Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
immer wieder an den Grenzen gerieben, die durch die militärische Tradition Deutschlands gezogen waren. Nicht nur seine Erfahrungen vom Monte Matajur hatten ihm gezeigt: Leistung allein hatte nicht genügt in der kaiserlichen Armee. Herkunft und Dienstalter gingen vor.
Wie die meisten Berufsoffiziere sah sich auch Rommel nicht als Politiker, sondern als Soldat mit der Pflicht zum Gehorsam.
Manfred Rommel, Sohn
Auch in der Weimarer Republik fühlte sich Rommel zurückgesetzt. Trotz mehrerer Versuche wurde er nicht zur Generalstabsausbildung zugelassen. Rommels Sohn Manfred meint, dass sich sein Vater schließlich selbst nicht mehr um die Versetzung in den Generalstab bemüht, dies jedoch später als Fehler bezeichnet habe. Auf der anderen Seite erkannten Rommels Vorgesetzte seine Leistungen durchaus an. Sie bescheinigten ihm einen »kristallklaren Charakter, selbstlos, schlicht und bescheiden, bei den Kameraden beliebt, von den Untergebenen hoch verehrt« oder lobten ihn, wie der Kommandeur der Infanterieschule und spätere Generalfeldmarschall Wilhelm List, als »vorzüglichen Soldaten«.
Ende 1916 hatte er während eines kurzen Fronturlaubs Lucie Mollin geheiratet, die er fünf Jahre zuvor während eines Lehrgangs an der Kriegsschule in Danzig kennengelernt hatte. Es wurde eine glückliche Ehe, die gleichwohl zwölf Jahre kinderlos blieb, ehe im Dezember 1928 Sohn Manfred auf die Welt kam. Damit, so schien es, war die kleine Familie komplett. Auffällig enge Beziehungen unterhielten die Rommels freilich zu einem Mädchen, das der kleine Manfred nurals seine Cousine Gertrud kannte. Erst sehr viel später sollte er die Wahrheit erfahren – Gertrud war nicht seine Cousine, sondern seine Halbschwester.
»Ich habe sie mehr lieb als mich selbst«: Rommel mit Walburga Stemmer, der Mutter seiner Tochter Gertrud.
MPR Film und Fernsehproduktion, München (Maurice Remy)
Nach seiner Rückkehr aus Danzig Ende 1911 hatte Erwin Rommel in Weingarten die Bekanntschaft der 20 Jahre alten Walburga Stemmer gemacht. Schnell wurden die beiden ein Paar, doch an eine Heirat war nicht zu denken: Walburgas Familie war verarmt, weil ihr Vater das einstmals stattliche Vermögen durchgebracht hatte. Auch Rommel selbst fehlte damals das für einen standesgemäßen Offiziershaushalt notwendige Hab und Gut. Als Rommels Vater im Sommer 1913 von der Affäre Wind bekam, forderte er von seinem Sohn, sich sofort von Walburga zu trennen. Doch dieser widersetzte sich – aus gutem Grund: Seine Braut war im fünften Monat schwanger. Erwin Rommel senior erlebte die Geburt seines unehelichen Enkelkinds nicht mehr: Drei Tage bevor die kleine Gertrud das Licht der Welt erblickte, starb er. Für seinen Sohn war es eine verzwickte Situation: Was sollte der junge Leutnant jetzt tun? Wie in Familienbesitz befindliche Briefe Rommels an seine »Walburg« zeigen, schien er eine Zeit lang sogar mit dem Gedanken zu spielen, die Armee zu verlassen und die Mutter seines Kindes zu heiraten. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im darauffolgenden Sommer beendete dann alle Spekulationen in dieser Richtung. Ohne Gesichtsverlust konnte Rommel jetzt den Dienst nicht mehr quittieren.
»Sollte ich … fallen, habe ich nur den einen Wunsch, die arme Trudel und Walburg versorgt zu wissen.«
Rommel, Brief an seine Schwester Helene, 3. August 1914
»Cousin und Cousine«?: Erst als Jugendlicher sollte Manfred Rommel (links) erfahren, dass Gertrud (rechts) in Wahrheit seine Halbschwester war.
MPR Film und Fernsehproduktion, München (Maurice Remy)
Gleichwohl kümmerte er sich weiter in geradezu rührender Weise um Walburga und Gertrud. An seine Schwester richtete er kurz vor dem Abmarsch ins Feld die Bitte, sich im Falle seines Todes der beiden anzunehmen und seine eigene Lebensversicherung in Höhe von 10000 Mark zur Sicherung des Lebensunterhalts von Walburga und Gertrud zu verwenden. »Mutter und Du sind sicherlich so lieb und erfüllen mir diesen letzten Wunsch«, schrieb er in einem Brief. »Ist es mir vergönnt, gesund zurückzukehren, so ist mein einziges Ziel, Trudel gut erziehen zu lassen und Walburg mit Rat und Tat unter die Arme zu greifen. Ich habe es mit wenig Mitteln bisher fertiggebracht, ich kann jedem Vergnügen mit Freuden entsagen, wenn ich den beiden etwas Gutes tun kann, ich habe sie mehr lieb als mich selbst. Ich will gutmachen, was ich gefehlt.«
»Glückliche Ehe«: Mit Ehefrau Lucie verband Erwin Rommel eine tiefe Liebesbeziehung. Foto aus dem
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