Geheimnisse des 'Dritten Reichs'
Heinz Linge – SS-Chef Heinrich Himmler den Befehl gegeben haben, seine einstige Geliebte und deren Sohn in Nordfrankreich zu suchen. Im Herbst 1940 wurde Jean-Marie Loret angeblich zu einem Verhör in das Pariser Hotel Lutetia bestellt, dem damaligen Sitz der deutschen militärischen Abwehr. Loret beschrieb später, er sei »sehr zuvorkommend« behandelt worden. Nachdem man ihn zu seiner Herkunft befragt hatte, seien einige Fotos von ihm gemacht worden, anschließend habe man ihn wieder entlassen. Dokumente, die diese Aussage belegen könnten, gibt es nicht. Dennoch war sich Maser 1977 sicher, den Coup seines Lebens zu landen: In einer Pressekonferenz, die der Historiker in seinem Wohnhaus in Speyer einberief, präsentierte er stolz den »Sohn Hitlers«. Die drängenden Fragen der Journalisten, die aus aller Welt in die pfälzische Provinz gereist waren, schmetterte Maser indes ab: »No further questions were permitted« (»Keine weiteren Fragen erlaubt«), kommentierte süffisant der amerikanische Nachrichtensender NBC in seinem Fernsehbeitrag. Doch die Beweislage blieb dünn; Zeitzeugenaussagen, grafologische sowie anthropologische Gutachten, die Maser vorlegte, konnten die Fachwelt nicht überzeugen.
»Auf der Suche nach Charlotte«?: Nach dem Ende des Frankreichfeldzugs im Juni 1940 besucht Hitler die Schauplätze seiner Kampfeinsätze aus dem Ersten Weltkrieg.
Bayerische Staatsbibliothek, München (Fotoarchiv Hoffmann)
Auch erklärte Alice Lobjoie, Charlottes Schwester, der deutsche Soldat, mit dem ihre Schwester im Ersten Weltkrieg eine Affäre gehabt habe, sei nicht Adolf Hitler gewesen. Maser, der »Hitlers Sohn« wie einen Schatz hütete und ihm jeglichen Kontakt zur Presse untersagte, überwarf sich schließlich mit Loret. Dieser starb 1985 im Alter von 67 Jahren, ohne dass er das Rätsel um seinen leiblichen Vater lösen konnte.
In den folgenden Jahren geriet die Geschichte um Hitlers vermeintlichen Sohn in Vergessenheit. Erst 2007 bemühte sich der belgische Journalist Jean-Paul Mulders erneut um eine Beweisaufnahme, die er in seinem Buch Auf der Suche nach Hitlers Sohn vorlegte: Durch DNA-Analyse hoffte der Belgier, den »Fall Loret« endgültig aufzuklären. »In den siebziger und achtziger Jahren gab es diese Untersuchungsmethode noch nicht. Man hatte mit Loret alles Mögliche angestellt: seine Ohren mit denen Hitlers verglichen, Schriftproben gemacht und seine Blutgruppe bestimmt. Aber jetzt konnten wir mit den DNA-Proben den endgültigen Beweis liefern.«
»Ihre Schwester, so gab Tante Alice [Lobjoie] zu Protokoll, sei zwar eine Zeitlang mit einem deutschen ›Unterleutnant‹ liiert gewesen, nicht aber mit Hitler; sie selbst habe den Mann wiederholt gesehen – mit Hitler habe er keine Ähnlichkeit gehabt. Und dann brach jahrelang aufgestauter Haß gegen den Neffen durch: ›Jean ist ein Spinner, die Hitler-Geschichte haben ihm nur die Deutschen aufgeschwatzt.‹«
Der Spiegel , 7. November 1977
»Nachgewiesene Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten«: Der Historiker Werner Maser glaubte, mit der Geschichte des angeblichen Hitler-Sohns Loret einen echten »Scoop« zu landen.
ullstein bild, Berlin (dpa)
»Jean ist ein Spinner«: Jean-Marie Loret im Jahr 1977. Heute gilt die These seiner Verwandtschaft mit Hitler als weitgehend widerlegt.
Action Press, Hamburg (Michael Mittelsteiner)
Eine über 30 Jahre alte Briefmarke, der vermutlich Speichel von Jean-Marie Loret anhaftet, sollte dazu im Labor mit DNA-Material der männlichen Nachkommen Hitlers verglichen werden. »Grundsätzlich ist es heute möglich, auch über viele Generationen zu schauen, ob Nachkommen zur gleichen mütterlichen oder zur gleichen väterlichen Linie gehören. In diesem Fall wäre es die gleiche väterliche Linie und hier werden Untersuchungen speziell auf dem Y-Chromosom durchgeführt. Ein Mann hat ein Y-Chromosom, das immer vom Vater auf alle seine Söhne vererbt wird. An den Y-chromosomalen Besonderheiten kann man feststellen, ob diese Männer miteinander verwandt sind«, erklärt Dr. Katja Anslinger, Leiterin der Forensischen Molekularbiologie am Institut für Rechtsmedizin in München. Doch die in Österreich und den USA lebenden Verwandten Hitlers waren nicht bereit, Mulders freiwillig Speichelproben für eine DNA-Anlayse abzugeben. »Nur ein entfernter Verwandter von Hitler aus dem österreichischen Waldviertel zuckte mit den Achseln und meinte: ›Wenn’s weiter nichts ist.‹ Dann fuhr er sich mit einem
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