Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
dem der Usurpator den in Böhmen und Mähren einmarschierenden deutschen Truppen auf dem Fuß zu folgen gedachte.
An der Landesgrenze kam die Frage auf, ob Hitler direkt auf kürzestem Weg nach Prag fahren oder auf zusätzlichen Begleitschutz durch sein persönliches SS-Kommando warten sollte. Während sämtliche anwesenden Militärs für die zweite Option votierten, war es Rommel, der Hitler überzeugte: »Es gibt für Sie, mein Führer, nur den Weg in das Herz des Landes, in die Hauptstadt, auf die Burg von Prag.« In der Tat machten sich Hitler und Rommel schließlich kaum geschützt im offenen Wagen auf den Weg. Die durchaus nicht ungefährliche Hatz durch Feindesland mag das Gefühl der Verbundenheit zwischen den beiden Frontkämpfern des Ersten Weltkriegs bestärkt haben.
Die »Gespensterdivision«
Schon der deutsche Einmarsch in Prag war keiner jener populären »Blumenkriege« mehr gewesen – im Gegensatz zum »Anschluss« Österreichs oder der »Heimholung« des Sudetenlands waren die Soldaten der Wehrmacht auf den Vormarschstraßen nicht mit ekstatischem Jubel begrüßt worden, sondern zumeist mit eisigem Schweigen. Als im Sommer 1939 dann die Krise mit Polen auf einen Höhepunkt zusteuerte, standen erstmals alle Zeichen auf Krieg – allein Rommel wollte es nicht wahrhaben. Er war der tiefen Überzeugung, dass Hitler, der als Frontsoldat die Schrecken des Krieges kennengelernt habe, alles tun werde, um den Frieden zu erhalten. Am 23. August wurde er erneut ins »Führerhauptquartier« versetzt, nachdem er zu Anfang des Monats zum Generalmajor befördert worden und damit endgültig in die Ränge der Wehrmacht-Generalität aufgestiegen war. Noch am Vorabend des Angriffstags schrieb er seiner Frau: »Ich glaube doch, daß es ohne schwerere kriegerische Verwicklungen abgehen wird.« Offenbar vertraute er den Beteuerungen Hitlers, ihm ginge es allein um den polnischen »Korridor«, der seit dem Inkrafttreten des Versailler Vertrags Ostpreußen vom übrigen Reichsgebiet trennte.
»Von ihm [Hitler] geht eine magnetische, vielleicht hypnotische Kraft aus, die ihren tiefsten Ursprung in dem Glauben hat, er sei von Gott oder der Vorsehung berufen, das deutsche Volk ›zur Sonne empor‹ zu führen.«
Rommel, 1939
Zunächst unterschied sich Rommels Dienst kaum von seinen vorangegangenen Einsätzen beim »Führerbegleitkommando«, außer dass Hitlers Entourage jetzt einer kämpfenden Truppe folgte. Umso mehr bewunderte Rommel Hitlers persönlichen Mut, der in diesen Tagen im offenen Wagen zahlreiche Truppenbesuche absolvierte – und dies in Gegenden, die noch keinesfalls befriedet waren, sondern zur Kampfzone zählten. »Es schien ihm Vergnügen zu machen, im Feuer zu stehen«, so Rommel später. Hitler seinerseits verstand es, sich mit kleinen Gesten und Gunstbeweisen die Wertschätzung seines Generals zu sichern. Rommel durfte an den Lagebesprechungen teilnehmen und sich dort manchmal sogar zu Wort melden. In den Briefen des Vielschreibers an seine Frau kam die wachsende Begeisterung für den Diktator zum Ausdruck: »Bin viel mit dem Führer zusammen. Dies Vertrauen ist für mich die größte Freude, mehr als mein Generalsrang«, hieß es etwa. Jede freundliche Bemerkung, jede noch so kleine Aufmerksamkeit Hitlers schilderte er in seinen Mitteilungen nach Hause. »Er ist außerordentlich freundlich zu mir«, »gestern Abend durfte ich neben ihm sitzen« oder »komme nun öfters mit ihm ins Gespräch«. Der unpolitische Soldat geriet nun immer mehr in den Bann des Diktators.
»Eine hypnotische Kraft«: Als Kommandeur des »Führerbegleitkommandos« während des Polenfeldzugs 1939 geriet Rommel immer mehr in den Bann des Diktators.
Bayerische Staatsbibliothek, München (Fotoarchiv Hoffmann)
Er bewunderte an Hitler, dass »er sofort die wesentlichen Punkte erfassen und aus ihnen eine Lösung ableiten« könne. In quasipersönlichen Audienzen, die der Diktator ihm gewährte, erläuterte ihm der »Führer« das Zusammenwirken von Panzern, Sturmtruppen und Luftwaffe und betonte immer wieder, dass schnelle Siege dem Feind jede Chance zur Verteidigung nehmen müssten. »Ich hatte den Eindruck, dass Rommel jedes Wort des Führers gierig in sich aufsog«, berichtete Hitlers Kammerdiener Heinz Linge später. Zu seiner großen Freude konnte Rommel feststellen, dass sich Hitlers Auffassungen eines modernen Krieges mit seinen eigenen deckten. Der Einsatz von Panzern und gepanzerten Verbänden, die in Polen mit ihrer
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