Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
unserem Aussichtspunkt können wir genau auf das Hauptquartier der größten CIA -Logistikzentrale in Europa schauen.
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In dem Gebäude zwischen der Gießener Straße und der Homburger Landstraße in Frankfurt war viele Jahre das größte Geheimnis der Central Intelligence Agency versteckt: das Zentrum für das System von amerikanischen Geheimgefängnissen überall auf der Welt. Das Programm der sogenannten «Black Sites», der schwarzen Orte, war so geheim, dass die CIA -Führung es nicht in Washington D.C. ansiedeln wollte.
Nur 18 Monate nach dem 11 . September 2001 übergab die Geheimdienstzentrale diesen heiklen Auftrag an einen ihrer robustesten Männer, den Chef der CIA -Logistik in Frankfurt.
Kyle «Dusty» Foggo war ein Geheimdienstmitarbeiter, wie ihn sich ein Drehbuchschreiber nicht besser hätte ausdenken können. Der Mann war damals in seinen Vierzigern, groß, mit breitem Kreuz, besaß ein gewinnendes Colgate-Lächeln und trug weißes Haar. In der Agency war er als «hard-drinking womanizer» bekannt. Er liebte Zigarren und Bourbon und war der Typ Agent, der innerhalb kürzester Zeit irgendwo auf der Welt ein Transportflugzeug organisieren konnte oder Waffen, Essen, Geld – was die CIA eben gerade so brauchte.
Wenn man damals das «Handbuch der diplomatischen Vertretungen in Deutschland» aufschlug und zu der Seite mit dem Frankfurter US -Konsulat vorblätterte, fand man den Namen Kyle Foggo unter dem Eintrag «Generalkonsul». Die CIA -Logistik-Einheit ist bis heute auf dem Gelände des US -Konsulats untergebracht. Sollte Foggo wegen seines offiziellen diplomatischen Ranges je eine Einladung zur Eröffnung eines Deutsch-Amerikanischen Volksfestes oder etwas Ähnlichem erhalten haben, so ist fraglich, ob er jemals auf solch eine Anfrage reagiert hätte. Obwohl er in Deutschland in einem eigenen Haus und nicht in der CIA -Station lebte, soll er wenig Kontakt zu Deutschen gesucht haben. Er sprach nur wenige Worte «Soldatendeutsch», wie man so sagt. Nach außen hin gab sich Foggo zurückhaltend und zugeknöpft.
Denn der Mann mit den zwei Gesichtern war vier Jahre lang Leiter einer großen CIA -Logistikstation mit in Spitzenzeiten bis zu 200 Mitarbeitern. Innerhalb der CIA war die Einheit als «Frankfurt Regional Support Terminal» ( FRANSUPT ) bekannt – nach außen hin trat sie aber nur unter ihrem Decknamen « US Army TSTA » auf.
Im Jahr 2002 wurde Kyle Foggo bei einer Zeremonie die «Career Intelligence Medal» der CIA ans Revers geheftet. Der Geheimdienst zeichnete seinen Frankfurter Logistik-Chef für die Organisation von Fluggesellschaften zur Unterstützung der CIA in Afghanistan aus und weil er Pferdefutter, Sättel sowie gepanzerte Autos für eine geheime Sonderoperation mit angeworbenen afghanischen Kämpfern beschafft hatte.
Der damals 48 -Jährige war am Tag der Auszeichnung fast ganz oben angekommen. Nur zwei Jahre später sollte er zum drittwichtigsten Mann der CIA aufsteigen. Die Anschläge am 11 . September 2001 auf das World Trade Center in New York und die darauf folgenden Kriege im Irak und in Afghanistan machten aus der Randfigur Foggo einen «unverzichtbaren Mann für die CIA », schrieb die
New York Times
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In den Jahren der Ehrungen und seines größten beruflichen Erfolgs, zwischen 2001 und 2004 , war Foggo mitverantwortlich dafür, dass Amerika Gefangene in den acht US -Geheimgefängnissen auf der ganzen Welt foltern und erniedrigen konnte. Manche Insassen starben an den Folgen der Verhöre. Er war der Bauleiter im System der «black sites» im amerikanischen Anti-Terror-Kampf. Am Ende der Geschichte sollte er jedoch tief fallen und selbst zum Gefangenen werden.
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Wir schauen immer noch auf etwas, das wir eigentlich nicht anschauen dürfen. Heimlich drehen wir vom Hotel-Aussichtspunkt einige Bilder von der CIA -Logistikzentrale. Vor dem Gebäude, unten auf der Straße, laufen deutsche Polizisten mit Maschinenpistolen auf und ab. Fahrradfahrer huschen an ihnen vorbei, als ob nichts wäre. Auf uns wirken die Menschen in blauer Polizeiuniform mit ihren vorgehaltenen Waffen befremdlich. Allzu oft sieht man so etwas nicht in Deutschland.
Nach einigen Stunden entscheiden wir uns, die Perspektive zu wechseln. Wir packen unsere Sachen zusammen und verlassen das Hotel. Von unserem Ausguck haben wir entdeckt, dass unweit des CIA -Hofs einige Wohnblocks stehen. Als wir die vielleicht 200 Meter zu den Häusern an der mehrspurigen Friedberger Landstraße entlanglaufen,
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