Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
Walther Rauff, einer der wichtigsten Organisatoren des Judenmords in der besetzten Sowjetunion und Erfinder der »Gaswagen«. Nach dem Muster der Einsatzgruppen, die im Rücken des Ostheers die Massentötungen vollzogen, hatte Rauff den Auftrag, auch in Ägypten und Palästina »in eigener Verantwortung gegenüber der Zivilbevölkerung Exekutivmaßnahmen zu treffen«.
»Das zentrale Betätigungsfeld von Rauffs Einsatzkommando, die Realisierung der Shoa in Palästina, wäre mithilfe jener [arabischen] Kollaborateure unmittelbar nach dem Erscheinen der Panzerarmee Afrika schnell in die Tat umgesetzt worden.«
Klaus-Michael Mallmann/Martin Cüppers, Hakenkreuz und Halbmond
War der »untadelige« Soldat Rommel also in Wahrheit Wegbereiter des Massenmords? Bisher galt das Dogma, dass der Feldzug in Afrika anders gewesen sei als die Kämpfe im Osten – eine ritterliche, saubere Auseinandersetzung, ein »Soldatenkrieg«, in dem es keine Verbrechen gegeben habe. Das stimmt für den direkten Befehlsbereich Rommels. Es sind mehrere Fälle bekannt, in denen er Weisungen Hitlers ignorierte, jüdische Soldaten und andere Freischärler auf britischer Seite sofort zu erschießen. Nur ein einziger Befehl Rommels in Libyen hatte einen antisemitischen Hintergrund: Den deutschen Soldaten wurde verboten, bei Juden zu kaufen. Das freilich war auch in Deutschland selbst Usus. Dennoch bleibt es das unauflösliche Dilemma des »unpolitischen« Soldaten Rommel, dass auch seine Feldzüge Teil von Hitlers Weltanschauungskrieg waren – ob er wollte oder nicht. Würde Rommel die Mordkommandos geduldet haben, wenn er von ihnen erfahren hätte? Zum Glück für ihn musste er auf diese heikle Frage nie eine Antwort finden. Zwar meldete sich Rauff nach seiner Ankunft im Juli 1942 beim Stab Rommels, um sein »Einsatzkommando« der Panzerarmee Afrika zu unterstellen. Doch der Feldmarschall weilte wieder einmal bei seinen Fronttruppen und war für Rauff vorerst nicht zu sprechen. Als sich die Kriegslage wenig später zuungunsten der Deutschen entwickelte, kehrte Rauff unverrichteter Dinge nach Deutschland zurück. Rommels Schild blieb unbefleckt.
»Im Rücken der Front«: Der Schatten des Holocaust fiel auch auf Nordafrika – Ende 1942 werden tunesische Juden zur Zwangsarbeit rekrutiert.
Bundesarchiv Koblenz (Bild 183-J20384, Foto Lüken)
Doch nun wendete sich das Kriegsglück gegen ihn. Zunächst versiegte Anfang Juli 1942 die »gute Quelle«. Wenig später verlor Rommel seinen Feindnachrichtendienst, als dieser in einen britischen Vorstoß geriet. Die Einheit hatte nicht selten direkt neben Rommels Gefechtsstand operiert und ihm die ins Deutsche übersetzten Funksprüche übermittelt, noch bevor ihr Empfang von englischer Seite bestätigt wurde. Rommel tappte über die Absichten seines Gegners wieder im Dunkeln. Nun rächte sich der überstürzte, im Siegestaumel gefasste Entschluss, die Offensive Richtung Ägypten fortzusetzen. Schon nach wenigen Tagen blieb der Vormarsch der wenigen noch einsatzfähigen deutschen Panzer an der Engstelle zwischen dem Mittelmeer und der für Panzer unpassierbaren Kattarasenke bei einer unscheinbaren Bahnstation stecken, die der Verteidigungslinie der Briten ihren historischen Namen gab: El Alamein.
Unter ihrem neuen Oberbefehlshaber General Bernard Law Montgomery begannen die Briten im Oktober 1942 eine Gegenoffensive, der die Deutschen angesichts der britischen Luftüberlegenheit und der Übermacht ihrer Bodentruppen kaum Herr wurden. Rommel war zu diesem Zeitpunkt nicht bei seinen Truppen. Gesundheitlich angeschlagen, weilte er in der Heimat. Doch auch er hätte den Angreifern wenig entgegensetzen können – außer seinen legendären Ruf. Doch was war der Mythos Rommel gegen die fast 1100 Panzer Montgomerys? »You can’t stop a steam roller with a Volkswagen« (»Sie können keine Dampfwalze mit einem VW aufhalten«), so Douglas Waller, der damals auf britischer Seite kämpfte, in Anspielung auf frühere Erfolge des »Generals Bluff«. So blieb nur der geordnete Rückzug. Doch als der nach Afrika zurückgekehrte Rommel seinen obersten Befehlshaber darum bat, erhielt er eine unmissverständliche Antwort: »In der Lage, in der Sie sich befinden, kann es keinen anderen Gedanken geben als auszuharren, keinen Schritt zu weichen und jede Waffe und jeden Kämpfer, die noch freigemacht werden können, in die Schlacht zu werfen. … Ihrer Truppe können Sie keinen anderen Weg zeigen als den zum Siege oder zum
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