Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
Historikerin
Publizistisch unterstützt wurde Willys Tournee durch zahlreiche Interviews, die der geschäftstüchtige Neffe bereitwillig im ganzen Land gab. Krönender Höhepunkt war eine groß aufgemachte Story in der populären Illustrierten Look . Unter der Überschrift »Warum ich meinen Onkel hasse« beschrieb William Patrick seine Odyssee und das letzte Zusammentreffen mit seinem »diktatorischen« Verwandten: »Seine rachsüchtige Brutalität an jenem Tage machte mir Angst, ich fürchtete um meine persönliche Sicherheit.« Sein Vater Alois sei ebenso eingeschüchtert gewesen: »Er lebt in Todesangst und fürchtet jede Publizität. Er ahnte, daß ich Deutschland verlassen und von nun an frei reden würde.«
Hitler in der Navy
Zwei Jahre lang tourte Willy durch die USA und Kanada. Doch mit dem Voranschreiten des Krieges in Europa verlor das Publikum langsam das Interesse an seinen »Enthüllungen« über den deutschen Diktator. Schließlich wurde er nur noch in der Provinz gebucht und trat in Clubhäusern und Kleinstadtsälen auf. Als im Dezember 1941 das Deutsche Reich den USA den Krieg erklärte, entschied William Patrick Hitler, dass nun der Zeitpunkt gekommen war, um mit echten Waffen gegen seinen Onkel zu kämpfen. Der Dreißigjährige meldete sich freiwillig in einem New Yorker Rekrutierungsbüro, wurde gemustert und für voll tauglich befunden. Doch der US-Armee kamen dann doch Bedenken: Auf einem ihrer Formulare mussten die Bewerber routinemäßige Fragen beantworten, darunter auch diese: »Ich habe folgende lebende Verwandte, die in den Streitkräften der folgenden Länder dienten oder dienen«: William Patrick schrieb wahrheitsgemäß: »1. Thomas Dowling, Onkel, England, 1923–1926, Royal Air Force; 2. Adolf Hitler, Onkel, Deutschland, 1914–1918, Gefreiter«. Die Armee lehnte den Antrag ab – Sicherheitsrisiko. Wieder einmal hatte sich der Name als Fluch erwiesen. Doch so schnell gab William Patrick nicht auf. Gewöhnt, mit Staatsoberhäuptern zu verhandeln, wandte er sich im März 1942 in einem dreiseitigen Brief direkt an den Präsidenten der Vereinigten Staaten, Franklin D. Roosevelt, und bat diesen um Unterstützung.
»Mein Erfolg als Dozent hat mich zu dem vielleicht am besten besuchten politischen Vortragsredner gemacht, und die Polizei musste häufig die tobenden Menschenmengen zurückhalten, die Zutritt zu meinen Veranstaltungen in Boston, Chicago und anderen Städten verlangten.«
William Patrick Hitler, Brief vom 3. März 1942 an den amerikanischen Präsidenten Roosevelt
Pathetisch formulierte er darin: »Ich bin nur einer von vielen, aber ich habe ein Leben, das ich dafür hergeben kann, daß diese großartigen Sache … am Ende triumphiert.« Und er fügte hinzu: »Mehr als alles andere ist es mein Wunsch, so schnell wie möglich aktiv kämpfen zu können und dabei von meinen Freunden und Kameraden in diesem bedeutenden Freiheitskampf als einer der ihren akzeptiert zu werden.« Der Brief zeigte Wirkung, jedoch nicht im Sinne William Patricks. Präsident Roosevelt bat den Chef des FBI höchstpersönlich, diesen merkwürdigen Zeitgenossen genauer unter die Lupe nehmen zu lassen. Während der nächsten zwei Jahre sammelten die Agenten Zeitungsartikel, überprüften Zeugenaussagen und luden William Patrick mehrfach zu eingehenden und langwierigen Befragungen vor. Am Ende stand ihr Urteil fest: Der Neffe war sauber. Und FBI-Direktor Edgar Hoover bestätigte: »Es konnten keinerlei Hinweise darauf gefunden werden, daß er in irgendwelche subversive Aktivitäten verwickelt war.«
»Ein außerordentlich faules Individuum, das keine Initiative hat und ständig nach einer Position sucht, in der man nicht viel arbeiten muß, aber gut bezahlt wird.«
FBI-Bericht über William Patrick Hitler, 1942
Nun stand der Aufnahme in die Streitkräfte nichts mehr im Wege, und im März 1944 überraschte die amerikanische Wochenschau mit der Meldung: »Hitler tritt in die Navy ein! – P.S.: Es ist nicht Adolf Hitler. Es ist der Neffe des Führers, der vor fünf Jahren hierhergekommen ist. Das wird Onkel Schicklgrubers Herz brechen!« Vor laufenden Kameras legte William Patrick den Eid auf die Verfassung der Vereinigten Staaten ab und wurde offiziell als Rekrut in die US-Navy aufgenommen. Entschlossen verkündete er: »Als Mitglied der Streitkräfte hoffe ich aktiv an der Beseitigung meines Onkels mitwirken zu können, der so viel Unglück über die Welt gebracht hat.«
»Hitler tritt in die Navy
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