Geheimnisse des Himmels
weiß.“
Rose nickte aufmunternd. Kaithlyn ging im sehr langsamen Trott nach Hause.
Kapitel 2
Reise ins Ungewisse
Wenige Meter vor dem Haus graste ein Pferd. Es war schneeweiß und seine Augen schimmerten grün. Was für ein schönes Tier, dachte Kaithlyn und dann fiel ihr wieder ein, dass der nächtliche Besucher auch mit Pferdegetrappel angekommen war. Sie stürmte die Treppe hinauf und öffnete langsam die Tür. Sie schlich leise durch den Flur und spähte in die Küche, weil dort die Tür als Einziges offen war. Mrs Abadon saß am Esstisch und trank Tee.
Kaithlyn bemühte sich unbemerkt um die Ecke zu spähen, aber sie verdrehte sich dabei nur den Hals. Ihre Tante war nicht alleine. Es war als könnte sie die Anwesenheit einer zweiten Person förmlich spüren. Jemanden atmen hören, obwohl das fast unmöglich war, auch, wenn in diesem Haus stets tödliche Still herrschte. Beklemmende Ruhe.
Kaithlyn zögerte.
Wenn Mrs Abadon offenkundig herumsaß und wusste, dass Kaithlyn jeden Moment wieder kommen würde, dann wollte sie den Gast anscheinend nicht mehr verstecken. Kaithlyn schlich zur Haustür zurück, zog Jacke und Schuhe aus, öffnete und schloss die Tür wieder. Sie achtete darauf dies besonders laut zu tun.
„Bin wieder da!“, rief Kaithlyn und ging zielstrebig auf die Küche zu. Sie ließ sich Zeit beim eintreten, als wäge sie jeden Schritt ab, weil sie auf einem dünnen Seil unterwegs war. Ein Blick genügte ihr, um den ganzen Raum zu erfassen.
Der Gast war ein junger Mann, vielleicht fünf oder sechs Jahre älter als sie. Er hatte ein markantes Gesicht und eine kräftige Nase. Sein dunkelblondes, kurzes Haar war zerzaust; seine Augen leuchteten unnatürlich hell in der Farbe frischer, grüner Blätter im Frühling. Seine Züge waren verhärtet, als loderte eine stumme Wut in seinem Inneren. Er trug seltsame, fremde Kleidung. Einen schweren, dunklen Reisemantel, der seine ganze breitschultrige Gestalt einhüllte. Darunter blitze ein dunkles Hemd hervor, das mit einem Garn bestickt war, wie Kaithlyn es nie zuvor gesehen hatte. Es war keine edle Kleidung, aus feinen Stoffen, wie Händler sie trugen, aber auch nicht die Kleider eines einfachen Reisenden. Nach einer eingehenden Betrachtung bemerkte Kaithlyn, das er eine Narbe unter dem rechten Auge hatte. Sie erschauderte leicht.
Als die Tante ihm dampfenden Tee nachschenkte, umklammerten seine kräftigen Hände, die Tasse so energisch, das Kaithlyn glaubte sie müsse jede Sekunde zerspringen. Er nahm einen ausgiebigen Schluck und sie sah, wie ein silbernes Amulett unter dem Ärmel seines linken Handgelenkes aufblitze. Kaithlyn starrte ihn ungläubig an. Etwas so kostbares konnte sich nun wirkliche kein normaler Reisender leisten. Sie trat unsicher näher an den Tisch heran. Ihre Augen weiteten sich, als sie begriff, was dort nur Zentimeter von ihr entfernt an der Wand lehnte. Zuerst hatte sie gedacht, es wäre ein einfacher Besenstiel gewesen, aber da hatte sie sich geirrt. Eine gemusterte Schwertscheide. Ein echtes Schwert!
Sie keuchte auf.
„Du bist zu spät“, sagte Mrs Abadon. Als ihre Tante aufsah, folgte auch der junge Mann ihrem Blick. Er sah ziemlich missmutig drein, als habe er gerade etwas äußerst Bitteres gekostet. Kaithlyn riss ihre Augen von der Waffe los und starrte wieder den Besucher an. Er räusperte sich.
„Entschuldige“, stotterte Kaithlyn. Mrs Abadon rümpfte die Nase.
„Darf ich euch einander vorstellen? Das ist Kaine Karrow. Er ist gestern Abend angekommen, wie du unweigerlich miterlebt hast. Kaine, das ist meine Enkelin Kaithlyn.“
Kaithlyn nickte mechanisch. Das war der unerwartete Besucher?
Er passte nicht zu den Leuten, mit denen ihre Tante sich abgab, wenn sie sich überhaupt mit jemandem abgab. Seltsame Kleidung und eine Waffe. Waffen waren teuer, fast unbezahlbar. Die Einzigen, die sie bei sich trugen, waren Abgesandte des Königshauses, die keine Magie beherrschten, Rebellen, die sich gegen das Königshaus auflehnten oder Kopfgeldjäger. Kaithlyn versuchte Kaine einer der drei Kategorien zu zuordnen. Er sah eher aus, als würde er einem Abenteuerbuch entspringen. Sie musste sich ein aufsteigendes Schmunzeln verkneifen, als er erneut die Tasse an die Lippen ansetzte. Er stand definitiv nicht in Verbindung zum Königshaus, sonst hätte er das Wappen der königlichen Familie getragen, aber tranken Kopfgeldjäger Tee?
„Kaithlyn. Ich möchte, dass du nach oben gehst und einige Sachen
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