Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
Das tut so wohl.«
Rommel, Brief an seine Schwester Helene, 3. August 1914
Rommel, 1891 als Sohn eines Schulrektors in Heidenheim geboren, hatte im August 1914 als Leutnant den Beginn des Ersten Weltkriegs erlebt und war Ende 1915 als Kompaniechef beim neu aufgestellten Württembergischen Gebirgsbataillon erstmals mit Führungsaufgaben betraut worden. Diese Elitetruppe wurde überall dort eingesetzt, wo im Gebirgskrieg geballte Schlagkraft an vorderster Front vonnöten war – in den Hochvogesen gegen die Franzosen, in den Waldkarpaten gegen die Rumänen und schließlich an der Isonzofront in den Julischen Alpen gegen die Italiener. Hier gelang dem 25-jährigen Rommel 1917 mit der Erstürmung des Monte Matajur ein erstes Husarenstück, das bereits alle Ingredienzien seiner späteren militärischen Erfolge aufwies: Überraschung und Kriegslist, Ehrgeiz und Eigeninitiative, Sturheit und (wenn nötig) Ignorieren von Befehlen höherer Dienstgrade.
Im Grunde genommen blieb er immer der gleiche Leutnant im Erfassen der Augenblickssituation und dem sich daraus ergebenden blitzartigen Handeln.
Kurt Hesse, Offizier der Reichswehr
Im Mai 1915 hatte Italien trotz eines bestehenden Bündnisvertrags Österreich-Ungarn den Krieg erklärt. In den Alpen waren die Fronten freilich ähnlich wie in Flandern und Nordfrankreich schon bald zum Stellungskrieg erstarrt. In elf blutigen Schlachten hatten die Kriegsparteien seither versucht, diese Erstarrung aufzubrechen, konnten aber immer nur minimale Geländegewinne zur einen oder anderen Seite hin erzielen. Jetzt wollten die Österreicher in einer zwölften Isonzoschlacht die endgültige Entscheidung erzwingen. Helfen sollten ihnen dabei Truppenkontingente ihres deutschen Bundesgenossen – darunter auch die württembergischen »Gebirgler«.
In den frühen Morgenstunden des 24. Oktober 1917 begann bei strömendem Regen die Großoffensive. Rommel stand an der Spitze einer Abteilung, die etwa 500 Mann umfasste. Rasch konnte er die weniger gut gesicherten ersten beiden Linien der Italiener durchbrechen, doch dann wurde er gestoppt – nicht durch feindliches Feuer, sondern durch eigene Vorgesetzte. Der Kommandeur eines neben den Württembergern kämpfenden bayerischen Infanterieregiments verlangte, dass Rommel sich seinen Befehlen unterstellte – und die ließen nur einen Schluss zu: Die Ehre der Gipfelerstürmung sollte seinen Bayern und nicht den Württembergern zufallen. Rommel fügte sich zähneknirschend. Erst am nächsten Morgen konnte er seinen Vormarsch fortsetzen. Während die Bayern frontal zum Kampf um den Gipfel antraten, wählte Rommel eine andere, für ihn typische Taktik: Er umging die italienischen Stellungen auf halsbrecherischen Pfaden, wobei seine Männer ihre schweren MG auf den Schultern tragen und gewaltigeHöhenunterschiede bewältigen mussten. Bald sah sich Rommels Abteilung einer geballten Streitmacht der Italiener gegenüber, und er musste nun entscheiden, wie er sich angesichts dessen verhalten sollte: Rückzug – und damit Aufgabe des gewonnenen Terrains – oder Angriff trotz offensichtlicher eigener Unterlegenheit? Wie so oft in seiner späteren militärischen Karriere entschied sich Rommel für die zweite Variante – und sollte damit Erfolg haben. Mit viel Glück und unter Ausnutzung des Überraschungsmoments gelang es ihm, die feindlichen Truppen zu überwältigen. Am Ende des Tages hatte seine Abteilung gewaltige Geländegewinne erzielt und mehr als 3000 Gefangene gemacht.
Nun blieb noch die endgültige Eroberung des Gipfels, doch gerade als Rommels Abteilung sich zum Angriff formieren wollte, traf ein Befehl seines Regimentskommandeurs ein. Dieser hatte aus der großen Zahl der Gefangenen den Schluss gezogen, dass der Monte Matajur bereits erobert sei, und ordnete jetzt den Rückzug an. Rommel dachte jedoch gar nicht daran, diesem Befehl Folge zu leisten. Mit dem Rest seiner Leute – ihm blieben gerade noch 100 Mann und sechs Maschinengewehre – ging er weiter vor. Nun kam ihm zugute, dass die Italiener bereits so demoralisiert waren, dass sie scharenweise die Waffen streckten. »Um 11.40 Uhr des 26. Oktober 1917«, so schrieb Rommel später stolz, »verkünden drei grüne und eine weiße Leuchtkugel, daß das Matajur-Massiv gefallen ist. Ich ordne für meine Abteilung eine einstündige Gipfelrast an. Sie ist wohlverdient.« In der Tat hatte Rommel seine Männer nicht nur bis an die Grenze ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit belastet, er
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