Geheimnis um ein Haus im Walde
„Wenn er kommt, brate ich ihm Eier mit Speck und koche ihm Kakao.”
Je später es wurde, desto rührseliger wurde Herr Grimm. Er erinnerte sich an Erns gute Seiten und vergaß seine schlechten. Er bereute es bitter, daß er ihn geschlagen hatte.
„O Ern, wenn du zurückkommst, sollst du es gut bei mir haben!” murmelte er vor sich hin.
Als es elf schlug, schürte er noch einmal das Feuer. Dann sank er seufzend in seinen Sessel und lockerte seinen Gürtel. Er wollte die ganze Nacht auf Ern warten. Aber was sollte er tun, wenn der Junge nicht kam? Er würde sein Verschwinden dem Inspektor melden müssen. Die erste Frage des Inspektors aber würde sein: „Hatte der Junge irgendeinen Kummer?” Was sollte er darauf antworten?
Um Mitternacht schlief Herr Grimm ein und erwachte erst am Morgen. Er fühlte sich steif und kalt. Das Feuer war ausgegangen. Und Ern war noch immer nicht erschienen. Ihm mußte etwas passiert sein. Als das Telefon läutete, schrak Herr Grimm zusammen und sprang auf. Am Apparat meldete sich Dicki. Er fragte an, ob Ern heimgekommen sei.
Herr Grimm verneinte. „Hast du nichts von ihm gehört?”
„Nein. Wahrscheinlich ist er wegen Ihres nächtlichen Überfalls davongelaufen.”
Herr Grimm war so verzweifelt, daß er sich nicht einmal über das Wort „Überfall” ärgerte. „Was soll ich nur tun?” fragte er. „Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, Dietrich, aber ich habe Ern sehr gern.”
„Das haben Sie bisher gut zu verbergen verstanden”, antwortete Dicki.
Der Polizist drohte dem Telefon mit der Faust. Dieser freche Bengel! Aber über seinen Sorgen vergaß er den Ärger bald wieder. „Ich werde Inspektor Jenks benachrichtigen müssen”, sagte er. „Vielleicht hängt Erns Verschwinden mit dem Geheimnis auf dem Mühlenhügel zusammen.”
„Schon möglich”, antwortete Dicki. „Haben Sie die Beute eigentlich gefunden, Herr Grimm?”
„,Das geht dich nichts an. Ich werde jetzt den Inspektor aufsuchen.”
„Wollen Sie nicht noch einen Tag warten?” schlug Dicki vor. „Ich habe da eine Idee, die uns vielleicht auf die richtige Fährte führt.”
Herr Grimm war nur zu froh, seinen Besuch bei dem Inspektor noch aufschieben zu können. Er würde ihm ja gestehen müssen, daß er Ern geschlagen hatte. Auch scheute er sich davor, von dem frechen Gedicht zu sprechen. Vielleicht würde der Inspektor es lesen wollen. Herrn Grimm überlief es heiß und kalt, als er sich das vorstellte.
„Gut, ich warte noch einen Tag”, sagte er zu Dicki. „Der arme Ern! Hoffentlich ist ihm nichts passiert!”
„Ich werde Sie anrufen, sobald ich etwas erfahre”, versprach Dicki.
Er legte den Hörer hin und lief in den Garten hinaus, denn er erwartete die anderen Spürnasen. Sie gingen gerade zu seinem Schuppen. „Ern ist noch nicht aufgetaucht”, berichtete er.
„Wo mag er nur stecken?” fragte Flipp. „Ich konnte in der Nacht gar nicht schlafen. Immerzu mußte ich an ihn und seine Indizien denken.”
„Ich habe noch mehr gefunden”, erzählte Dicki. „Zwei lagen auf dem Weg, der nach Ludwigslust führt. Ich wette, Ern befindet sich dort.”
„Was sollte er denn in Ludwigslust?” wandte Rolf ein.
„Er weiß doch gar nichts von unserm Geheimnis.”
„Das stimmt. Trotzdem glaube ich, daß er in Ludwigslust ist. Vielleicht hat Herr Holland ihn dorthin geschleppt. Aber warum? Selbst wenn er mit einem Wagen durch Peterswalde gefahren ist und Ern gesehen hat – warum sollte er ihn mitgenommen haben?”
„Vielleicht hat er Ern für dich gehalten”, sagte Betti.
„Du bist doch als Ern maskiert in Hollands Garage gewesen. Vielleicht kam es ihm verdächtig vor, daß du nach Ludwigslust fragtest. Vielleicht fürchtet er, du wüßtest zu viel von dem Geheimnis, und wollte dich deshalb entführen.”
Dicki starrte Betti an. Dann schlug er mit der Faust auf den Tisch. „Natürlich! Die Verbrecher haben Ern entführt, weil sie ihn für mich hielten. Eins rauf, Betti! Du bist eine großartige Spürnase.”
Betti errötete vor Freude über das Lob. „Ach, du wärst bestimmt auch bald darauf gekommen.”
„Ja, so muß es sein!” rief Dicki erregt. „Sie haben Ern für mich gehalten und ihn entführt. Ob er die Indizien aus dem Wagen geworfen hat, um uns den Weg zu zeigen?”
„So viel Klugheit traue ich ihm eigentlich nicht zu”, meinte Gina.
Dicki überlegte. „Ja, der Einfall ist nicht dumm. Aber in der Verzweiflung ist Ern vielleicht heller als sonst. Wann ist
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