Geheimnisse des Himmels
Center, eine Einrichtung, die sich auf die medizinische Versorgung spezialisiert hatte, eine die ausschließlich mit Heilmagie arbeitete und daher eine hohe Genesungsquote aufwies. In normalen Krankenhäusern gab es kaum Mercudiheiler, im Antwin Center sogar jene, die Whyburnmagie zum Heilen benutzen. Kaithlyn war froh, dass es nur wenige Menschen gab, die so schwer verletzt worden waren, dass sie dorthin geschickt wurden mussten. Die meisten hatten nur leichte Verletzungen davon getragen und hatten sich wieder vollständig erholt, zumindest körperlich. Nachdem die Banshees vertrieben waren, das Chaos ein Ende genommen hatte, hatte es einen kollektiven Zusammenbruch gegeben. Fünfzehn Todesopfer. Fünfzehn Menschen waren getötet wurden. Die Trauer über den Verlust dieser Menschen hing so schwer in der Luft wie eine dicke Regenwolke, die die Atmosphäre verdichtete. Das Karacord Anwesen war das Zentrum von etwas geworden, über das überall gesprochen wurde – nicht nur auf der Insel Krogan. Täglich flatterten neue Zeitungsmeldungen ins Haus, deren Schlagzeilen sich immer wieder um den Angriff drehten. Es würde lange dauern, bis ein neues Ereignis dieses Geschehen überschatten würde, vielleicht würde es auch nie dazu kommen.
Kaum einer der Gäste war abgereist. Es schien so als würde es niemand über sich bringen diesen Ort wieder zu verlassen, als würde ihre Gemeinschaft ein zweites Mal zerrissen, wenn es auch nur einer wagte, das Anwesen zu verlassen. Bei ihrer ersten Erkundungstour hatte Kaithlyn sich ausgemalt, wie es sein mochte, wenn die vielen Räumlichkeiten voller Leben erfüllt wären. Damals erschien es ihr schier unmöglich die vielen Zimmer zu besetzten. Die Stockwerke, Flure…alles war erfüllt von Stimmen, Gefühlen. Sie hätte die vorherige Einsamkeit nun bevorzugt. Es war als lebte Kaithlyn in einem Strudel aus Tränen, Verzweiflung, Benommenheit und Kummer. Gab es Tage, an denen sie es schaffte ihre eigenen Gefühle zu verdrängen, so schlugen jene der anderen Bewohner, die überall umherstreiften auf sie ein, wie unsichtbare Fäuste. Sie fühlte sich wie ein Schwamm, der ins Wasser geworfen wurde und dessen Natur es war die kühlen Wassermassen auszusaugen. Sie konnte sich nicht dagegen wehren. Egal, wie energisch sie versuchte ihre Gedanken abzuschirmen, die Gedanken der anderen flossen einfach in die hinein. Sie hatte mit Rose darüber gesprochen, aber ihrer besten Freundin war es kaum anders ergangen. Sie sehnte sich nach Stille. Absoluter Stille. Leere. Doch die vielen Fragen…immerzu nur Fragen.
Ashley Green blieb weiterhin verschwunden.
Kaithlyns Großvater hatte Seeker auf sie angesetzt, mehr konnten sie im Moment nicht tun, meinte er. Er hatte ihr erklärt, dass diese Seeker, ihre Magie einsetzen konnten, um Verlorenes oder Vergessenes wieder zu finden. Die waren die magischen Detektive dieser Welt. Relia hatte ihr in ihrer Kindheit einmal eine Geschichte über die Seeker erzählt. Kaithlyn hatten sie furchtbare Angst gemacht. Bei dem Wort Seeker flackerte ein schwaches Bild von bösen Männern in Schwarz in ihrem Bewusstsein auf. In Relias Geschichte waren sie keineswegs gute Menschen gewesen, sondern selbstgerechte Diebe vergangener Schätze. Sie hoffte inständig, dass dieses finstere Märchen dem Ruf der Seeker nicht gerecht wurde.
Kaithlyn bekam ihren Großvater kaum noch zu Gesicht. Er war vollauf mit Dingen beschäftigt, in die er sie nicht einweihte. Niemand der Erwachsenen tat das. Die Mitglieder des Drachenclans liefen stumm an ihr vorbei, wenn sie ihnen zufällig begegnete. Ihre Gesichtsausdrücke waren abweisend wie steinerne Mauern. Gezeichnet von Anspannung und Verantwortung. Also sagte auch Kaithlyns nichts.
„Es wird eine Beerdigungsfeier für die Opfer geben“, sagte Rose traurig. „Der Mann, der meine Eltern und mich beschütz hat, sagte etwas davon.“
Kaithlyn nickte nur. Sie hielt Harlow auf dem Arm und kraulte sie hinterm Ohr. Harlow schnurrte leise. „Wie hieß er noch gleich?“
„Mr Ry Azedine. Der Onkel von Adriana und Luce“, sagte Rose.
„Stimmt, wir haben die Familie kennengelernt, aber dass sie auch noch einen Onkel haben, wusste ich nicht. Die Familie Azedine ist die einzige des Drachenclans, die ich kennen gelernt habe“, sagte Kaithlyn. Sie bogen gerade nach rechts.
„Es soll wohl ein Gedenkstein errichtet werden“, fügte Rose leise hinzu.
„Es ist eine gute Idee, den Opfern zu gedenken“, erwiderte Kaithlyn ebenso leise.
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