Geheimnis Um Mitternacht
Augenblick.
Er hob eine Schulter. „Ich bin bereit zu heiraten - und ich bin bereit, eine Frau Ihres Standes zu heiraten. Aber die Vorstellung, eine Ehefrau aufgeladen zu bekommen, die den Rest meines Lebens auf mich herabsehen und immer wieder meinen Akzent, meine Kleidung, meine Gewöhnlichkeit korrigieren wird, ist wenig verlockend."
Er warf ihr aus dem Augenwinkel einen Blick zu und fragte: „Würden Sie gerne an so einen Partner gekettet sein?"
„Ganz sicher nicht. Das ist der Grund, warum ich mich weigere, Sie zu heiraten."
„Aber Sie würden nicht von einem Adligen als minderwertig betrachtet werden."
Sie hob den Kopf, um ihn anzusehen. „Lord Radbourne, Ehefrauen werden von allen Männern als minderwertig angesehen."
Überrascht blieb er stehen. „Glauben Sie das wirklich?"
Sie hob die Brauen. „Was sollte ich sonst glauben? Oh, ich spreche nicht von den bedeutungslosen kleinen Höflichkeiten, zum Beispiel dass der Mann stehen bleibt, bis die Frau sich hingesetzt hat, oder dass er an der Straßenseite geht, um sie zu beschützen. Ich spreche von den wesentlichen Dingen des Ehelebens. Ein Ehemann fällt Entscheidungen für seine Frau. Er gibt ihr ein Taschengeld, das sie für Firlefanz ausgeben kann. Er sagt ihr, was sie tun soll. Verhält man sich so einem Gleichgestellten gegenüber?"
Er runzelte die Stirn. „Nun, nein, aber ..."
Herausfordernd blickte Irene ihn an. „Aber was?"
Ein schiefes Lächeln umspielte seinen Mund. „Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mann es wagen würde, Ihnen zu sagen, was Sie tun sollen, oder Entscheidungen für Sie zu fällen."
„Und ich werde auch dafür sorgen, dass es nicht passiert. Ich wundere mich nur, dass ein Mann wie Sie willens ist, eine Frau zu nehmen, wie Sie sie gerade beschrieben haben."
„Ich habe Zweifel, dass ich fähig bin, in so einem Arrangement zurechtzukommen. Aber wenn ich Glück habe, finde ich vielleicht eine Frau, die ... interessanter ist als die, die mir bis jetzt vorgestellt worden sind. Denn letztendlich ist die Ehe etwas, das mich in den Augen meiner Familie annehmbarer machen wird." Sein Mund verzog sich bei den letzten Worten, und für einen Augenblick blitzte eine gewisse Trostlosigkeit in seinen Augen auf, bevor sie von ihren kalten Tiefen verschluckt wurde.
„Sie hören sich verbittert an", bemerkte Irene.
„Wie sollte ich mich denn sonst anhören?", fragte er hitzig. „Meine Familie behauptet, dass das gemeinsame Blut wichtig für sie ist. Davon habe ich bisher nichts bemerkt. Sie sind wenig erfreut darüber, ein Familienmitglied, Blut ihres Blutes, wiederzufinden. Sie interessiert nur, dass ich der Erbe bin. Einzig die Erbfolge ist es, was sie beschäftigt. Was ihre Gefühle mir gegenüber betrifft - sie haben keine. Ihre einzige Sorge ist, dass meine unzulängliche Erziehung sie beschämen wird. Also wollen sie, dass ich heirate, um diese Schande möglichst klein zu halten."
Irene musste vor seinem direkten Blick die Augen senken. Es war schwierig, ihm zu widersprechen.
„Ich bin im Slum im East End aufgewachsen", fuhr er mit einer beinahe ausdruckslosen Stimme fort. „Ich dachte, ich wäre eine Waise. Ich hatte keine Erinnerungen an diesen Ort oder an meine Eltern, außer vielleicht einem vagen Gefühl, von einer Frau im Arm gehalten zu werden. Ich erinnere mich nicht, wie sie aussah, nur an ihre Weichheit und den Duft von Veilchen. Meine früheste Erinnerung ist Hunger. Ich war immer hungrig. Ich gehörte einem Mann, der uns als Taschendiebe oder Einbrecher einsetzte. Ich war nützlich, weil ich durch kleine Öffnungen kriechen und dann für meine Komplizen ein Fenster oder eine Tür öffnen konnte. Ich war geschickt darin, Taschen zu leeren, und ich war schnell. Also war ich von Wert für ihn. Ansonsten hätte er mich hinaus in die Kälte gejagt. Aber so, wie es war, gab er mir Essen - auch wenn es nie genug zu sein schien und ich habe mir selbst Lesen, Schreiben und Rechnen beigebracht."
Irenes Herz zog sich vor Mitleid zusammen. „Es tut mir leid."
Er warf ihr einen Blick von der Seite zu und sagte rau: „Ich habe nicht um Ihr Mitgefühl gebeten. Ich erzähle Ihnen nur, wie mein Leben aussah. Das war meine Welt. Und dann kam eines Tages Rochford und teilte mir mit, dass ich Lord Radbourne sei und meine Familie mich zurückhaben wolle. Was soll ich denn bitte für sie empfinden? Sie sind Fremde für mich. Fremde, deren einziges Interesse an mir darin besteht, zu verhindern, dass ich den
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