Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
hohen Geschwindigkeit und geballten Feuerkraft tief ins Feindesland vorstießen, sei zwar eine ganz neue Art von Kriegführung gewesen, so der Militärhistoriker und Rommel-Biograf David Fraser. Es sei jedoch ein Krieg gewesen, wie Rommel ihn im Grunde bereits mit seinem Gebirgsschützenbataillon geführt habe. »Er war schon immer davon überzeugt, dass Stoßkraft, Überraschung und Konzentration den Erfolg brachten, und hatte schon immer an die Wirksamkeit des raschen Vorstoßens in Flanke und Rücken des Feindes geglaubt, wobei auf andere Risiken kaum Rücksicht genommen werden dürfe. Schon als unerfahrener junger Leutnant war er instinktiv davon überzeugt gewesen, dass es im Krieg auf Kühnheit und Beweglichkeit ankomme. In Polen sah er mit Genugtuung die moderne Anwendung seiner eigenen militärischen Grundsätze und … die Bestätigung dessen, was er unablässig gepredigt hatte.«
Die Zukunft gehört dem Panzer als Mittelpunkt eines jeden taktischen Denkens.
Rommel
Insofern war es nur folgerichtig, dass er auf Anfrage des Heerespersonalamts nun um das Kommando über eine Panzerdivision bat. Die »Stoppelhopser« von der Infanterie hatten für Rommel endgültig ausgedient, er wollte seinen Krieg an vorderster Front nun so schnell und beweglich führen, wie es nur mit Panzern möglich war. Die Bedenken des Personalamts, ob der Infanterieoffizier überhaupt die Einsatzmöglichkeiten der Panzerwaffe kenne, konnte er jedoch offenkundig nicht sofort zerstreuen – er wurde zunächst auf eine Gebirgsjägerdivision verwiesen. Es war wohl Hitler persönlich, der sich nachdrücklich für Rommel einsetzte und ihm im Februar 1940 den Befehl über die im Rheinland stationierte 7. Panzerdivision verschaffte.
Er kommandierte damit eine Panzereinheit, die entsprechend den Vorstellungen von General Heinz Guderian organisiert war und beim Westfeldzug eine Speerspitze des Angriffs bilden sollte. Der »Vater der deutschen Panzerwaffe« stimmte mit Rommels Ansichten über moderne Kriegführung überein. In seinem Standardwerk Achtung – Panzer! hatte Guderian betont, es komme vor allem darauf an, immer in Bewegung zu bleiben und dem Feind durch die Wucht des eigenen Angriffs keine Möglichkeiten zum Aufbau von Verteidigungsstellungen zu lassen. Diese Taktik hatte mit den althergebrachten Grundregeln militärischen Handelns – etwa Sicherung der Flanken und Deckung der vorgehenden Spitzen – nichts mehr zu tun. Entsprechend wurde sie von den Traditionalisten in der Wehrmachtführung abgelehnt, wenn nicht gar regelrecht angefeindet. Dennoch stimmte Hitler einem Operationsplan zu, der auf Guderians Prämissen basierte und schließlich einen nicht für möglich gehaltenen triumphalen Sieg über Frankreich ermöglichte.
Rommel mit seiner 7. Panzerdivision, das war doch für diese alten Herren, die den Stellungskrieg in Frankreich gewohnt waren, eine unglaubliche neue Art der Kriegführung. Und jeder wusste, das hat Hitler durchgesetzt.
Winrich Behr, Offizier des DAK
»Wo Rommel ist, ist vorn«: Während des schnellen Vormarschs in Frankreich 1940 führte Rommel seine bald als »Gespensterdivision« bekannte Einheit bevorzugt von der Spitze aus.
Bundesarchiv Koblenz (Bild 146-1998-043-20A)
Anders als für Kommandeure größerer Militärverbände damals üblich, führte Rommel seine Männer nicht am Kartentisch in der Etappe, sondern in vorderster Linie. Schon am dritten Angriffstag waren die Spitzen der Division durch das unwegsame Waldgebiet der Ardennen vorgestoßen und hatten das erste Angriffsziel, die Maas, erreicht. Wiederum drei Tage später hatte die Division den Fluss überwunden und nun die stark befestigte französische Verteidigungsstellung, die Maginotlinie, vor sich. Auch diese konnte durch einen massiven Feuerschlag »aus der Bewegung« genommen werden. Nun begann für Rommel der Krieg, den er schon immer führen wollte: Ohne auf die Haltebefehle seiner vorgesetzten Dienststellen zu achten, jagte er wie besessen vorwärts – überzeugt davon, intuitiv richtig zu handeln. Schnell wurde seine Truppe bei Freund und Feind als »Gespensterdivision« bekannt. Kritische Momente konnten bei dieser Art der Kriegführung natürlich nicht ausbleiben. Hätte der Gegner Zeit gefunden, die lang gestreckten deutschen Linien zu attackieren, so wäre Rommel nicht in der Lage gewesen, Gegenangriffe umgehend zu erkennen und abzuwehren. Die Folgen wären fatal gewesen, nicht zuletzt deshalb, weil die Verbindung zwischen dem
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