Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
ein!«: Der Eintritt William Patricks in die US-Marine wurde 1944 öffentlichkeitswirksam inszeniert.
Getty Images, München (Keystone)
Doch sein Beitrag im Kampf gegen den Verwandten blieb gering. Nach der Grundausbildung wurde William Patrick den Bautruppen der Navy zugeteilt und blieb auf dem amerikanischen Kontinent stationiert – als Labortechniker einer Sanitätsabteilung. Ein letztes Mal noch klickten die Kameras, als William Patrick Hitler nach dem Krieg ehrenhaft entlassen wurde, dann wurde es still um den einst so öffentlichkeitshungrigen Neffen. Sehr still sogar, denn jetzt hatte der Neffe Angst, dass ihm die Verwandtschaft zu dem Jahrhundertverbrecher zum Verhängnis werden könnte. Oder hatte gar ein Sinneswandel stattgefunden? Zwar versuchte er, sämtliche Hinweise auf seine Verwandtschaft zu tilgen, und änderte vollständig seinen Namen: Aus William Patrick Hitler wurde Patrick Alexander Stuart-Houston. Doch seltsamerweise erinnerte der neue Nachname auffallend an ein geistiges Vorbild Adolf Hitlers, den britischen Antisemiten Houston Stewart Chamberlain. Und seinen erstgeborenen Sohn nannte er Alexander Adolf.
Sie lebten sehr zurückgezogen, und ich wurde auch nie in ihr Haus eingeladen. Ich weiß nicht, ob dort überhaupt jemand Fremder hineinkam. Wenn Phyllis zu meiner Schwiegermutter herüberkam, war sie immer in Eile. Ich würde nicht sagen, dass sie geheimnisvoll lebten – aber eben sehr zurückgezogen. Da war immer so eine Grenze, die man nicht überschritt: Man fragte nicht allzu viel.
Marilyne Banaszak, Willys Nachbarin auf Long Island
Seine Ehefrau Phyllis, eine Deutsche, hatte er 1948 als sogenannte »Kriegsbraut« in die Staaten kommen lassen. Als die junge Berlinerin im Hamburger Hafen den Truppentransporter »Topa Topa« betrat, tauschte sie ein Leben im zerstörten Nachkriegsdeutschland gegen eine Zukunft an der Seite eines Hitler. Von nun an half sie, das Geheimnis ihres Mannes um jeden Preis zu hüten – mit Erfolg. Wohl niemand in der Kleinstadt Patchogue auf Long Island ahnte, wer die Familie in Wirklichkeit war, die hier nach außen ein ganz normales »amerikanisches« Leben führte.
»Gut gehütetes Geheimnis«: William Patrick und seine Ehefrau Phyllis mit ihrem erstgeborenen Sohn Alexander.
Verlag Florian Beierl, Berchtesgaden
William Patrick Hitler starb 1987, ohne je wieder an die Öffentlichkeit getreten zu sein. Diese Vorsicht lassen auch seine Söhne walten. Die letzten männlichen Nachkommen der Familie Hitler – Willys Söhne Alexander, Louis und Brian – leben auf Long Island und blocken jeden neugierigen Fragesteller ab. Ein offenes Bekenntnis zur lästigen Verwandtschaft könnte ihr Leben für immer verändern – und das zerstören, was sie an Normalität aufgebaut haben. Ihre Familiengeschichten geben sie nicht preis – zumindest in diesem Punkt gleichen sie ihrem berühmt-berüchtigten Verwandten, der so unrühmlich in die Geschichte einging.
Familienschicksal im Waldviertel
William Patrick Hitler musste nach dem Krieg nur seinen Namen ändern, um ein normales Leben führen zu können und dem Fluch, mit Hitler verwandt zu sein, zu entgehen. Für die zahlreichen Cousins und Cousinen in Hitlers alter Heimat sah die Situation ganz anders aus. Als die Rote Armee im April 1945 auch im österreichischen Waldviertel einmarschierte, begann eine intensive Suche nach den Angehörigen des ehemals größten Tyrannen Europas. Quasi als Ersatz für den Diktator selbst, der sich den Russen durch seinen Selbstmord entzogen hatte, mussten nun seine noch lebenden Verwandten herhalten. Der Befehl aus Moskau lautete »Kollektivhaft«, und unter dem Motto »Hitler-Blut kaputt« begann die Jagd auf die noch lebenden Verwandten Adolf Hitlers.
Von Familiengeschichte habe ich gar keine Ahnung. Auf dem Gebiet bin ich der Allerbeschränkteste. Ich habe auch früher nicht gewußt, daß ich Verwandte habe. Erst seit ich Reichskanzler bin, habe ich das erfahren.
Hitler bei einem Tischgespräch, aufgezeichnet von Henry Picker
Hitlers Cousine Maria Koppensteiner wurde am 30. April 1945 beim Brotbacken in ihrem Heimatdorf von den Rotarmisten verhaftet. Ihr Mann Ignaz, der seine Frau nicht im Stich lassen wollte, ging freiwillig mit. Die vier Kinder der Koppensteiners blieben allein auf dem Hof der Eltern zurück. Noch heute lebt hier einer der beiden Söhne, der Landwirt Adolf Koppensteiner. Nur ein einziges Mal hat er mit Journalisten über das Schicksal seiner Familie und das
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