Geheimnis des italienische Grafen
anderes übrig blieb, als ebenfalls zu lächeln.
„Hier werden wir nicht darüber reden“, flüsterte Calliope. „Erst wenn wir daheim sind.“
Cameron drückte Thalia noch ein Glas Wasser in die Hand. Sie starrte es an und wünschte, es würde etwas Stärkeres enthalten, vielleicht hausgebrannten sizilianischen Grappa, der ihr für kurze Zeit Vergessen schenken würde …
Ja, das würde sie jetzt brauchen. Stattdessen nahm sie einen Schluck Heilwasser und verzog das Gesicht.
4. KAPITEL
„Noch nie habe ich jemanden so verändert gesehen wie Miss Thalia Chase!“, bemerkte Lady Riverton und umklammerte Marcos Arm, während sie die Trinkhalle durchquerten. „In Santa Lucia erschien sie mir nicht so bleich und schwach.“
Marcos Kinnmuskeln verkrampften sich. Aber er behielt sein unbeschwertes Lächeln bei. Zu seinem Drahtseilakt gehörte eine stets heitere Fassade. Schwach – das allerletzte Wort, das er benutzen würde, um Thalia zu beschreiben. Wo er doch fürchtete, die feurigen Funken, die aus ihren blauen Augen sprühten, würden ihn verbrennen …
Nachdem sie so plötzlich vor ihm gestanden hatte, fühlte er sich immer noch nervös und beunruhigt. Wie leicht konnte ihre Anwesenheit sein Kartenhaus niederreißen … Und was sollte er dann machen? Ohne das Silber, ohne die gerechte Strafe Lady Rivertons und ihrer Komplizen? Und ganz gewiss ohne Thalia …
Mühsam bezwang er den Impuls, über die Schulter zu spähen und herauszufinden, ob sie ihn immer noch mit diesem verächtlichen Blick beobachtete. Er ging an Lady Rivertons Seite weiter, nickte einigen Bekannten zu und lächelte, als würde ihn nur sein Amüsement interessieren und sonst gar nichts.
Immerhin wurde das von allen Italienern erwartet. Strahlende Lebensfreude. Ungetrübter Genuss. Keinerlei Probleme. Und dieses romantische Vorurteil diente seinen Zwecken geradezu großartig. Denn er würde sein Ziel viel leichter erreichen, wenn man seinen Aktivitäten keine Bedeutung beimaß und ihn nicht ernst nahm.
Und trotzdem – irgendwie bedrückte ihn Thalias Missbilligung.
„Andererseits ist Miss Chases Kummer verständlich“, fügte Lady Riverton hinzu. „Ihre älteren Schwestern sind verheiratet, beide haben fabelhafte Partien gemacht. Sogar ihr exzentrischer alter Vater ist zum zweiten Mal vor den Traualtar getreten. Nur Miss Thalia, das arme Ding, hat keine Aussichten.“
„Wenn eine junge Dame so aussieht wie Miss Chase, ist sie wohl kaum ein hoffnungsloser Fall.“ Diesen Einwand konnte Marco sich nicht verkneifen.
Lady Riverton runzelte die Stirn unter ihrem albernen Hut. „Also finden Sie das Mädchen hübsch?“
Gleichmütig zuckte er die Achseln und schenkte ihr sein spezielles Lächeln, das er allmählich hasste.
Aber die Frauen versicherten ihm immer wieder, sein Lächeln sei nahezu unwiderstehlich. Warum sollte er diesen Vorteil nicht nutzen?
Und tatsächlich – Lady Rivertons Stirn glättete sich, dann lockerte sie ihren harten Griff um seinen Arm und strahlte über das ganze Gesicht.
„Nun, ich bin ein Mann“, entgegnete er. „Deshalb habe ich keine Wahl – ich muss Miss Chase hübsch finden. Den meisten Männern würde das genügen. Mir nicht.“
„Wirklich nicht?“
„Nein. Bei einer Dame lege ich Wert auf andere Vorzüge. Intelligenz. Erfahrung.“ Verstohlen drückte er ihren Arm an sich. „Verborgene Tiefen.“
„Wie amüsant Sie sind, Conte di Fabrizzi!“, flötete sie.
„Oh, ich möchte Sie einfach nur erfreuen.“
„Und das gelingt Ihnen, mein Lieber“, gurrte sie und schaute sich in der Menschenmenge um. Zufrieden atmete sie auf, nachdem sie registriert hatte, wie viele Leute zu ihnen herüberstarrten. „Alle Damen beneiden mich um Ihre Gesellschaft.“
Genau das war seine Absicht gewesen, als er die Bekanntschaft mit Lady Riverton erneuert hatte. Er musste sie betören. Auf andere Weise konnte er das gestohlene Silber nicht aufspüren, denn ihre Domizile wurden allesamt gut bewacht. Sie war nicht dumm, obwohl sie manchmal die Naive mimte.
Aber sie war auch eine Frau und empfänglich für die Schmeicheleien eines attraktiven Mannes. Fast schon hatte er ihr Vertrauen gewonnen. Daran zweifelte er keine Sekunde lang.
Und dann tauchte Thalia auf, draußen vor der Trinkhalle.
Lady Riverton ließ seinen Arm los, entschuldigte sich und ging davon, um mit einer Bekannten zu sprechen. Dadurch verschaffte sie ihm die Gelegenheit, die er ersehnt hatte – endlich konnte er ihr entkommen.
Im
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