Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
Nur daß Bormann nichts herausholt, sondern eine Menge hineinschmeißt.
Hitler
Der »Berghof« stand auf Hitlers privatem Grundstück, zehn Quadratkilometer des umliegenden Landes wurden für 7,2 Millionen Mark aus dem Fonds von seinem Bevollmächtigten Bormann aufgekauft. Mit viel Geld, aber auch mit brutalem Druck – bis hin zur KZ-Haft – wurde der Widerstand einiger vorheriger Besitzer gebrochen. Die Bergwelt, die den »Berghof« umgab, wurde mit zahlreichen Bauwerken zum »Führergebiet Obersalzberg« umgestaltet. Das größte Projekt war an Aufwand kaum zu überbieten. Auf dem über 1800 Meter hohen Kehlstein wurde ein »Teehaus« errichtet. Für den Bau musste jeder Stein über eine steile und kurvenreiche Strecke auf den Berg gebracht werden. So entstand eine runde Kaminhalle, die rundherum mit Panoramafenstern versehen war. Dazu kamen Küche, Arbeitszimmer und eine Sonnenterasse. Auf 1700 Metern Höhe befand sich der Zugang: Ein Schacht führte 130 Meter in den Berg, ein Aufzug aus Messing trug Gäste die gleiche Strecke in die Höhe. Das »Kehlsteinhaus« versetzte alle Besucher in Staunen, doch nach einem Jahr schenkte der »Führer« dem exklusiven Refugium kaum noch Beachtung. Sein nun äußerst selten besuchtes Teehaus hatte 30 Millionen Mark an Baukosten verschlungen. Insgesamt hatten die Baumaßnahmen am Obersalzberg 100 Millionen Mark gekostet. Das meiste – bis auf den Umbau von Hitlers privatem »Berghof« – kam aus dem Fonds der »Adolf-Hitler-Spende«, denn das »Führergebiet Obersalzberg« umfasste auch »offizielle« Anlagen, wie etwa den 14 Kilometer langen Sicherheitszaun, das komfortable Gästehaus »Platterhof« oder die Kasernen der SS-Wachmannschaften.
»Bauen, bauen, bauen«: Hitler besichtigt im Mai 1938 ein Modell der Neubaupläne für seine Heimatstadt Linz. Links der Architekt Roderich Fick, rechts Albert Speer und Martin Bormann.
bpk – Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte, Berlin (Bayerische Staatsbibliothek/Archiv Heinrich Hoffmann)
Bis 1938 hatte Hitler innenpolitisch seine Macht gefestigt, hatte Gegner brutal beseitigt und dennoch die Massen für sich gewonnen. Mit dem »Anschluss« Österreichs an das Deutsche Reich begann die Herrschaftsphase, die von Erpressung und Aggression geprägt war. In der neuen »Ostmark« nahm der »heimgekehrte Führer« auch persönlich einige teure Projekte in Angriff. Er kaufte sein Geburtshaus in Braunau für 150000 Mark, ebenso wie das Geburtshaus seines Vaters in Leonding am Stadtrand von Linz. Doch es war ein Projekt von anderer Dimension, das von nun an Unmengen von Geld verschlingen sollte. Hitler wollte Linz, die geliebte Heimatstadt, zu einer »Perle an der Donau« machen und großartig umbauen. Sein ganz persönlicher Beitrag sollte ein »Führermuseum« sein – von ihm initiiert, von seiner Liebe zur Kunst inspiriert, nach ihm benannt. Bestärkt hatte ihn ein Staatsbesuch in Italien, bei dem er in Florenz stundenlang durch die Uffizien geschlendert war – ein Museum vom Rang ebendieser Uffizien oder des Pariser Louvre schwebte ihm für Linz vor.
»Vom Geld will der Führer nicht reden. Bauen, bauen, bauen! Es wird schon bezahlt.«
Goebbels, Tagebuch, 10. September 1937
Der Historiker Hanns-Christian Löhr erklärt, was ihn antrieb: »Hinter der Idee des Großstifters steht einfach das Gefühl, kulturelle Wunderwerke schaffen zu wollen und so den Ruhm der Nachwelt zu erhalten. Das war schon im 19. Jahrhundert so bei den Museumsstiftungen in Berlin und in München durch die dortigen Könige. Und man kann davon ausgehen, dass Hitler in gleichen Kategorien gedacht hat.« Und so begann ab Mitte 1938 die Sammeltätigkeit für Hitlers geplanten Tempel der Kunst.
Das Linzer Museum sollte nicht nur einfach eine Landesgalerie sein, es sollte mitspielen in der Riege der großen europäischen Museen, also Paris (Louvre), Wien (Kunsthistorisches Museum), Dresden, Berlin, Madrid. Und insofern war es notwendig, nicht nur eine große Sammlung aufzubauen, sondern auch eine Sammlung mit sehr hochwertigen Bildern.
Hanns-Christian Löhr, Historiker
Angriff auf den Kunstmarkt
Seit Langem gefiel er sich öffentlich in der Rolle des kunstverständigen »Kulturmenschen«. Schon vor dem Aufstieg zur Macht hatte der Privatmann Hitler sich als Kunstsammler profiliert. Bereits Ende der 1920er-Jahre, als das »Haus Wachenfeld« und die Wohnung am Prinzregentenplatz ausgestattet werden mussten, hatte er begonnen, Kunst zu sammeln.
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