Geheimnis um eine Tasse Tee
herein!” schien er zu rufen. „Hier nicht!”
„Verschwinde jetzt lieber!” sagte Pippin hastig. „Alles Weitere erzähle ich dir später.”
Dicki lief hinaus, hob den wütend bellenden Purzel hoch und setzte ihn in seinen Korb.
„Was suchst du hier?” knurrte Herr Grimm. „Von Pippin wirst du nichts erfahren. Er weiß nichts von diesem Fall, und wenn er etwas wüßte, würde er es dir nicht erzählen. Weg da, jetzt! Ich mag dein dickes Gesicht nicht mehr sehen.”
„Werden Sie bitte nicht grob!” erwiderte Dicki verletzt.
„Grob? Das ist nur die Wahrheit.” Herr Grimm schob sein Rad in den Vorgarten. „Dein dickes Gesicht geht mir auf die Nerven. Ich bin mit wichtigen Dingen beschäftigt und verbitte mir dein ewiges Herumschnüffeln!”
Majestätisch schritt er auf sein Haus zu. Ah! Er war einem Verbrecher auf der Spur und würde ihn bald verhaften. Diesmal sollte ihm Dietrich Kronstein nicht in die Quere kommen! Sehr zufrieden, daß er seinem alten Widersacher die Meinung gesagt hatte, trat er ins Zimmer und erteilte seinem jungen Kollegen mit wichtiger Miene ein paar Befehle.
Dicki, der unbedingt noch einmal mit Pippin sprechen wollte, fuhr ein Stück die Straße hinunter, versteckte sich hinter einem Baum und beobachtete das Haus des Polizisten. Herr Grimm hatte sein Rad draußen stehenlassen und würde sicherlich bald wieder fortfahren.
Während Dicki so dastand und wartete, ging ihm Herrn Grimms Bemerkung über sein Gesicht durch den Kopf.
Wegda fand sein Gesicht dick? Nun, er wollte ihm ein noch viel dickeres zeigen. Schnell zog er zwei neue Backenpolster aus der Tasche und steckte sie in den Mund.
Nach ein paar Minuten kam der Polizist aus dem Haus, bestieg sein Rad und kam langsam die Straße herunter. Als er den Baum erreicht hatte, trat Dicki hervor.
„Bist du schon wieder hier?” Herr Grimm geriet auf seinem Rad ins Wanken. „Du …”
Plötzlich sah er Dickis gepolsterte Backen. Ganz erschrocken stieg er ab. Dicki aber sprang auf sein Rad und sauste davon. In einer Nebenstraße fuhr er ein paarmal auf und ab und flitzte dann zu Pippin zurück.
„Die Luft ist rein”, rief Pippin ihm vom Fenster aus zu.
„Herr Grimm ist zur Post gefahren, um ein Telegramm aufzugeben. Dann will er zum Theater fahren und danach zum Lorenzhof. Es wird eine Weile dauern, bis er wieder zurück ist.”
Dicki hatte seine Polster herausgenommen und sah wieder normal aus. „Ich will Sie nicht lange aufhalten, Pippin. Was für Neuigkeiten haben Sie denn noch für mich?”
„In der Tasse Tee ist tatsächlich ein Schlafpulver gewesen, ein harmloses, aber ziemlich starkes. Das hat man inzwischen festgestellt.”
„Aha! Sonst noch was? Ist etwas von dem gestohlenen Geld aufgetaucht?”
„Das läßt sich nicht nachprüfen. Es waren ja nur kleinere Scheine und Silbergeld.”
„Wen halten Sie für den Täter?”
„Das ist schwer zu sagen. Ich habe Herrn Grimms Notizen gelesen. Obwohl er mir nichts von dem Fall erzählen wollte, hat er sie mir doch gezeigt. Er meinte, ich könnte etwas daraus lernen. Es ist sonderbar. Wenn man nach einem Motiv für die Tat sucht, könnte jeder der Schauspieler sie begangen haben. Auf den Direktor sind nämlich alle schlecht zu sprechen.”
„Was Sie nicht sagen! Wie kommt denn das?”
„Herr Grimm hat bei seinen Verhören allerlei erfahren. Zoe Markham hatte am Freitagvormittag einen heftigen Zusammenstoß mit dem Direktor und wurde daraufhin von ihm entlassen. Lucy Weiß hat ihn vor einiger Zeit um einen Vorschuß gebeten, weil ihre Mutter krank ist, wurde aber schroff abgewiesen. Peter Watting und Wilhelm Orr haben ihm vorgeschlagen, ein paar anständige Stücke aufzuführen anstatt immer nur Schwanke. Doch er hat ihnen höhnisch erwidert, zweitklassige Schauspieler taugten nur für zweitklassige Stücke.”
„Kein Wunder, daß sie wütend auf ihn sind!” meinte Dicki.
„Das finde ich auch. Es ist zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Die beiden Männer haben ihm sogar mit Schlägen gedroht, falls er sie noch einmal zweitklassig nennen sollte. Tatsächlich sind es sehr gute Schauspieler; besonders Wilhelm Orr ist recht talentiert.”
„Sehr interessant”, murmelte Dicki. „Ist sonst noch jemand schlecht auf den Direktor zu sprechen?”
Pippin nickte. „Da ist noch John James. Ihm hatte der Direktor nach einer Spielzeit von sechs Monaten eine Erhöhung der Gage versprochen. Aber nun leugnet er plötzlich, jemals ein solches Versprechen
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