Geheimnis des italienische Grafen
Eingang blieb er stehen, mit seinen dunklen Augen suchte er den Raum ab. Bei seinem Anblick strahlte Lady Riverton über das ganze Gesicht und winkte ihm zu. Doch er eilte nicht an ihre Seite. Stattdessen beobachtete er Thalia, die mit Arthur Dashwood tanzte, und verbeugte sich spöttisch in ihre Richtung. Wie seine erhobenen Brauen andeuteten, verglich er die gewissen Fähigkeiten ihres Partners mit seinen eigenen.
Wieder einmal musste sie einen Lachreiz bekämpfen. Dann konzentrierte sie sich auf ihren Tanzpartner. Aber ihre Gedanken galten dem geplanten Spaziergang in den Sydney Gardens. Durfte sie sich auf ein interessantes Erlebnis freuen?
„Wie gefällt es Ihnen bisher in Bath, Miss Chase?“, fragte Arthur Dashwood und drückte ihre Hand etwas fester.
7. KAPITEL
Marco beobachtete Thalias anmutigen, leichtfüßigen Tanzschritte. In ihrem rosa Ballkleid sah sie wie Aurora aus, die Göttin der Morgenröte. Lachend schaute sie zu ihrem Partner auf.
War das dieselbe Frau, der er vorhin im Treppenhaus begegnet war? So ernsthaft, unsicher und nachdenklich hatte sie gewirkt – und ihr Gesicht im Spiegel betrachtet, als hätte sie es nie zuvor gesehen, als würde es ihr missfallen.
In Santa Lucia hatte er eine andere Thalia gekannt – furchtlos in ihrer Suche nach der Wahrheit, eifrig und engagiert bei den Proben für die Aufführung im Amphitheater. Hier war sie einfach nur eine elegante, hübsche Zierde der englischen Gesellschaft. Von zahlreichen Männern wurde sie bewundert.
Ihr beneidenswerter Tanzpartner starrte sie hingerissen an. Anscheinend konnte er sein Glück kaum fassen. Aber schaute er auch hinter die schöne Fassade der jungen Dame?
Vermutlich nicht, dachte Marco. Die Stirn gefurcht, sah er Thalia am Ende des Tanzes knicksen.
Dann nahm der Gentleman ihre Hand und führte sie zu ihrer Schwester. Lächelnd blickte sie zu ihm auf, während er mit ihr plauderte, und Marco wurde von plötzlicher Eifersucht erfüllt.
Warum lächelte sie ihn nicht so bezaubernd an? Wieso tanzte sie nicht mit ihm? Die meisten Frauen schienen ihn zu mögen. Was hatte Thalia Chase an ihm zu bemängeln?
In diesem Moment spürte er eine Berührung auf seinem Ärmel, und das erinnerte ihn an den Grund, warum Thalia ihn nicht so liebenswürdig anlächelte. Er wandte sich zu Lady Riverton, die an seiner Seite aufgetaucht war. Besitzergreifend lag ihre Hand auf seinem Arm.
Wieso er die Gesellschaft Ihrer Ladyschaft ertrug, verstand Thalia nicht. Und das durfte er ihr auch nicht verraten. Erstens wollte er sie nicht in Gefahr bringen, zweitens hatte er seiner Freundin Clio vor ihrer Hochzeitsreise versprochen, er würde ihrer Familie nicht zu nahetreten und sie keinesfalls in seine riskanten Aktivitäten hineinziehen.
Bei seiner Abreise aus Sizilien hatte er geglaubt, es würde ihm leichtfallen, sein Wort zu halten. Denn er war sicher gewesen, er würde Thalia nie wieder begegnen. Aber jetzt, angesichts ihrer Schönheit, fand er jenes Versprechen ziemlich problematisch.
In Sizilien hatte ihn das komplizierte Labyrinth ihres Geistes hinter der reizvollen äußeren Erscheinung fasziniert, ebenso ihre Kreativität, ihr origineller Humor, ihre Tapferkeit, ihr tiefes Verständnis der menschlichen Natur, der menschlichen Fehler und Schwächen. Nur wenige Engländerinnen von vornehmer Herkunft verfügten über eine so bewundernswerte Einfühlungsgabe.
Aber nun könnte sie gerade wegen dieses Verständnisses in bedrohliche Situationen geraten. Wenn sie wüsste, was ihn wirklich nach Bath geführt hatte, würde sie verlangen, er solle sie an seinen Unternehmungen beteiligen, so wie damals in Santa Lucia. Und dann würde er das Versprechen brechen, das er Clio und sich selbst gegeben hatte.
Das durfte er nicht tun. Aurora gehörte dem hellen Tageslicht an, nicht der dunklen Maskerade, zu der sich sein Leben entwickelt hatte – zu der großen Sache, in der er sein Geburtsrecht sah.
Und doch, und doch – er konnte sie nicht aus den Augen lassen, während sie lachend all die jungen Männer abwehrte, sie die belagerten und um einen Tanz anflehten. Wie eine glücklose Motte zu einer leuchtenden Flamme fühlte er sich zu ihr hingezogen.
Lady Riverton umfasste seinen Arm noch fester. Widerstrebend riss er seinen Blick von Thalias rosigen Wangen los und wandte sich zu seiner Begleiterin, die ihre Stirn runzelte. Auf dem grässlichen türkisfarbenen Turban bebten die Federn.
„Also, das schwöre ich, Marco – Sie haben kein
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