail in Bude ab und speichern sie in ihrem Rechenzentrum für drei Tage, die Metadaten sogar für maximal 30 Tage. Die Firmen werden durch Verträge dazu gezwungen, aber für ihre logistische und technische Hilfe auch bezahlt. Sie stellen dem Geheimdienst nicht nur die Software für das Anzapfen zur Verfügung, sondern teilweise auch die Hardware. BT installierte beispielsweise «Zuleitungen» für die GCHQ , um Daten aus Kabeln abzuleiten. Die abgefangenen Daten werden «eingefroren», um sie nicht in Echtzeit auslesen zu müssen, sondern in Ruhe auswerten zu können. Entschleunigung des Internets nennen das Geheimdienstler intern.
Über ein computerisiertes Verfahren werden die massiven Datenmengen dann gefiltert. Taucht in der Mail aus Berlin einer von 40 000 Suchbegriffen wie «Anschlag» oder «al-Qaida» auf, wird die Nachricht herausgefischt. Beim sogenannten «Text-Mining» werden auch bestimmte Wortgruppen oder Ballungen von Begriffen festgestellt. Für ungefähr 90 Prozent der Daten interessieren sich die Spione aber vorerst nicht, der Datenberg wird bisher meist gleich entsorgt. In Zukunft will die NSA jedoch am Fuße der Rocky Mountains in ihrem neuen «Utah Data Center» alles speichern, was sie einmal abgezapft hat. Angeblich sollen die Rechner im größten Datenspeicher der Welt in der Wüste bei Salt Lake City die gesamte Internetkommunikation der Erde von 100 Jahren sichern können. Damit würde ein Archiv der Menschheit
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