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Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Geheimnisse des 'Dritten Reichs'

Titel: Geheimnisse des 'Dritten Reichs' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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das Regime zu binden. Der »Reichsbauerntag«, wie er ebenfalls genannt wurde, gehörte zu den größten Massenveranstaltungen des Nationalsozialismus. Er war dem germanischen Gott Wotan gewidmet. Bei der Kontroverse mit der Kirche fiel Himmler allerdings schmählich auf, dass ihm Beweise für seine Hexenverfolgungstheorien fehlten. Eine wissenschaftlich fundierte Erforschung des Themas musste her.
    »Welcher Unsinn! Jetzt sind wir endlich so weit, in eine Zeit zu kommen, die alle Mystik hinter sich gelassen hat, und nun fängt der wieder von vorne an. Da könnten wir auch gleich bei der Kirche bleiben. Die hat wenigstens Tradition. Der Gedanke, daß ich einmal zum SS-Heiligen gemacht werde! Stellen Sie sich vor! Ich würde mich im Grabe umdrehen!«
    Hitler über Himmler
    Doch Hitler war nur bedingt bereit, Himmlers Germanentümelei zu tolerieren. Schon in Mein Kampf hatte er gegen »religiöse Reformatoren« gewettert und Karl den Großen – den Himmler den »Sachsenschlächter« nannte – öffentlich als Reichseiniger gefeiert. Goebbels gegenüber beschwerte sich Hitler 1935, dieser »kultische Unfug« von Leuten wie Rosenberg, Darré und Himmler müsse aufhören. Im September 1938 sprach er sich bei der »Kulturtagung« des Reichsparteitags in Nürnberg deutlich gegen einen völkischen Mystizismus aus: »Denn der Nationalsozialismus ist eben keine kultische Bewegung, sondern eine aus ausschließlich rassischen Erkenntnissen erwachsene völkisch-politische Lehre. … Wir haben daher auch keine Kulträume, sondern ausschließlich Volkshallen, auch keine Kultplätze, sondern Versammlungs- und Aufmarschplätze. … Das Einschleichen mystisch veranlagter okkulter Jenseitsforscher darf daher in der Bewegung nicht geduldet werden. … An der Spitze unseres Programms steht nicht das geheimnisvolle Ahnen, sondern das klare Erkennen und damit das offene Bekenntnis.«
    »Die Arbeiten des H-Sonderauftrages des Reichsführers-SS sind auf folgende Probleme gerichtet: Erforschung der rassen- und bevölkerungsgeschichtlichen Wirkung der Hexenprozesse, die wirtschaftsgeschichtlichen Folgewirkungen der Hexenprozesse, die Wertung der Frau in den Hexenprozessen und schließlich ein Überblick über das bisherige Schrifttum zu den Hexenprozessen.«
    Dr. Rudolf Levin, SS-Führer und Mitarbeiter im H-Sonderauftrag
    Trotzdem hatte Himmler schon 1935 den Startschuss für seinen »Hexensonderauftrag« gegeben – freilich heimlich. Angesiedelt wurde er innerhalb des Sicherheitsdienstes (SD). Die erste Dienststelle der SS-Forscher wurde in der Deutschen Bibliothek in Leipzig eingerichtet, ein Jahr später zog sie in ein konfisziertes Logenhaus in Berlin-Wilmersdorf. Dreizehn hauptamtliche Hexenforscher schwärmten aus und durchkämmten über 260 Archive und Bibliotheken nach Fällen von Hexenverfolgung und Hexenverbrennung. Ihr Weg führte sie durch ganz Deutschland, in Einzelfällen sogar bis Indien und Mexiko. Jeder Fall, der ihnen unterkam, wurde erfasst und nach Regionen geordnet. Der ganze Auftrag unterlag strikter Geheimhaltung. Deshalb gingen die Forscher streng konspirativ vor, gaben sich als Studenten, Heimat- oder Ahnenforscher aus, korrespondierten mit Tarnadressen und legten in den Instituten gefälschte Ausweise vor. Ihr Auftrag: Sie sollten auf der einen Seite die Reste einer altgermanischen Volkskultur finden, die – so vermutete Himmler – mit den Hexen ausgerottet werden sollte. Andererseits sollten sie die Strategien der »Feinde des deutschen Volkes« ergründen. An erster Stelle machte er die katholische Kirche für die Hexenverfolgung verantwortlich. Die Forscher sollten Himmler Material für antikirchliche Propaganda liefern. Alfred Rosenberg hatte einmal behauptet, die Hexenverfolgung habe neun Millionen Opfer gekostet. Diese Zahl galt es zu beweisen.
    Neun Jahre lang ließ Himmler forschen. Jeder Fall, auf den man stieß, wurde dokumentiert und erhielt eine eigene Karteikarte im DIN-A4-Format. Insgesamt legten die Forscher 33 846 Erhebungsbögen an, die in Akten alphabetisch nach Orten sortiert wurden. Die große Menge ist damit zu erklären, dass Himmler wohl die Arbeitserfolge seiner Forscher am Zuwachs der »Hexenblätter« maß. Doch die SS-Forscher kamen nicht wesentlich über das Stadium der Materialsammlung hinaus. Veröffentlicht wurde nichts. Dabei waren einst mehrere Publikationen zum Hexenthema geplant: eine wissenschaftliche Buchreihe, historische Romane, Bildbände und sogar Filme. Für Himmlers

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