Geheimnis um ein verborgenes Zimmer
Brief sorgfältig mit einem heißen Eisen gebügelt. Zuerst wollte er seinen Augen nicht trauen, als die Schrift blaßbraun zum Vorschein kam. Er schluckte aufgeregt, und seine Augen traten noch mehr hervor als sonst.
„Ha, das werde ich euren Eltern zeigen!” schrie er, als ständen die Kinder vor ihm. „Ja, und dem Inspektor auch. Dann werden ihm wohl endlich die Augen aufgehen. Euch frechen Kröten werde ich Respekt vor den Behörden beibringen. Jetzt sollt ihr etwas erleben! Ihr dachtet wohl, ich könnte den Brief nicht lesen. So eine Unverschämtheit!”
Herr Grimm hatte an diesem Tag noch Verschiedenes zu tun und kam erst am späten Nachmittag dazu, die Eltern der Kinder aufzusuchen.
„Natürlich wagten sie es nicht, den Brief selber abzugeben”, dachte er bei sich, während er das Haus verließ.
„Wahrscheinlich ist der sonderbare Junge ein Freund von ihnen. Er muß wohl hier zu Besuch sein.”
Er beschloß, zuerst zu den Hillmanns zu gehen, denn er wußte, wie streng die Eltern von Betti und Flipp waren.
„Ich werde ihnen gründlich die Augen über ihre Gören öffnen”, dachte er grimmig. „Ach, da geht ja der französische Junge. Ich werde ihn mal rasch fragen, wo er wohnt.”
„He, du!” rief er Dicki zu, der auf der anderen Seite der Straße entlang hinkte und nur darauf wartete, von dem Polizisten angerufen zu werden. „Komm einmal her.”
„Rufen Sie mich?” fragte Dicki mit hoher dünner Stimme.
„Ja. Ich habe dich etwas zu fragen. Von wem war der unverschämte Brief, den du heute vormittag bei mir abgegeben hast?”
„Unverschämt? Ah, non, non. Gewiß er war nicht unverschämt.” Dicki machte ein erschrockenes Gesicht und fuchtelte mit den Händen umher, wie sein französischer Lehrer es immer machte. „Das kann ik nicht glauben, Err Polizei.”
„Bitte lies selbst”, entgegnete Herr Grimm. „Vielleicht erkennst du die Schrift.”
Er zog den Umschlag aus der Tasche und nahm den Brief heraus. „Da – sieh dir das an! Kannst du mir sagen, wer das geschrieben hat?”
Dicki nahm das Blatt in die Hand. In diesem Augenblick blies ein sehr willkommener Windstoß durch die Straße. Der Junge ließ das Blatt los, und es flatterte davon. Scheinbar erschrocken sprang er hinterher, bückte sich und hob es auf. Geschickt ließ er es in seine Tasche gleiten, zog den zweiten Brief heraus und reichte ihn dem Polizisten.
„Verflixt, beinahe wäre der Brief fort gewesen! Gib her. Es ist hier zu windig.” Ängstlich riß Herr Grimm das Blatt an sich und steckte es in den Briefumschlag.
Dicki grinste innerlich. Es war so einfach gewesen, viel einfacher, als er erwartet hatte. „Wo gehen Sie hin, Err Polizei?” fragte er höflich.
„Ich gehe zu Herrn und Frau Hillmann.”
„Dann müssen wir trennen. Adieu, verehrter Err Polizei.”
Er ging davon und verschwand um eine Ecke. Herr Grimm sah ihm kopfschüttelnd nach. Er hatte ein unbestimmtes Gefühl, daß mit dem Jungen etwas nicht in Ordnung war. Auf alle Fälle hatte er sich recht sonderbar benommen.
Was für ein Gesicht hätte Herr Grimm aber erst gemacht, wenn es ihm möglich gewesen wäre, einen Blick um die Ecke zu werfen! Hastig riß Dicki die fremdartige Mütze und einen Schal in grellen Farben ab, den er sich um den Hals geschlungen hatte, entfernte die Perücke und die falschen Zähne und warf alles in einen Busch. Im Nu war er wieder der allen bekannte Dietrich Kronstein. Er lief zu den Hillmanns, trat ins Haus und rief laut nach Flipp, obwohl er ja wußte, daß er bei Rolf war.
Frau Hillmann steckte den Kopf aus der Wohnzimmertür. „Ach, du bist es, Dietrich. Komm bitte mal herein, ja? Flipp und Betti sind nicht zu Haus. Soeben ist Herr Grimm gekommen. Er beschwert sich bitter über euch. Ihr Kinder hättet ihn schwer beleidigt, behauptet er.”
„Das verstehe ich nicht!” rief Dicki scheinbar sehr erstaunt, während er ins Wohnzimmer trat, in dem Herr Hillmann und Herr Grimm saßen. Der Polizist hielt die Beine weit auseinandergespreizt und hatte seine großen Hände auf die Knie gelegt. Ein wenig nach vorn gebeugt, sah er Dicki drohend entgegen und sagte: „Ha! Da ist ja einer von der Bande! Bestimmt hat er den frechen Brief geschrieben. Bitte lesen Sie ihn selber, Frau Hillmann. Sie werden sehen, daß ich nicht zuviel gesagt habe. Mein Gehirn quietschte, weil es nicht geölt sei, steht darin!”
Er nahm den Brief aus dem Umschlag und faltete ihn auseinander. Natürlich war nichts darauf zu sehen, denn
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