Geheimnis Um Mitternacht
Earls war, der ein Vermögen gemacht hatte, bevor er von seiner Familie gefunden wurde. Und sie wusste, dass sein Geschäftssinn als ein weiterer der vielen dunklen Flecken auf seinem Charakter angesehen wurde. Ein Gentleman stand schließlich über so profanen Dingen wie Geld und eine Dame natürlich noch viel mehr. Irene war jedoch der Meinung, dass Unwissenheit und Unfähigkeit, in welchem Bereich auch immer, nichts war, auf das man stolz sein konnte, und es war sogar noch törichter, wenn solches Unwissen dazu führte, keine finanziellen Mittel zu haben. Sie hatte aufgrund der Extravaganzen ihres Vaters zu lange mit zu wenig Geld leben müssen, um vornehme Armut befriedigend zu finden. Und die Tatsache, dass Gideon Bankes es trotz der widrigen Umstände nicht nur geschafft hatte zu überleben, sondern auch etwas aus sich zu machen, war in ihren Augen eher bewundernswert denn verab-scheuungswürdig.
Offensichtlich teilte die verwitwete Countess jedoch nicht Irenes Meinung. Stattdessen wurde Irene langsam klar, dass Lady Teresa eine echte Abneigung gegen den neuen Earl hegte. Es war natürlich bis zu einem gewissen Punkt verständlich, denn wenn Gideon nicht gefunden worden wäre, hätte Teresas junger Sohn den Titel geerbt. Irene nahm an, dass sich keine Mutter über diesen Verlust für ihren Sohn gefreut hätte - auch wenn die hochmütige Art der Frau vermuten ließ, dass sie auch um den Verlust ihres eigenen Status' als Mutter eines minderjährigen Earls trauerte. Und da Lord Radbourne so schnell heiraten wollte, würde sie hier im Haus bald einen noch unwichtigeren Platz einnehmen.
Auch wenn Irene die Abneigung der Frau gegen den neuen Earl verstand, mochte sie Sie trotzdem nicht. Sie vermutete, dass sie während ihres Besuches hier nicht viel Zeit mit Lady Teresa verbringen würde. Und nach dem kalten Blick in Lady Teresas Augen zu urteilen, hatte diese wohl genauso wenig Interesse daran, dass sie Freundinnen wurden.
Es war kaum überraschend, dass Lady Odelia ihren Willen bekam und die Neuankömmlinge sich mit den anderen Frauen zum Tee setzten. Sie sprachen mit Lady Odelia in recht ermüdendem Detail über ihre Reise, aber endlich war der Tee ausgetrunken und die kleinen Kuchen aufgegessen, und Lady Odelia erlaubte es, dass die Neuankömmlinge auf ihre Zimmer gebracht wurden, auch wenn Lord Radbourne bis dahin noch nicht erschienen war.
Irenes Zimmer war geräumig und gut gelegen, mit Fenstern auf jeder Seite des Bettes, von denen aus man auf einen seitlichen Garten sah. Sie warf einen Blick hinaus und entdeckte hinter dem Garten, der zu dieser Jahreszeit immer kahler wurde, ein kleines Wäldchen. Sie konnte auch einen kleinen Teil des hinteren Gartens erspähen und dahinter eine Wiese. Weiter entfernt im Hintergrund wand sich der Fluss, den sie früher am Nachmittag überquert hatten, wie ein leuchtendes Band durch die sanft hügelige Landschaft. Der Besitz schien eine ganze Anzahl von reizvollen Möglichkeiten für nachmittägliche Spaziergänge zu bieten, was sie in London sehr vermisste.
Der Wagen mit ihrem restlichen Gepäck war noch nicht angekommen, sodass ihre Auswahl an Kleidern sich auf die in den kleineren Taschen beschränkte, die auf dem Dach der Kutsche Platz gefunden hatten. Sie beschloss, dass das dunkelblaue Abendkleid, das in einer dieser Taschen lag, genau das Richtige wäre.
Eines der Dienstmädchen schlüpfte in den Raum und bot an, später wiederzukommen, um Irene beim Auspacken und Umkleiden für das Abendessen zu helfen. Aber Irene war nicht müde von der Reise. Vielmehr war sie immer noch von einem Gefühl der Erwartung erfüllt. Also verzichtete sie auf eine Ruhepause und war bald darauf gebadet und angezogen. Sie entließ das Dienstmädchen, bürstete sich selbst das Haar und begann, es in einen festen Knoten zu stecken.
Kaum hatte sie damit begonnen, als Francescas Zofe Maisie in ihr Zimmer kam. „Nein, Mylady, nein!"
Mit einem entsetzten Gesichtsausdruck eilte Maisie auf sie zu und nahm Irene die Bürste aus der Hand. „Sie müssen mich Ihr Haar machen lassen. Sie haben versprochen, dass ich den neuen Stil ausprobieren darf, den ich für Sie im Kopf habe."
„Aber Sie müssen Lady Haughston helfen", protestiere Irene.
„Oh, nein, noch nicht. Mylady fängt nie so früh an, sich fürs Diner fertig zu machen", erwiderte Maisie, während sie mit Expertenhand Irenes Haar hochhob, drehte und feststeckte. „Ich werde erst Ihr Haar machen, und dann wird immer noch mehr als
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