Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
trafen sie auf einen Gegner, der in den eigenen Offensivvorbereitungen steckte und nicht zur Verteidigung bereit war. Schnell konnten die Angreifer die deutschen Linien durchbrechen und vorrücken. In der britischen Presse machte sich Euphorie breit: »Rommel eingekesselt!«, »Rommel in wilder Flucht« – so lauteten die Schlagzeilen. Die Situation für das deutsche Afrika-Korps spitzte sich zu. Stellung um Stellung musste aufgegeben werden. Am 16. Dezember begann der von Rommel angeordnete Rückzug an der gesamten Frontlinie. Zu Silvester 1941 stand Rommel dort, wo sein Vormarsch im Juni begonnen hatte: an der Agheila-Linie.
Der Sieg der Briten – eine Niederlage der Deutschen? Ja, müsste die Antwort lauten, wenn Nordafrika ein »normaler« Kriegsschauplatz gewesen wäre. Doch es gehört zu den Paradoxien des Wüstenkriegs, dass es hier nicht allein auf Landgewinne ankam. Ein Vormarsch über Hunderte von Kilometern Wüste bedeutete (fast) nichts – das Ausschalten der gegnerischen Kräfte hingegen alles. So konnten die Briten trotz der Eroberungen nicht zufrieden sein, denn das eigentliche Ziel hatten sie nicht erreicht: die Zerschlagung der deutschen Kräfte. Das britische Hauptquartier musste in einer Mischung aus Anerkennung und Bedauern zugeben: »Es ist General Rommel gelungen, einen geordneten Rückzug zu organisieren.« Das erkannte selbst Hitler an, der sonst kategorisch forderte, einmal eroberte Gebiete bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen: »Sagen Sie … Rommel, ich bewundere ihn«, gab er dessen Stabschef nach einem Treffen mit auf den Weg. Das Bündnis zwischen dem »Führer« und seinem General hielt.
Wir kamen zum Hauptquartier, draußen waren keine Wachen. Geoffrey Keyes stieß die Tür auf und ließ seine Maschinenpistole loshämmern. Er wurde getroffen – einer war eben schneller. Er taumelte zurück, schleppte sich einige Meter, fiel zu Boden und starb.
James Gornall, Scharfschütze im Attentatskommando
Dies galt umso mehr, als Rommel Ende Januar 1942 mit immer noch völlig unzureichenden Kräften eine erneute Gegenoffensive startete. Die Geschichte schien sich zu wiederholen. Wie sechs Monate zuvor traf der deutsche Angriff die Briten unvorbereitet. Wie im Juni 1941 gelangen schnelle Vorstöße. Schon bald waren weite Teile der Cyrenaika wieder in deutscher Hand. Erneut regnete es Orden und Beförderungen auf Rommel, der jetzt die »Panzerarmee Afrika« befehligte. Es folgte Rommels taktisches Meisterstück. Während die britische Aufklärung glaubte, dass die deutschen Verbände nach Osten vorrückten, ließ der »Wüstenfuchs« kehrtmachen. Sein tatsächliches Ziel war Tobruk. Stukas eröffneten in den Morgenstunden des 20. Juni den Angriff und bombten eine Gasse durch die Verteidigungslinien, durch die dann die deutschen Panzer stießen. Am Morgen des 21. Juni 1942 war die Festung in deutscher Hand. In der Heimat feierte der Völkische Beobachter in großen Lettern »Rommels herrlichen Sieg«. Es war der bis dahin größte Triumph des Afrika-Korps: Der zentrale Eckpfeiler des britischen Verteidigungssystems in Nordafrika war gefallen. Tobruk brachte dem »Wüstenfuchs« nicht nur einen weiteren Popularitätsschub, sondern auch noch einen neuen Rang ein: Generalfeldmarschall. Es war die fünfte Beförderung innerhalb von kaum drei Jahren. »Dass ich nun Feldmarschall geworden bin, ist mir wie ein Traum«, schrieb Rommel seiner Frau.
»Die vordersten Teile stehen 200 km vor Alexandria. Noch einige Schlachten werden zu schlagen sein, ehe wir das Ziel erreicht haben. Allein das Schwerste ist wohl längst hinter uns.«
Rommel, Brief an seine Frau, 29. Juni 1942
Rommel galt jetzt endgültig als lebende Legende – bei Freund und Feind. Viele Briten hatte die Niederlage so unvorbereitet getroffen wie Samuel Bradshaw: »Es war für uns alle ein psychologischer Schlag. Tobruk war all die Monate ein Symbol für unseren Widerstand.« Es trat ein, was Hitler mit klammheimlicher Freude im kleinen Kreis prophezeit hatte: »Es ist gefährlich, einen maßgeblichen Mann des Gegners so herauszustellen, wie es Churchill bei Rommel getan hat. Ein Name beginnt auf diese Weise die Bedeutung zu erlangen, die dem Wert mehrerer Divisionen gleichkommt.«
»Rommel ist überhaupt ein General, der durch seine Erfolge auch die größten Propagandasiege erficht. Solche Generäle müssten wir mehrere haben.«
Goebbels, Tagebuch, 27. Juni 1942
»Ein psychologischer Schlag«: Nach der Eroberung von
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