Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
Jahr 1917.
Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart
Unklar ist, warum sich Rommel schließlich doch von der Mutter seines Kindes lossagte und seinen Danziger Schwarm Lucie Mollin heiratete. Erschien ihm die Ehe mit der Rektorentochter standesgemäßer als die Beziehung zu der mittellosen Walburga? Fakt ist, dass Rommel sie und Töchterchen Gertrud weiter unterstützte. Walburga Stemmer ihrerseits blieb ihrem Erwin stets in Liebe verbunden. Je länger die Ehe Rommels kinderlos blieb, desto mehr hoffte sie, dass er eines Tages zu ihr zurückkehren würde. Die Nachricht von der Schwangerschaft Lucie Rommels traf sie dann wie ein Schlag. Zwei Monate vor der Geburt von Manfred Rommel starb sie in Weingarten – nach offizieller Lesart an einer Lungenentzündung. Doch ihr Enkel Josef Pan, Gertruds Sohn, erklärt: »Später erzählte der Hausarzt der Familie, dass Walburga sich das Leben genommen habe.« Nun kümmerten sich Erwin Rommel und seine Frau um die inzwischen fünfzehnjährige Gertrud, die in der Folgezeit bei ihrer Großmutter in Weingarten aufwuchs. War der Makel eines unehelichen Kindes der Grund dafür, dass Rommels Laufbahn in einer noch immer nach althergebrachten Traditionen geführten Reichswehr lange Jahre so wenig Fortschritte machte? Sollte es so gewesen sein, so brach nun eine neue Zeit an, die nicht nur solche Ehrbegriffe wegwischte.
Rommels Familie im Jahr 1930: Tochter Gertrud, Ehefrau Lucie, Mutter Helene, Sohn Manfred und Schwester Helene (vorn, v.l.n.r.).
Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart
Eine neue Zeit
Nur sehr wenig ist darüber bekannt, wie Rommel gegenüber dem aufkommenden Nationalsozialismus eingestellt war. In der Weimarer Republik war ihm als Offizier der Reichswehr jede politische Betätigung untersagt. Auch nach der »Machtergreifung« trat er nicht in die NSDAP oder eine ihrer Gliederungen ein. In den ersten Jahren der NS-Herrschaft, als Hitler seine Macht konsolidierte und auch auf die alten militärischen Eliten Rücksicht nehmen musste, dürfte es Rommel wie vielen anderen Konservativen schwergefallen sein, nicht das in ihren Augen »Positive« am neuen Staat zu sehen. Wenn ein starker Führer militärische Tugenden wie Gehorsam, Disziplin und Ordnung zu schätzen schien – welcher Offizier wollte ihm das angesichts der unhaltbaren Zustände im Reich vorwerfen? Wenn die Knebelketten des Versailler Vertrags endlich abgeworfen werden sollten – welcher Patriot hätte dieser Forderung Hitlers widersprechen sollen? Wenn die Armee modernisiert und verstärkt werden würde – was hätte ein Berufssoldat wie Rommel dagegen einwenden sollen? Wenn der neue Reichskanzler am »Tag von Potsdam« vor der Garnisonkirche der preußischen Tradition seine Reverenz erwies, welchem Frontkämpfer hätte er da nicht aus der Seele gesprochen – selbst einem Schwaben wie Rommel?
Spätestens mit Hitlers Entscheidung für die Wehrmacht und gegen Röhms SA am 30. Juni 1934 schien es eine weitgehende Interessenidentität zwischen dem Diktator und seiner Armee zu geben – gemeinsame Ziele, die es nun vereint zu erreichen galt. Dass diese Inszenierung eine bewusste Irreführung war – wie viele Deutsche wussten dies damals oder ahnten es auch nur? Rommel gehörte zu denen, die sich täuschen ließen. »Bei diesem Anlaß hätte man mit der ganzen Blase aufräumen sollen«, äußerte er nach dem »Röhm-Putsch« – und meinte damit die zahlreichen, in Armeekreisen ungeliebten »Parteibonzen« und »Goldfasane«, mit denen Hitler sich umgab. Rommel übersah, dass die kaltblütige Beseitigung der SA-Führung nur der Auftakt zu einem ganz anderen Spiel war – einem Spiel, in dem ihm noch eine besondere Rolle zukommen sollte.
Im Oktober 1933 hatte der inzwischen zum Major beförderte Rommel eine neue Aufgabe als Bataillonskommandeur in einem Goslarer Infanterieregiment übernommen, den »Goslarer Jägern«. In dieser Funktion traf er zum ersten Mal persönlich den Mann, der inzwischen zum »Führer und Reichskanzler« aufgestiegen war. Im September 1934 besuchte Hitler den »Reichsbauerntag« in Goslar, der in der alten Kaiserstadt mit dem üblichen NS-Pomp aus Aufmärschen, Reden und Militärparaden zelebriert wurde. Rommels Aufgabe an diesem Tag war es, eine Ehrenkompanie vor der Kaiserpfalz zu befehligen. Es heißt, es habe Reibereien mit der SS gegeben, die üblicherweise für den Schutz Hitlers zuständig war. Rommel habe damit gedroht, seine Männer abzuziehen, wenn man
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