Geheimnis Um Mitternacht
Nicken ihres Kopfes. Ihre Stimme war genauso dünn wie der Rest von ihr, und wenn ihr Lächeln auch liebenswürdig und ihre Augen freundlich waren, war in ihrem Ausdruck auch eine gewisse Unbestimmtheit, als ob sie sich nicht ganz in derselben Sphäre wie die anderen im Raum befände.
Francesca stellte Irene und ihre Mutter Lady Pencully vor, die ihrerseits mit einer Hand zu ihrer Schwester gestikulierte, der Dowager Countess of Radbourne.
Lady Radbourne nahm Irenes Hand in die ihre. Ihre Finger waren dünn, kaum mehr als von Haut bedeckte Knochen, und sie waren trotz der Wärme im Raum kalt. „Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen", sagte sie und lächelte Irene an. „Wir werden gute Freundinnen werden, da bin ich mir sicher."
„Danke, Lady Radbourne. Es ist sehr freundlich von Ihnen, das zu sagen." Sie wusste nicht, warum Lord Radbournes Mutter so dringend ihre Freundin werden wollte. Sie nahm an, dass es einfach ihre Art war, und hoffte, dass sie nicht von ihrer Schwester in die Irre geführt worden war und nun glaubte, Irene sei gekommen, um den Antrag ihres Enkels anzunehmen.
Schnell warf sie Francesca einen Blick zu, die nur mit den Schultern zuckte, doch in diesem Moment wurde Irenes Aufmerksamkeit auf die dritte Frau im Raum gelenkt, die aufgestanden war und zu ihnen herüberkam.
Sie war blond und hübsch, mit heller Haut und großen runden hellblauen Augen. Ihre Figur war sehr weiblich.
Auch wenn ihr schwarz-weißes Halbtrauerkleid hoch geschlossen und ihre Brüste bedeckt waren, war deren ausladende Fülle unübersehbar, akzentinert durch die hohe Taille, die genau unter den Brüsten mit einer Schärpe zusammengefasst war.
„Wie geht es Ihnen?", sagte sie. Abschätzend glitten ihre Augen über Francesca, Irene und Lady Claire. „Ich bin die Countess of Radbourne."
„Die Witwe meines Sohns Cecil", erklärte Pansy mit traurigem Blick. „Er ist vor einem Jahr von uns gegangen."
„Willkommen in Radbourne Park", fuhr die jüngere Frau kühl fort, die Pansy und deren Worte ignorierte.
Irene betrachtete sie mit Interesse. Die Witwe des verstorbenen Earls war deutlich jünger, als Irene gedacht hätte.
Sie war wohl älter als Francesca und sie selbst, aber doch nicht viel. Die Countess schien nicht besonders freundlich. Ihre Worte waren höflich, aber in ihren Augen war ein seltsames Glitzern, das sie nicht verbergen konnte. Irene hatte den Eindruck, dass sie nicht begeistert war, sie kennenzulernen. Vielmehr glaubte sie, dass die Countess es vorgezogen hätte, wenn sie nicht gekommen wären.
Irene war sich nicht sicher, ob sich die Abneigung der Frau speziell gegen sie und Francesca richtete oder ob sie jede Frau nicht mögen würde, von der sie vermutete, dass sie die neue Countess of Radbourne werden wollte. Aber wenn man bedachte, wie sie ihre harmlos scheinende Schwiegermutter ignorierte, war es auch möglich, dass die Frau einfach unangenehm war.
„Ohne Zweifel wünschen Sie nach Ihrer Reise eine kleine Erfrischung", sagte Lady Odelia. „Ich werde nach Tee läuten."
Sie marschierte hinüber zum Klingelzug, ohne wie Irene den bösen Blick zu sehen, den die jüngere Countess ihr hinter ihrem Rücken zuwarf.
„Vielleicht möchten unsere Gäste lieber auf ihre Zimmer gebracht werden", sagte die jüngere Lady Radbourne.
„Ich bin mir sicher, dass die Reise ermüdend war."
Odelia drehte sich mit einem Stirnrunzeln um. „Sie werden Gideon guten Tag sagen wollen."
Die Countess schnaubte verächtlich. „Als ob er die Manieren hätte, seine Gäste zu begrüßen."
Lady Odelia straffte sich und schien noch über sich selbst hinauszuwachsen. „Entschuldige bitte,Teresa", sagte sie mit einer Stimme, die härter als Stahl war. „Ich bin mir sicher, dass mein Großneffe wegen einer dringenden Angelegenheit aufgehalten wurde - wahrscheinlich wegen einer Sache, die den Besitz betrifft. Denn es ist doch offensichtlich, dass das Haus in den letzten Jahren auf geradezu schockierende Weise vernachlässigt wurde."
Lady Teresa warf der älteren Frau einen kurzen giftigen Blick zu, hatte aber offenbar nicht den Mut, sich Lady Odelia entgegenzustellen. Stattdessen sagte sie mit einer leicht weinerlichen Stimme: „Mein Ehemann hat sich in den letzten Monaten seines Lebens nicht wohl gefühlt. Und ich ... nun, ich habe getan, was ich konnte, aber ich verstehe nun einmal nichts von Geschäften, so wie manch andere."
Irene vermutete, dass die letzte Bemerkung ein weiterer Stich in Richtung des neuen
Weitere Kostenlose Bücher