Geheimnis Um Mitternacht
„Ohne Zweifel möchten Sie jetzt in die Kinderstube zurückkehren, um sich um Ihren Sohn zu kümmern."
Er wandte sich an Irene. „Lady Irene? Sollen wir unseren Spaziergang fortsetzen?"
„Ja, natürlich." Sie legte ihre Hand auf den Arm, den er ihr hinhielt, und sie entfernten sich von Teresa.
Gideons Muskeln waren wie Stahl unter ihren Fingern, und Irene warf einen schnellen Blick zu seinem Gesicht.
Seine Züge wirkten noch immer versteinert.
„Sie sollten Lady Radbournes Worte nicht ernst nehmen", sagte sie. „Sie ist eine Närrin."
„Das kann man nicht abstreiten", stimmte er ihr zu.
„Es tut mir leid."
„Was denn? Sie haben nichts getan."
„Ich weiß. Aber trotzdem tut es mir leid, dass sie ... unfreundlich war."
„Glauben Sie mir, ich bin schon mit weit Schlimmerem als Teresa fertig geworden." Er zuckte mit den Schultern.
„Wie auch immer, sie ist nur unhöflich - oder dumm - genug auszusprechen, was alle meine Verwandten denken."
„Nein. Ich bin mir sicher, das tun sie nicht", widersprach Irene. „Wie auch immer, Sie sprechen nicht wie ein Ladenbesitzer. Und Ihre Manieren - mm, vielleicht sind Sie nicht so geschliffen wie die mancher Männer, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich eine ganze Anzahl von Gentlemen kennengelernt habe, die erstaunlich schlechte Manieren haben."
Er lächelte, und sein Gesicht entspannte sich. „Versuchen Sie, mich zu trösten, Mylady?"
Sie hob das Kinn. „Ich sage nur die Wahrheit."
„Nun, die Wahrheit ist, ich war ein Straßenjunge."
„Ja, aber offensichtlich haben Sie mehr aus sich gemacht", stellte sie fest. „So wie ich es verstanden habe, hatten Sie bereits sehr gut für sich gesorgt, bevor der Duke of Rochford Sie fand."
Er sah sie an. „Ich habe viel Geld gemacht, das ist wahr."
„Nun, das allein ist schon bewundernswert", beteuerte sie. „Dass Sie sich aus der Situation befreiten, in der Sie sich befanden, dass Sie von dem Mann wegkamen, von dem Sie mir erzählt haben ..."
„Jack Sparks."
„Und Sie haben nicht länger gestohlen." Sie hielt inne und fügte dann mit leichter Besorgnis hinzu: „Das stimmt doch, oder?"
Gideon lachte. „Ja. Sie müssen sich keine Sorgen machen, dass die Polizei mich bis hierher verfolgen und ins Gefängnis werfen wird. All meine Geschäfte sind jetzt sauber. Das war nicht immer so, aber ich beschränke mich schon seit vielen Jahren auf legale Aktivitäten. Ich habe keinerlei Verlangen, mein Leben am Galgen zu beenden."
Sie gingen einen Moment schweigend weiter, dann fragte Irene: „Wie haben Sie es geschafft?"
„Aus dem Diebesgeschäft auszusteigen, meinen Sie?", fragte er mit einem überraschten Gesichtsausdruck. „Wollen Sie das wirklich wissen?"
„Aber ja, warum sollte ich das nicht wollen? Es muss eine höchst ungewöhnliche Geschichte sein."
„Es ist zumindest keine, die meine Familie hören will. Ihr Hauptinteresse besteht im Gegenteil darin, mich daran zu hindern, über meine Vergangenheit zu reden."
Irene zuckte die Schultern. „Nun, mich interessiert es. Es scheint mir, dass es Verstand und Mut erfordert hat."
„Ich denke, es war eher verdammter Egoismus als irgendetwas wie Verstand oder Mut", erwiderte er. „Ich fragte mich, warum ich einem anderen mein Geld geben soll, wenn ich die ganze Arbeit mache. Warum sollte ich mich mit den Krumen zufriedengeben? Also fing ich an, etwas von dem Geld, das ich den Leuten abnahm, zu verstecken und nicht alles Sparks zu geben. Ich schaffte es, mir ein wenig Fladen und eine Nadel zu beschaffen, und nähte eine verborgene Tasche in meine Hose. Aus jeder gestohlenen Börse nahm ich ein wenig Geld für mich und versteckte es dort. Ich musste einige Prügel einstecken, weil er dachte, dass ich nicht genug Geld einbrachte, aber ich fand, dass es das wert war. Später war ich dann groß genug, ihn daran zu hindern, mich zu schlagen."
Er machte eine Pause, und für einen Moment glaubte Irene, dass er nicht weiterreden würde. Aber schließlich sagte er: „Und nach einiger Zeit machte ich dann meine eigenen Geschäfte."
„Als Dieb?"
„Ich war vielleicht nicht immer ganz ehrlich, aber nein, mein Können war nicht am besten für Diebstahl geeignet.
Ich wurde zu groß, um gut durch Fenster klettern zu können oder unbemerkt durch die Menge zu schlüpfen. Ich war größer als die meisten und stärker. Ich wusste, wie man kämpft. Also verkaufte ich meine Dienste und beschützte Leute."
„Sie beschützten Leute? Wen?"
„Es gibt immer
Weitere Kostenlose Bücher