Geheimnis der Leidenschaft
Hof sieht. Sie ist im Augenblick in der Stadt. Eines der Kinder hatte eine Entzündung im Ohr. Aber sonst sind wir alle gesund wie die Pferde und fett wie die Schweine, und das verdanken wir dem Brunnen, den du für uns gefunden hast.«
»Gern geschehen«, war alles, was Rio darauf sagte.
Und so war es auch.
»Du solltest deine Rinder sehen«, erzählte Moran voller Begeisterung. »Sie vermehren sich wie die Fliegen. Ich denke, du willst vielleicht einige davon schlachten lassen. Deshalb habe ich in Rimrock eine Nachricht hinterlassen, dass du mich besuchen sollst. Ich wollte keines der Rinder verkaufen, ehe du nicht damit einverstanden bist.«
»Unsere Abmachung war, dass du meine Rinder behandeln sollst, als wären es deine eigenen. Daran hat sich nichts geändert.«
Moran lächelte. »Fein. Ich werde das Geld auf dein Konto einzahlen oder in bessere Zuchttiere stecken, ganz wie du willst.«
»In bessere Zuchttiere.«
»Richtig. Komm ins Haus und bringe deine Sachen in das Gästezimmer. Marti muss gewusst haben, dass du kommst, denn sie hat genug Kekse gebacken, um bis zum Kinn darin zu versinken. Nach dem Essen werden wir ...«
»Ich werde nicht bleiben«, unterbrach ihn Rio sanft.
»Natürlich wirst du das. Marti würde mir die Haut vom Leib ziehen, wenn ich dich wieder fahren lasse.«
»Vielleicht beim nächsten Mal.«
Moran wollte noch etwas sagen, doch dann sah er Rio an, er sah ihn zum ersten Mal richtig an. Rio war verhärmt, erschöpft und so angespannt wie ein zu straff gespanntes Seil.
»Ja, sicher«, sagte Moran. »Vielleicht triffst du Marti ja auf dem Weg zurück in die Stadt.«
»Vielleicht. Grüße sie von mir.«
»Sicher. Wohin willst du denn so eilig?«
Rio antwortete nicht. Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er weg musste.
Als er zu seinem Wagen zurückging, wehte der Wind ruhelos und frei, fuhr durch Rios Haar, zerrte an seiner Jacke aus Schafleder und flüsterte ihm etwas zu von der Frau, die ihn nur angesehen und die dann alles an ihm geliebt hatte.
Sogar den Wind.
27
Grinsend drehte Mason die letzte Schraube fest. Es war die letzte Verbindung von Rios Brunnen mit dem alten Netzwerk von Rohren, die früher einmal von den Brunnen gefüllt worden waren, die mittlerweile ausgetrocknet waren. Der erste Mai war der Beginn eines neuen Lebens für das Sonnental.
»Lass es laufen, Schatz!«
Hope drehte das Ventil auf. Nach einem Augenblick sprudelte das Wasser und rauschte in die Zisterne unter ihren Füßen.
Behemoth hatte seine letzte Fahrt zu Rios Brunnen gemacht, um Wasser von dort zu holen. Sie hatte den alten Wagen durch eine teure, glänzende Pipeline ersetzt, die sich den alten Weg vom Ranchhaus bis hinauf in die schattigen Tiefen des Wind-Canyons entlangschlängelte. Innerhalb von einer Woche würden auch die anderen Pipelines fertig sein. Dann würde es ein Netzwerk silberner Strohhalme geben, die Wasser zu den Trögen brachten, aus denen die Rinder während der trockenen Sommermonate trinken konnten. Andere Leitungen waren gelegt worden, damit die Felder bewässert werden konnten.
Rinder gab es noch keine. Selbst mit dem neuen Kredit hatte Hope nicht genügend Geld, ihre Herden zu ersetzen. Sie würde mit Kälbern beginnen und dann weitersehen müssen. Wenn die Ernte in diesem Jahr gut war, wenn das Alfalfa und der Hafer dick und ergiebig wuchsen, dann würde es genügend Geld und Futter geben, um die Kälber im Herbst zu füttern.
Im Herbst.
Rio war im Herbst zu ihr gekommen und hatte ihr gesagt, dass er Wasser finden würde. Es war im Herbst gewesen, als er sie zum ersten Mal geliebt hatte, während ein kalter Wind wehte.
Die Erinnerung ließ sie erbeben, so wie der Wind in dieser Nacht damals das Haus zum Beben gebracht hatte.
Ihre Finger schlossen sich um den kalten Stahl des Ventils, und sie hielt sich daran fest und wartete darauf, dass der Sturm der Sehnsucht abebbte und sie erschöpft zurückließ. Immer wenn das geschah, sagte sie sich, dass ihre Erinnerung an Rio mit jedem Tag, der verging, mehr verblassen würde.
Doch so war es nicht.
Die Sehnsucht war gewachsen, so wie das Leben in ihr wuchs, sie war an den geheimen Stellen ihres Körpers erblüht und mit jeder Stunde, die verging, stärker geworden. Sie konnte kaum den nächsten Herbst erwarten, wenn Rios Baby geboren wurde. Sie sehnte sich schmerzlich danach, es an ihre Brust zu drücken und sein Weinen zu hören.
»Das hübscheste Geräusch, das ich je gehört habe«, erklärte Mason
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