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GEHEIMNISSE DER NACHT

GEHEIMNISSE DER NACHT

Titel: GEHEIMNISSE DER NACHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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hin, Dante?“
    „Nach Hause. Zurück ins Dorf. Wo ich hingehöre.“
    „Du kannst jetzt nicht mehr dorthin zurück.“ Sie folgte ihm nicht. Sie blieb stehen, wo sie war, und sie schrie auch nicht. Wieso konnte er sie so deutlich hören, egal, wie weit er von ihr entfernt war? „Du bist jetzt ein Ausgestoßener. Genau wie ich.“
    „Du lügst“, brüllte er und rannte schneller und schneller.
    Als er sich dem Dorf näherte, wunderte sich der junge Mann, weil er keine Musik hörte. Es war ihre letzte Nacht in diesem Lager. Am Morgen wollten sie weiterziehen. Alles, was gepackt werden konnte, war gepackt. Heute Nacht sollte es ein riesiges Feuer geben, mit Musik und Tanz und Geschichten von früheren Abenteuern, erzählt mit der aufgeregten Erwartung von neuen, die in der Zukunft lagen.
    Stattdessen war es still. Er hörte das Feuer knistern und roch es lange, ehe er es hätte riechen sollen. Aber Stimmen hörte er kaum. Nur dann und wann ein Flüstern und das leise Rascheln von Stoff, wenn einer aus seinem Volk sich im Lager bewegte.
    Er trat aus den Bäumen und blieb ungläubig stehen. Seine Großmutter kniete neben einem großen Findling und rieb Kräuter mit Mörser und Stößel. Seine Vettern rannten nicht herum und spielten wie sonst, sie saßen einfach da und sahen ihr zu, die Augen feucht, die Schultern gebeugt. Die Männer hatten sich am anderen Ende des Lagers zusammengerottet und murmelten leise mit wütenden Gesichtern. Dante fragte sich, was sie so aufgebracht hatte. Sie sahen aus, als hätten sie etwas Gewalttätiges vor. Die Frauen scharten sich um das Zelt, das Dante und seiner Mutter gehörte. Und durch sie alle hindurch konnte er das leise, gebrochene Schluchzen seiner Mutter hören, das aus dem Zelt drang.
    Er fühlte sich vom Licht der Flammen angezogen. „Mutter?“, rief er. „Ihr alle, was ist geschehen?“
    Köpfe fuhren herum, Augen wurden aufgerissen und wendeten sich in seine Richtung. Er hörte, wie seine Mutter seinen Namen mit bebender Stimme aussprach, und dann schob sie sich durch die Frauen hindurch und trat aus dem Zelt.
    Im selben Moment trat die Großmutter ihr in den Weg und stellte sich genau zwischen die beiden. „Bleib fort!“, befahl sie Dante und hielt die Hände mit ausgestrecktem Zeigefinger und kleinem Finger empor. Sie zischte, während sie das Zeichen mehrmals in seine Richtung stach. „Bleib fort, sage ich!“
    Dante blickte sie erschreckt an. „Großmutter … was ist los? Ich bin es, Dante. Was …?“
    Seine Mutter schob die alte Frau zur Seite und kam näher. „Bist du es wirklich, mein Sohn? Dimitri hat gesagt, sie haben dich getötet. Erschossen, als du versucht hast, eine Ziege zu stehlen.“
    „Wenn du uns deswegen belogen hast …“ Die tiefe Drohung kam von Dimitris Vater.
    „Ich habe nicht gelogen! Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Er wurde erschossen. Der alte Mann hat beide Läufe seiner Flinte auf ihn abgefeuert.“
    „Du warst nicht einmal dabei!“, fauchte Dante seinen Freund an und verleugnete instinktiv die Wahrheit. Er wusste aus irgendeinem Grund, seine Familie würde ihn für eine Art Dämon halten, wenn er zugab, was wirklich geschehen war. Für einen Vampir würden sie ihn halten, wie auch Sarafina es behauptet hatte. Aber das stimmte nicht. Es stimmte einfach nicht!
    „Ich bin dir gefolgt, Dante.“ Dimitri sah ihn jetzt mit zusammengekniffenen Augen an, misstrauisch, vielleicht sogar ängstlich. „Ich wusste, dass du auf ein Abenteuer aus bist. Ich wollte mich dir anschließen, als ich gesehen habe, wie der alte Mann aus dem Haus gekommen ist. Ich habe gesehen, wie er geschossen hat. Ich habe gesehen, wie du gefallen bist.“
    „Und dann bist du weggerannt, nicht?“, fragte Dante und klammerte sich an den Gedanken wie ein Ertrinkender an einen Baumstamm. „Gib es zu. Du hast das Gewehr gehört, bist weggerannt und hast mich dort sterben lassen.“
    „Ich bin weggerannt.“ Dimitri neigte beschämt sein dunkles Haupt.
    „Seht ihr?“ Dante zwang sich zu einem nervösen Lächeln, als er zu seiner Mutter und seiner Großmutter blickte und dann zu den Männern, die sich um sie herum versammelt hatten. Die Frauen hatten ihre Kinder zu sich geholt und standen so weit von ihm entfernt wie möglich. Es waren so viele große braune Augen auf ihn gerichtet. „Er ist nicht lange genug geblieben, um zu sehen, dass der Schuss des Mannes mich gar nicht getroffen hat. Ich habe mich nur erschreckt, deshalb bin ich hingefallen. Ich

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