Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
entstehen – und das Leben jedes Menschen transparent für den Geheimdienst werden.
Heute beschäftigen sich die Geheimdienst-Analysten in Bude aber vorerst nur mit den zehn Prozent der Mails, die nach der automatischen Filterung übriggeblieben sind. Menschen prüfen im nächsten Schritt die Daten auf relevante Informationen ab. Auf diese Weise scannen die Agenten Ihrer Majestät auch Telefonate, Facebook-Postings und Suchanfragen etwa bei Google. Das Ausspähprogramm trägt den Namen «Tempora».
Nach Recherchen des
Guardian
sollen 550 Geheimdienst-Analysten in den USA und Großbritannien Zugriff auf die aus Deutschland abgefangenen Daten des britischen Geheimdienstes haben. Sie können sie durchsuchen und sichten. In einem Interview sagte Edward Snowden: «Es ist nicht nur ein US -Problem, das Vereinigte Königreich hat auch einen großen Hund in diesem Kampf. Die Briten sind noch schlimmer als die Amerikaner.»
Neben den Spähprogrammen «Tempora» und «Prism» von NSA und GCHQ gibt es noch ein drittes, weitaus weniger bekanntes Programm: «Upstream» – eine breit angelegte Überwachung von Glasfaser-Netzwerken. Das zeigt eine interne Folie der NSA . Upstream sei das Sammeln von «Kommunikation über Glasfaserkabel, während die Daten vorbeifließen», heißt es. Das Abgreifen von Informationen geschieht – ähnlich wie bei Tempora – über die Kabelendstellen. Das sei sehr viel einfacher, als ein Seekabel unter Wasser anzuzapfen.
Unterlagen der GCHQ belegen, dass drei weitere Überseekabel, die deutsche Mails, Telefonate und Internetdaten übertragen, von den Briten angezapft werden. Damit hat der Dienst theoretisch auch Zugriff auf Verbindungen innerhalb von Deutschland.
Aus den Dokumenten geht hervor, dass das Glasfaserkabel «Atlantic Crossing- 1 ( AC - 1 )» zwischen Westerland auf Sylt und Brookhaven im Bundesstaat New York betroffen ist. Die GCHQ sollen demnach an der Kabelendstelle in Whitesands Bay in Großbritannien Daten abgeleitet haben. Der Besitzer des Kabels ist der US -Konzern Level 3 . Die Deutsche Telekom wartet und überwacht im Auftrag von Level 3 die AC - 1 -Kabelendstelle auf Sylt und hat gleichzeitig als Kunde Kapazitäten dieser Glasfaserleitung gekauft, um Daten zwischen den USA und Deutschland hin- und herschicken zu können. Das bedeutet: Auch Mails, Chats und Internettelefonate von Kunden der Deutschen Telekom sind damit im Visier der NSA . Aber auch Mails innerhalb Deutschlands laufen manchmal erst einmal über einen Server, der in den USA steht. Dort kann die NSA problemlos jede Kommunikation ausspionieren, ohne deutschen Boden betreten zu müssen.
Ein weiteres betroffenes Überseekabel heißt «SeaMeWe- 3 ». Es verbindet Asien, den Nahen Osten und Europa miteinander. Es ist das längste Unterwasserkabel und es kann nahezu zwei Milliarden Menschen auf der Welt miteinander vernetzen. Es verläuft auch vom deutschen Ort Norden ins britische Goonhilly Downs, wo die GCHQ Zugriff auf die Daten hätten. Von Ostfriesland verläuft es über England und Frankreich nach Ägypten, Saudi-Arabien und dann weiter nach Singapur, Japan bis nach Australien. Der größte Einzelinvestor unter den 93 Betreibern der Datenleitung ist die Deutsche Telekom. Sie investierte 50 Millionen Euro in das Kabelnetzwerk.
Das dritte Glasfaserkabel, von dem Informationen durch die GCHQ abgeleitet wurden, ist ein Netzwerk zwischen den wichtigsten Wirtschaftsmetropolen Europas. Die «Pan-European-Crossing»-Leitung verbindet London, Hamburg, Berlin, Frankfurt, Paris, Rom und Madrid sowie 27 andere Städte miteinander. Unter ihnen befinden sich mit München, Hannover, Düsseldorf, Köln und Stuttgart auch noch weitere Orte in der Bundesrepublik. Die Deutsche Telekom hat im Jahr 2000 mehrere tausend Kilometer dieses Untersee-Kabelnetzwerks von den Betreibern erworben.
Das Unternehmen teilte mit, zu möglichen Programmen britischer Geheimdienste habe man «keine Erkenntnisse».
*
Szenenwechsel. Fünf Autostunden südlich von Ostfriesland. Frankfurter Osten. Auf der vierspurigen Hanauer Landstraße schieben sich die Automassen durch den Feierabendverkehr. Feinstaub und Benzingeruch hängen über der Ausfallstraße, die sich kilometerlang durch Frankfurt zieht. Neckermann hat hier ein Versandhaus, Autohäuser wechseln sich mit «Mr. Wash» und «Kentucky Fried Chicken» ab. Reifen-Discount, Fertig-Kamine, Portas-Türen.
Wir suchen die Hausnummer 302 – 310 und biegen ab, um auf das Gelände
Weitere Kostenlose Bücher