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Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Titel: Geheimnisse des 'Dritten Reichs' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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nicht. Es blieb bei vagen Zusagen. Dass er in den folgenden Monaten aber wieder verstärkt in den Fokus der deutschen Propaganda rückte, macht deutlich, welche Rolle Hitler ihm hauptsächlich zugedacht hatte: Der Feldmarschall sollte eine Art psychologische Trumpfkarte darstellen, den Alliierten Respekt einflößen und an der Heimatfront Siegeszuversicht vermitteln: Wo Rommel ist, kommt keiner durch.
    Mit Feuereifer machte er sich nun an die Arbeit, um so schnell wie möglich nachzuholen, was bis zu diesem Zeitpunkt versäumt worden war: die Befestigung von fast 2000 Kilometern Küstenlinie, von den Deutschen großspurig als »Atlantikwall« bezeichnet. Dieser bestand bis dahin nur aus diversen, kaum in ein Gesamtkonzept eingebundenen Bunkerbauten, zwischen denen große Lücken klafften. Rommel erreichte nun, dass gewaltige Mengen Stahl und Beton für die Erweiterung der Verteidigungsbauten bereitgestellt wurden.
    »Sehr begeistert ist der Führer … von der Arbeit Rommels. Rommel hat im Westen mustergültig gewirkt. Er hat eine alte Rechnung mit den Engländern und Amerikanern zu begleichen und glüht innerlich vor Zorn und Haß. Rommel ist wieder der alte Kämpfer.«
    Goebbels, Tagebuch, 14. April 1944
    Zudem zeigten sich erneut die Fantasie und das Organisationsgeschick des Improvisationskünstlers in Form von Unterwasserhindernissen für Landungsboote, Stacheldrahtverhauen, Panzersperren und einer Erfindung, die bald »Rommelspargel« genannt wurde: in den Boden gerammte und teils mit Minen versehene Baumstämme, die an der Küste und im Hinterland die Landung von Lastenseglern unmöglich machen sollten. Minen schienen Rommel überhaupt die beste Waffe in dieser Situation zu sein: »Ich will Minen gegen Menschen, gegen Panzer, gegen Fallschirmjäger – ich will Minen gegen Schiffe und Landungsboote.«
    Im Gegensatz zu den von der NS-Propaganda großspurig angekündigten Wunderwaffen gab es die Waffen wirklich, mit denen er das Wunder einer Abwehr der alliierten Landung erreichen wollte. Die Frage war nur: Wohin damit? Die Antwort führte zu den grundsätzlichen Problemen, die Rommels Arbeit erschwerten: dem Kompetenzwirrwarr und den Meinungsverschiedenheiten in der hohen Generalität über die richtige Verteidigungsstrategie.

»Eine alte Rechnung offen«: Der Generalfeldmarschall besichtigt im Dezember 1943 die Verteidigungsanlagen des Atlantikwalls.
    Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart

    »Mustergültig gewirkt«: Die sogenannten »Rommelspargel« sollten die Landung von feindlichen Lastenseglern erschweren.
    Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart

Gerd von Rundstedt, der 68 Jahre alte OB West, erwartete die Landung an der schmalsten Stelle des Ärmelkanals bei Calais und wollte große Truppenkontingente der Alliierten erst zur Küste vordringen lassen und dann zerschlagen – das alte Erfolgsrezept der Kesselschlachten. Rommel hingegen hatte keine Zweifel, dass angesichts der zu erwartenden absoluten alliierten Luftüberlegenheit die gegnerischen Truppen noch in der Landungsphase angegriffen und ins Meer zurückgeworfen werden müssten. Die Panzerdivisionen sollten deshalb unmittelbar an der Küste stationiert werden und sofort in den Kampf eingreifen. Wie sich zeigen sollte, hätte Rommels Konzept tatsächlich Chancen auf Erfolg gehabt – allein: auch er rechnete mit einer Landung am Pas-de-Calais. Seine Panzer hätten dann zwar an der Küste bereitgestanden – allerdings an der falschen. Ausgerechnet Hitler selbst hatte zwar auch auf die Normandie als möglichen Ort der alliierten Offensive hingewiesen, konnte sich jedoch nicht dazu durchringen, die gesamten Verteidigungsanstrengungen auf die normannische Küste zu konzentrieren. Die Folge war ein windelweicher Kompromiss, der allen Beteiligten gerecht zu werden versuchte und letztlich keinem nutzte. Die Panzerstreitmacht wurde aufgesplittert und das deutsche Abwehrpotenzial damit weiter geschwächt.
    »Wir stehen in einem schweren Kampf, der entscheidenden Schlacht dieses Krieges. Außerordentliches wurde in den letzten Monaten und Wochen geleistet, und doch sind wir nicht so fertig, wie ich es gerne hätte. Noch mehr Minen, noch tiefere Sperren im Wasser und gegen Luftlandetruppen, noch mehr Artillerie, Flak, Wurfgeräte und Nebelscheinwerfer!«
    Rommel, Brief an seinen Sohn Manfred, 21. Mai 1944

    »Strategische Differenzen«: Rommel mit dem Oberbefehlshaber West, Generalfeldmarschall von Rundstedt, im März

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