Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
Auftakt des großangelegten Propagandarummels um Erwin Rommel.
bpk – Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte, Berlin (Bayerische Staatsbibliothek/Archiv Heinrich Hoffmann)
»Anfangs kritisch beäugt«: Alfred-Ingemar Berndt (links hinter Rommel) wurde bald zum wichtigsten Vertrauten des DAK-Kommandeurs.
Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart
Auch die Deutsche Wochenschau blies die Eroberung des Wüstenforts gewaltig auf und sang erstmals das Hohelied auf Rommel, der in vorderster Linie den Angriff geleitet habe, wie es hieß. Eine glatte Lüge – die nicht die letzte bleiben sollte. Die deutsche Propaganda hatte ihr neues Lieblingssujet gefunden: Palmen und Minarette, wolkenloser Himmel und Wüstensand, Oasen und Kamelherden, brennende Sonne und auf Panzerblechen brutzelnde Spiegeleier: Es war die Exotik eines fremden Kontinents, den die Deutschen damals zumeist nur aus Abenteuerromanen kannten. Dazu »Action« – anstürmende Panzer, donnernde Geschütze, Luftangriffe auf feindliche Stellungen. Endlich wieder Nervenkitzel für die deutschen Kinogänger, die seit dem Sieg über Frankreich weitestgehend mit Filmchen von der »Heimatfront« hatten vorliebnehmen müssen. Und dazwischen immer wieder Rommel, Rommel, Rommel – im langen Ledermantel, seinen Männern die Richtung weisend; im offenen Wagen, energisch gestikulierend; mit dem Fernglas in die endlose Weite blickend; staubverkrustet mit der Fliegerbrille auf der Stirn; bei einer Lagebesprechung, Befehle erteilend; unter seinen Soldaten.
Er war ein bisschen eitel. … Und er hat sich dann schon entsprechend in Positur auf den Panzer gestellt und hat das entsprechend begünstigt.
Hellmut von Leipzig, Rommels Fahrer
Der Rommel-Rummel wurde jetzt zur Chefsache: Kurt Hesse, ein Bekannter aus Dresdner Tagen, der inzwischen als Pressechef des Heeres amtierte, schickte zusätzlich zum normalen Kontingent drei seiner Topleute nach Libyen, darunter Hans Ertl, der als Kameramann bereits für Leni Riefenstahl gearbeitet hatte. Auch Goebbels suchte den direkten Draht zu dem »fabelhaften Offizier« in Afrika: Alfred-Ingemar Berndt, im Zivilleben Ministerialdirektor im Propagandaministerium, leistete seinen Frontdienst beim DAK ab. Berndt wurde zwar anfangs von Rommel kritisch beäugt, stieg jedoch rasch zum wichtigsten Vertrauten des Wüstengenerals auf. Rommel wurde ein geradezu willfähriges Objekt der Propaganda – kein anderer Wehrmachtgeneral sei von der Wichtigkeit des Propagandaeinsatzes derart durchdrungen, notierte Goebbels erfreut. Während andere Truppenführer die »Propagandafritzen« und Kriegsberichterstatter nur widerwillig duldeten, wurden sie von Rommel hofiert. Für das beste Bild warf er sich ein ums andere Mal in Pose, ließ Szenen mitunter auch nachstellen, wenn sie seinen Ansprüchen nicht genügten. Aus persönlicher Eitelkeit, aus Einsicht in die Notwendigkeit? Vor allem wohl aus naheliegendem eigenem Interesse. Seit der bitteren Erfahrung vom Monte Matajur hatte er sich geschworen, sich niemals mehr unterbuttern zu lassen. Klappern gehörte für ihn jetzt stets zum Kriegshandwerk.
»Lieber General Rommel! Ich will ehrlich sein, lieber General Rommel, immer habe ich Dich bewundert, sei es in der Wochenschau oder in der Zeitung. Schon lange dachte ich mir, soll ich an General Rommel schreiben, aber immer habe ich Scheu davor gehabt. Doch in der letzten Wochenschau, die ich gestern sah, nahm ich mir den Mut. Ich brauche ja bei Dir nicht denken, dass Du es so kalt aufnimmst, wie mancher andere. Bei Dir, General Rommel, kann ich aus tiefstem Herzen sprechen. Ich verehre Dich und Dein Afrika-Korps und hoffe, und hoffe, dass Du und Dein Afrika-Korps den Sieg erleben können.«
Brief eines zehnjährigen Mädchens aus Augsburg, 21. Juni 1941
Der Pakt mit der Propaganda hatte jedoch auch seine Schattenseite. So dichtete ihm die NS-Wochenzeitung Das Reich im April 1941 einen lupenreinen nationalsozialistischen Lebenslauf an. Rommel erschien darin als Arbeitersohn, der nach dem Krieg die Armee verlassen habe und schließlich einer der ersten SA-Führer Württembergs geworden sei. Er protestierte schriftlich gegen diese Unwahrheiten, doch im Propagandaministerium zeigte man sich uneinsichtig: Selbst wenn die Angaben nicht zuträfen, könnten sie dem Ruf eines so ausgezeichneten Generals doch unmöglich schaden! So bastelten sich Goebbels’ Märchenerzähler auch weiterhin einen Helden nach ihrer Fasson. Dabei verschwammen ein
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