GEHEIMNISSE DER NACHT
während er sich kopfüber in den Wald stürzte und nach Schutz vor der Sonne suchte. Sein Herz brach, seine Gedanken rasten, aber all das trat an zweite Stelle hinter den lodernden Schmerz seines brennenden Fleisches. Er warf sich in einen Haufen Laub und vergrub sich immer tiefer darin, verteilte die Blätter und Zweige über und um sich, während er sich bis ganz auf den Grund des Haufens arbeitete.
Und dann saß er ganz still da und wartete darauf, dass der Schmerz verging, wartete ab. Er musste nachdenken. Er musste verstehen, warum das alles mit ihm geschah.
Doch plötzlich war sein Kopf so schwer. Viel zu schwer, und seine Augen, obwohl sie mit Tränen gefüllt waren, fielen ihm zu. Er kämpfte darum, wach zu bleiben. Gott, wie konnte er schlafen, wenn seine ganze Welt gerade auf den Kopf gestellt worden war? Aber diesem Schlaf konnte er nicht widerstehen. Im Grunde fühlte es sich gar nicht an wie Einschlafen. Es schien, dachte er, und Panik ergriff sein Herz, als würde er sterben …
Morgan stand auf und rannte aus dem Kinosaal. Dante, der zugesehen hatte, wie sein eigenes Leben sich auf der Leinwand entfaltete, und dabei immer ungläubiger und wütender geworden war, bemerkte, dass sie ging, stand langsam auf und folgte ihr. Sie hatte das getan. Irgendwie war diese Frau an seine Geheimnisse gekommen. Und sie hatte sie der ganzen Welt verraten.
Dafür musste sie bezahlen. Noch heute Nacht.
Lou hatte die gesamte DPI-Akte über den angeblichen Vampir, der sich Dante nannte, gelesen, ehe sie ein Kino fanden, in dem der Film noch lief, den Mad Max unbedingt sehen wollte. Er war vor ein paar Monaten herausgekommen, aber jetzt, wo er die Nominierung für das beste Drehbuch bekommen hatte, war er von einigen Kinos wieder ins Programm genommen worden. Während er noch las, machte Maxine ein Kino aus, in dem der Film lief, und dann kam sie und las über seine Schulter mit, weil noch zwei Stunden Zeit waren bis zur nächsten Vorstellung.
Also waren sie beide ganz gut auf dem Laufenden über den Mist in der Akte, als sie endlich im Kino saßen. Was bedeutete, er wusste es, und er wusste, dass sie wusste, dass da auf der Leinwand so ziemlich genau das passierte, was auch in der Akte stand. Natürlich nicht so trocken. Eigentlich sogar verdammt fesselnd.
Aber die Höhepunkte waren die gleichen. Zigeunerkind, erschossen, weil es eine Ziege gestohlen hatte, zu einem Vampir verwandelt von der exotischen Tante, die nicht älter wurde. Klar. Die Fiktion auf der Leinwand waren harte Fakten, wenn es nach dieser Regierungsbehörde ging. Der einzige Unterschied war, dass der Film Sympathie für diese Kreatur weckte. Er schien verwundet und einsam, verflucht und gejagt. In der Akte handelte es sich dagegen um ein wildes Tier, das geschlachtet werden musste.
Lou wusste verdammt genau, er konnte Maxine jetzt nie mehr davon überzeugen, dass beide Versionen Mist waren. Jetzt nicht mehr.
„Verstehst du jetzt, wovon ich rede, Lou?“
Er ging neben ihr die mit Teppich ausgelegte Rampe des Kinos hinauf. Jemand rempelte sie an, brachte sie aus dem Gleichgewicht, und er griff automatisch nach ihrem Oberarm. „Alles, was ich sehe, ist, dass deine streng geheimen Informationen anscheinend doch nicht so streng geheim sind.“
„Wenn das der Fall wäre, wüsste die Öffentlichkeit davon. Irgendein Reporter hätte schon längst alles herausgefunden.“
„Was, hast du die letzte Ausgabe des Enquirer verpasst? Ich bin mir sicher, die haben darüber geschrieben. Gleich neben dem Baby, das in einem Kürbis gefunden wurde, der noch an der Ranke hing, und der Häufung von Entführungen durch Außerirdische in Nirgendwo, Nebraska.“
Sie warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Wenn die Öffentlichkeit davon wüsste, stünde es in der Times .“
„Ja sicher.“
„Lou, die Sache ist echt. Wir haben die gleichen Fakten aus zwei verschiedenen Quellen. Diese Frau, diese Drehbuchautorin, weiß mehr darüber als wir beide zusammen. Wir müssen mit ihr sprechen.“
Er führte sie zu seinem Wagen, hielt ihr die Tür auf und setzte sich dann hinter das Steuer. „Ich will nicht mehr mit dir darüber sprechen. Morgen früh werde ich ein paar Leute anrufen, die mir noch einen Gefallen schulden.“
„Nein.“
„Ich habe einen Kumpel, der bei der CIA arbeitet. Kein hohes Tier, aber trotzdem … er wird wissen, wen man fragen muss wegen dieser … diesem DPI-Mist.“
„Lou, nein.“
„Ich bin ein Cop, Max. Ich schlucke keinen Fetzen
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