Geheimnis des italienische Grafen
…
„Hier können wir nicht reden“, fügte Marco hinzu. „Treffen wir uns heute Nachmittag im Brown’s Coffee House an der Horse Street.“
Domenico nickte, obwohl er es offensichtlich vorgezogen hätte, die Diskussion in der Trinkhalle fortzusetzen.
Ehe er sich abwandte, stieß Marco hervor: „Tritt Miss Chase nicht zu nahe. Mit alldem hat sie nichts zu tun.“
„Ach, die wunderschöne Signorina Chase …?“, erwiderte Domenico gedehnt und hob die Brauen. „Selbstverständlich hat sie nichts damit zu tun, sie ist nur eine Frau. Wie galant von dir, sie zu beschützen, amico. Wirklich, sehr galant.“
Lässig wanderte er davon, und Marco verspürte immer noch den Drang, ihn zu erwürgen – sogar noch intensiver nach der verächtlichen Andeutung, die Thalias Intelligenz galt.
Nur eine Frau? Ha! Würde Domenico die Geisteskraft und Charakterstärke der Chase-Schwestern kennen, hätte er sich ein anderes Urteil gebildet.
Auch er selbst konnte es sich nicht leisten, Thalia zu unterschätzen. Trotz seines Vorsprungs, trotz all seiner Mühe, sie zu schützen – sie befand sich nur einen Schritt hinter ihm. Und sie kam immer näher.
„Wer war das?“ Lady Riverton hängte sich bei ihm ein. „Einer Ihrer Freunde?“
„Ein alter Bekannter aus Italien.“
„Tatsächlich? Wie faszinierend er aussieht … Warum haben Sie mir diesen attraktiven Mann nicht vorgestellt, mein lieber Marco?“
„Weil er zu tun hatte“, erwiderte er kurz angebunden.
„Oh …“ Lady Riverton schmollte. „Nun, sicher werde ich ihm bald begegnen. Wollen wir uns trennen? Ich bin mit meiner Hutmacherin verabredet. Diesen Termin darf ich nicht versäumen. Und ich muss eine Schneiderin finden, die mein Kostüm für Lady Westwoods Maskenball anfertigt. Ich hatte an Anne Boleyn gedacht. Aber ich fürchte, Sie wären kein überzeugender Henry VIII. Was halten Sie von Dantes Paolo und Francesca?“
„Was immer Sie wünschen, Lady Riverton“, antwortete Marco in liebenswürdigem Ton. Aber er war mit seinen Gedanken ganz woanders – bei Domenico und Thalia.
Eine böse Ahnung stieg in ihm auf, das beklemmende Gefühl, an diesem Morgen hätten sich die Dinge noch zusätzlich kompliziert.
12. KAPITEL
„Soeben ist die Post eingetroffen, Miss Chase“, meldete der Butler und präsentierte Thalia einen Stapel Briefe auf seinem Silbertablett.
„Danke.“ Thalia blickte von ihrem Manuskript auf. Seit der neuen Inspiration kam sie sehr gut mit der Arbeit an ihrem Theaterstück voran. Gerade wollte sie eine neue Person in die Handlung einführen – einen attraktiven Mann von sonnigem Gemüt, der Isabella vielleicht vor ihrem mysteriösen Gemahl retten würde.
Oder vielleicht würde er ihr noch größere Schwierigkeiten bereiten. Dazu neigten viele attraktive Männer, auf der Bühne ebenso wie im wirklichen Leben.
Aber nun begann ihre Hand von der Schreibarbeit zu schmerzen, und sie war froh über die Briefe und Einladungen, die sie für eine Weile ablenken würden.
„Ist Lady Westwood schon daheim?“, fragte sie und sah den Stapel durch.
„Nein, Miss Chase. Wenn ich mich recht entsinne, wollte Ihre Ladyschaft nach dem Besuch des Thermalbads den Lunch mit Lady Grimsby einnehmen.“
„Oh, sehr gut.“ Lächelnd entließ sie den Butler. Also würde sie noch ein paar ungestörte Stunden genießen, ehe sie erneut mit Calliopes forschender Miene konfrontiert wurde.
Nicht dass die Schwester irgendetwas über Marco oder den galanten Signor de Lucca gesagt hätte, als sie am Vortag aus der Trinkhalle zurückgekommen waren. Sie hatten einen ruhigen Abend zu Hause verbracht und neue Lieder auf dem Pianoforte gespielt. Kein einziges Mal war das Thema italienische Männer angeschnitten worden.
Aber Calliope hat daran gedacht, überlegte Thalia, und sich bestimmt gefragt, was Signor de Lucca mit mir besprochen haben mochte.
Auch sie selbst stellte sich einige Fragen. Oberflächlich betrachtet war jene Konversation angenehm und höflich verlaufen – nicht ohne Anklänge eines harmlosen Flirts, wie in Bath üblich. Doch dann hatte sich Marco hinzugesellt. Sofort hatte sie eine gewisse Anspannung in Domenico de Luccas Verhalten gespürt. Und sie war es müde, geheimnisvolle Attitüden zu entschlüsseln. Reine Zeitverschwendung …
Sie schaute wieder auf ihr Theaterstück hinab. Ach ja, die neuen Verwicklungen!
Doch in diesem Moment wollte sie nicht mehr über zwei verdächtige Italiener nachdenken, denn unter dem Stapel lag ein
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