Geheimnis des italienische Grafen
veranlassen.
Nein, sie durfte nichts überstürzen, und sie musste all ihre Maßnahmen sorgsam planen. Noch einen Fehlschlag wollte sie nicht erleiden.
Unauffällig pirschte sie sich näher an Lady Riverton heran, die lebhaft mit ihrem Begleiter plauderte, als hätte sie außer modischen Sünden nichts verbrochen. „… und deshalb müssen Sie tout de suite Theaterkarten beschaffen, mein Lieber. Sicher gibt es in Bath keine günstigere Gelegenheit, jemanden kennenzulernen. Gewiss, in den Upper Rooms herrscht ein furchtbares Gedränge. Aber in den Theaterlogen sitzen nur die besten Leute.“
Fast hätte Thalia laut aufgelacht. Was stellte sich die Frau unter den „besten Leuten“ vor? Und wer mochte der arme Mann sein, der gezwungen wurde, diesem Unsinn zu lauschen? Nicht Mr Frobisher, der war von kleiner Statur. Außerdem saß er immer noch im Gefängnis von Santa Lucia. Jetzt ergriff Lady Riverton den Arm ihres Gefährten, und sie schlenderten durch das Getümmel.
Hastig eilte Thalia in dieselbe Richtung und stolperte beinahe über das Vorderrad eines Rollstuhls. Beim Jupiter, was für bedrohliche Vehikel! Endlich trat sie Ihrer Ladyschaft gegenüber und sah deren Begleiter …
Marco. Der Conte di Fabrizzi höchstselbst, schön und imposant wie ein römischer Gott.
Sekundenlang konnte sie ihn nur verblüfft anstarren. War das möglich? Vielleicht hatte er einen Zwillingsbruder – einen kriminellen Zwilling, der mit albernen Frauen in europäischen Kurstädten lustwandelte und ihre Juwelen stahl, wenn sie nicht hinschauten. Von solchen Männern hatte sie gelesen.
Aber noch während ihr der absurde Gedanke durch den Sinn ging, wusste sie, dass es Marco war, der vor ihr stand. Solche Augen besaß kein anderer.
Nun weiteten sich diese dunklen Augen. Sichtlich erstaunt, lächelte er sie an. In der glatten sonnengebräunten Wange zeigte sich das markante Grübchen. Dann schien er sich plötzlich an die pikante Situation zu erinnern, und sein Lächeln erstarb. Auch das Funkeln in seinem Blick erlosch. Misstrauisch musterte er Thalia. Dachte er an die Nacht, in der sie in sein Haus eingebrochen war? Fragte er sich, ob sie wieder einmal etwas Unberechenbares tun würde?
Höflich lächelte sie und schlug ihren liebenswürdigsten Ton an. „Lady Riverton! Conte di Fabrizzi! Welch eine wundervolle Überraschung, Sie beide hier zu sehen! So lange sind wir uns nicht mehr begegnet.“
Lady Riverton erwiderte das Lächeln. Als sie Thalia zunickte, wippten die Hutfedern frenetisch. Immer noch ernst und zurückhaltend, verneigte sich Marco.
„Wenn das nicht Miss Thalia Chase ist!“, flötete Lady Riverton. „Und Sie sehen noch genauso aus wie bei unserem letzten Treffen im schönen Santa Lucia. Wie geht es Ihrer bezaubernden Schwester, der neuen Duchess?“
„Vielen Dank, Clio und ihrem Gemahl geht es ausgezeichnet“, antwortete Thalia und schenkte dem bizarren Paar ein noch süßeres Lächeln. „Sie befinden sich immer noch auf ihrer Hochzeitsreise durch Europa.“
„Tut mir so leid, dass ich die Trauung versäumt habe“, beteuerte Ihre Ladyschaft. „Aber ich musste ganz plötzlich abreisen und einen kranken Freund in Neapel besuchen. Dort sah ich den Conte di Fabrizzi wieder. So ein aufmerksamer Begleiter!“ Kokett schaute sie zu Marco auf und krallte ihre behandschuhten Finger fester in seinen Arm.
Entzückt strahlte er sie an und schaute ihr tief in die Augen, als könnte er sich nicht an ihr sattsehen, gar nicht genug von ihrer Gesellschaft bekommen.
Solche Blicke hat er auch mir in Santa Lucia zugeworfen und mit seinem provozierenden Lächeln so verwirrende Emotionen geweckt, erinnerte sich Thalia. Heiß und kalt hatte sie sich gefühlt, schwach und unbesiegbar, heiter und unerträglich ernst – alles gleichzeitig.
Nun wünschte sie sich, sie würde immer noch ein Glas mit dem grauenhaften Heilwasser in der Hand halten, das sie in Marcos Gesicht schütten könnte. Erst Clio, jetzt Lady Riverton! Dieser – dieser Schuft!
„Wie glücklich müssen Sie sich schätzen, Lady Riverton, weil Sie die großartige Gabe besitzen, überall Freundschaften zu schließen“, säuselte Thalia. „Wohin auch immer Sie reisen …“
„Ja, in der Tat – mein lieber Ehemann, der verstorbene Viscount Riverton, pflegte zu betonen, dies sei mein wunderbarstes Talent. Oder eines von vielen.“ Kichernd stützte sich Ihre Ladyschaft auf Marcos Arm.
Anscheinend hatte er nichts dagegen, bemerkte – im Gegensatz zu
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