Geheimnis Um Mitternacht
leicht von einem fünfjährigen Jungen hinters Licht geführt werden kann!"
„Es tut mir leid, Mylady", entgegnete Miss Tyning leise und knickste mit gesenktem Blick vor Teresa. „Ich ... ich dachte, er ... er spielt in seinem Zimmer, und ich ..."
„Er war nur im Garten", unterbrach Irene sie, die Mitleid hatte mit der Frau, weil sie Teresas Zorn zu spüren bekam. „Es ist nichts passiert."
Teresa wandte ihren strafenden Blick Irene zu. „Und Sie, eine unverheiratete Frau, wissen so viel über Kinder", sagte sie mit vernichtender Verachtung.
Doch Irene ließ sich nicht so leicht einschüchtern wie die Gouvernante und erwiderte Teresas Blick mit kühler Selbstsicherheit. „Ich wollte ganz bestimmt nicht die große Sorge, die eine liebevolle Mutter wie Sie fühlen muss, einfach abtun. Tatsächlich bin ich sehr überrascht, dass ich Timothy vorher noch nicht gesehen habe, denn ich bin mir sicher, Sie müssen viel Zeit mit ihm verbringen."
Teresa wollte offensichtlich gegen den ironischen Unterton von Irenes Worten protestieren, aber Irene sprach weiter, bevor sie etwas sagen konnte. „Auch wenn ich vielleicht nicht viel über Kinder weiß, vertraue ich doch sehr darauf, dass es nur wenig gibt, was Lord Radbournes Bruder auf dem Gelände von Radbourne Park Schaden zufügen könnte. Timothy war vielleicht nicht in Sichtweite des Hauses, aber er war definitiv nicht außer Hörweite, und ich wage zu behaupten, dass es Gärtner gibt, die hier arbeiten, und die ihm zu Hilfe kommen könnten. In der kurzen Zeit, die er draußen war, sind sowohl Lord Radbourne als auch ich hier vorbeigekommen. Also können Sie beruhigt sein, dass er nicht in Gefahr war."
Teresas Blick wirkte unverändert stechend. Ohne ihren Sohn oder die Gouvernante anzusehen, schnappte sie: „Miss Tyning, bringen Sie Timothy sofort hinein. Ich komme später hoch, um mit Ihnen beiden zu sprechen."
„Ja, Mylady." Wieder knickste die Gouvernante ehrerbietig vor Teresa und machte sich dann auf den Weg zurück zur Terrasse, wobei sie Timothy hinter sich her zog.
Der Junge drehte sich um, blickte zu Gideon und Irene zurück und winkte ihnen unbekümmert zu. Irene unterdrückte ein Lächeln, aber Gideon machte sich nicht die Mühe und winkte lächelnd zurück.
„Halten Sie sich von meinem Sohn fern!", fauchte Teresa ihn an.
Gideon wandte sich ihr zu, sein Blick hart und unnachgiebig. „Wie bitte?"
„Sie haben mich schon verstanden", sagte Teresa. „Es gibt keinen Grund, warum Sie Umgang mit ihm haben sollten."
„Er ist mein Bruder", erinnerte Gideon sie.
„Sie haben nichts mit ihm zu schaffen!", schoss Teresa zurück.
Gideon hob seine Augenbrauen ein wenig, sagte aber nichts.
Doch Teresa war noch nicht am Ende. „Sie ermutigen ihn, sich schlecht zu benehmen. Bevor Sie nach Radbourne Park kamen, ist er Miss Tyning lange nicht so häufig weggelaufen:"
„Er weiß, dass ich oft um diese Zeit in den Garten komme", gab Gideon zu. „Vielleicht hofft er, mich zu treffen.
Wenn wir eine Zeit festlegen, wann er und ich einen Spaziergang machen könnten, wäre er nicht so versucht wegzulaufen, und Sie müssten sich keine Sorgen machen, dass er in Gefahr gerät. Es wäre gut für ihn."
„Ich bin diejenige, die entscheidet, was gut für Timothy ist", giftete Teresa.
Nach diesem für Irene sehr vernünftig und großzügig scheinenden Vorschlag von Gideon schien Teresa sogar noch erzürnter zu sein als zuvor. Es gab nicht viele Männer, die sich um die Gesellschaft eines lebhaften Fünfjährigen bemühen würden, und sei es nur für wenige Minuten am Tag. Irene setzte an,Teresa ihre Meinung zu sagen, doch dann wurde ihr bewusst, dass sie die Frau vermutlich nur noch mehr verärgern und ganz sicher nicht Gideon und Timothy helfen würde.
Teresa redete weiter, wobei ihre Stimme immer mehr zu einem Kreischen wurde. „Denken Sie wirklich, ich lege Wert darauf, dass mein Sohn mehr Zeit mit Ihnen verbringt? Oder dass er wie ein Ladenbesitzer spricht und die Manieren eines Straßenjungen annimmt?"
Irene zog bei der Beleidigung scharf die Luft ein und warf einen schnellen Blick zu Gideon hinüber. Sein Gesicht wirkte versteinert. Er sah Teresa einen Moment lang an, die Lippen fest aufeinander gepresst.
Dann sagte er: „Ich denke, Sie sind übermäßig erregt, Mylady. Die Sorge um Ihren Sohn bringt Sie dazu, Dinge zu sagen, die Sie später bereuen werden. Ich schlage vor, dass wir beide diese Unterhaltung vergessen." Er verbeugte sich vor ihr.
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