Geheimnis um ein verborgenes Zimmer
bewundernd. „Du warst wirklich großartig. Meine Mutter hast du ebenfalls angeführt. Es lag nicht nur an der Verkleidung allein. Du hast deine Rolle fabelhaft gespielt.”
„Schauspielern liegt mir nun mal.” Dicki gab sich Mühe, möglichst bescheiden zu sprechen. „Beim Schultheater muß ich immer die Hauptrolle spielen. Deshalb wollte ich auch ursprünglich Schauspieler werden, bis ich mich dazu entschloß, den Beruf eines Detektivs zu ergreifen.”
Diesmal wurde Dicki nicht in seiner Prahlerei unterbrochen. Die Kinder sahen ihn vielmehr mit solch verzückter Bewunderung an, daß ihm schließlich ganz unbehaglich zumute wurde.
„Du bist wunderbar, Dicki”, sagte Betti hingerissen.
„Ich kann überhaupt nicht Theater spielen. Niemals hätte ich es gewagt, verkleidet zu Wegda zu gehen und ihm einen Brief zu geben. Wie konntest du das nur tun?”
„Vielleicht hätte ich es lieber nicht tun sollen”, meinte Dicki nachdenklich. „Wenn Wegda mit einem heißen Bügeleisen über den Brief fährt, kann er ihn lesen. Und der Inhalt ist ziemlich frech.”
„Das kann man wohl sagen”, fiel Gina ein. „Wenn er den Brief nun unseren Eltern zeigt? Nicht auszudenken!”
Flipp bekam einen Schreck. Seine Eltern waren sehr streng und duldeten es nicht, daß die Kinder frech waren oder sich schlecht betrugen. „Ach, herrje!” rief er. „Ich wünschte, wir könnten den Brief wieder zurückholen.”
Dicki sah Flipp nachdenklich an. „Das ist eine gute Idee. Wir werden den Brief zurückholen. Wegda bekommt es fertig, ihn überall herumzuzeigen. Und dann kriegen wir einen gewaltigen Krach.”
„Wie willst du den Brief denn zurückholen?” fragte Rolf.
„Einer von uns könnte sich verkleiden …”
Aber sofort wurde Dicki von lauten Rufen unterbrochen.
„Nein, nein, ich gehe nicht zu Wegda!”
„Ich würde vor Angst umkommen.”
„Er würde uns verhaften.”
„Er würde mich sofort erkennen.”
„Ruhe, Ruhe!” rief Dicki. „Ihr braucht es ja nicht zu tun. Ich werde gehen. Ich werde mich wieder als französischer Junge verkleiden und den Brief zurückholen.”
„Du bist ein Zauberkünstler!” sagte Betti andächtig.
Vergeblich versuchte Dicki, bescheiden auszusehen. Sein Gesicht glänzte vor Eitelkeit.
Dicki führt Herrn Grimm
an der Nase herum
„Wie willst du den Brief nur zurückbekommen?” fragte Rolf noch einmal. „Wegda wird ihn dir bestimmt nicht freiwillig geben.”
„Das Glück ist mit dem Mutigen”, entgegnete Dicki.
„Ich werde eben mutig sein. Zuerst aber werde ich einen zweiten unsichtbaren Brief schreiben. Gib mir mal eine Apfelsine.”
Nachdem er die Apfelsine bekommen hatte, quetschte er den Saft in eine Tasse. Dann tauchte er eine saubere Stahlfeder hinein und schrieb auf ein weißes Blatt:
„Lieber Wegda! Sie glauben sicherlich, daß Sie das nächste Geheimnis aufklären werden. Da Sie so klug sind, wird Ihnen das auch bestimmt gelingen. Viel Glück wünschen Ihnen in aufrichtiger Bewunderung Ihre sechs Spürnasen.”
Dicki sprach den Text laut, während er schrieb. „So!” sagte er, das Blatt zusammenfaltend. „Jetzt brauche ich die beiden Briefe nur zu vertauschen. Mit diesem hier kann Wegda ruhig zu unseren Eltern gehen.”
Er steckte die falschen Zähne unter seine Oberlippe und sah sofort wieder ganz verändert aus. Dann setzte er die schwarze Perücke auf.
„Was hast du sonst noch gekauft?” fragte Rolf.
„Ach, nicht viel. Die Sachen sind teurer, als ich dachte. Allein für die Perücke ging eine Menge Geld drauf. Mit dem Rest kaufte ich die Zähne, ein paar Augenbrauen, etwas weiße und rote Schminke und die Mütze. Außerdem habe ich noch eine andere Perücke mit strohgelben Haaren mitgebracht, die nicht so teuer war. Ich zeige sie euch ein andermal.”
Er setzte die fremdartig wirkende Mütze schief auf den Kopf und war nun kaum wiederzuerkennen.
„Adieu”, piepste er mit hoher Stimme, während er aus dem Zimmer hinkte. „Adieu, mes enfants.”
„Das heißt ,auf Wiedersehen, Kinder’”, übersetzte Flipp für Betti, die Dicki mit großen Augen beobachtete.
„Auf Wiedersehen, Napoleon!” rief sie ihm nach.
Die anderen lachten. „Wenn Wegda ihn bloß nicht erkennt!” sagte Rolf ein wenig besorgt. „Er versteht keinen Spaß.”
„Ob er den Brief schon entziffert hat?” fragte Betti. „Er wird toben, wenn er ihn liest.”
Wegda tobte tatsächlich. Er wußte sehr gut, wie man unsichtbare Tinte sichtbar macht, und hatte den
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